Lewald, Fanny: Die Tante. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 69–193. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.der Vorurtheile und Traditionen aufmerksam geworden, hat sich das dichterische Talent der begabten Frau zu immer größeren und allgemeineren Aufgaben gerüstet und zu deren Lösung immer breiterer Formen bedurft. Die novellistischen Arbeiten stehen dagegen zurück. Hier erscheint zuweilen ein bedeutendes Thema -- wir erinnern an die merkwürdige Schärfe des Motivs in der Novelle "Geld und Leute" (Sand- und Dünengeschichten. 1851. 2 Bände) -- durch die knappe Novellenform beengt und verkümmert, und ein Ueberschuß des Nachdenklichen, Tendenziösen, Polemischen macht sich bemerklich, der in dem engen Rahmen nicht voll zum Austrag zu bringen ist. Wir haben für unsere Mustersammlung eine Erzählung ausgewählt, die das Talent der Verfasserin, Zeitbilder zu zeichnen, auch in kleinerem Maßstabe aufs Erfreulichste bewährt, ohne die Form der Novelle zu durchbrechen, und zugleich in jener schönen gleichmäßigen Klarheit des Stils sich hinbewegt, die auch in den umfangreichsten Werken der Verfasserin sich nirgends verleugnet. der Vorurtheile und Traditionen aufmerksam geworden, hat sich das dichterische Talent der begabten Frau zu immer größeren und allgemeineren Aufgaben gerüstet und zu deren Lösung immer breiterer Formen bedurft. Die novellistischen Arbeiten stehen dagegen zurück. Hier erscheint zuweilen ein bedeutendes Thema — wir erinnern an die merkwürdige Schärfe des Motivs in der Novelle „Geld und Leute“ (Sand- und Dünengeschichten. 1851. 2 Bände) — durch die knappe Novellenform beengt und verkümmert, und ein Ueberschuß des Nachdenklichen, Tendenziösen, Polemischen macht sich bemerklich, der in dem engen Rahmen nicht voll zum Austrag zu bringen ist. Wir haben für unsere Mustersammlung eine Erzählung ausgewählt, die das Talent der Verfasserin, Zeitbilder zu zeichnen, auch in kleinerem Maßstabe aufs Erfreulichste bewährt, ohne die Form der Novelle zu durchbrechen, und zugleich in jener schönen gleichmäßigen Klarheit des Stils sich hinbewegt, die auch in den umfangreichsten Werken der Verfasserin sich nirgends verleugnet. <TEI> <text> <front> <div type="preface"> <p><pb facs="#f0006"/> der Vorurtheile und Traditionen aufmerksam geworden, hat sich das dichterische Talent der begabten Frau zu immer größeren und allgemeineren Aufgaben gerüstet und zu deren Lösung immer breiterer Formen bedurft. Die novellistischen Arbeiten stehen dagegen zurück. Hier erscheint zuweilen ein bedeutendes Thema — wir erinnern an die merkwürdige Schärfe des Motivs in der Novelle „Geld und Leute“ (Sand- und Dünengeschichten. 1851. 2 Bände) — durch die knappe Novellenform beengt und verkümmert, und ein Ueberschuß des Nachdenklichen, Tendenziösen, Polemischen macht sich bemerklich, der in dem engen Rahmen nicht voll zum Austrag zu bringen ist.</p><lb/> <p>Wir haben für unsere Mustersammlung eine Erzählung ausgewählt, die das Talent der Verfasserin, Zeitbilder zu zeichnen, auch in kleinerem Maßstabe aufs Erfreulichste bewährt, ohne die Form der Novelle zu durchbrechen, und zugleich in jener schönen gleichmäßigen Klarheit des Stils sich hinbewegt, die auch in den umfangreichsten Werken der Verfasserin sich nirgends verleugnet.</p><lb/> </div> </front> </text> </TEI> [0006]
der Vorurtheile und Traditionen aufmerksam geworden, hat sich das dichterische Talent der begabten Frau zu immer größeren und allgemeineren Aufgaben gerüstet und zu deren Lösung immer breiterer Formen bedurft. Die novellistischen Arbeiten stehen dagegen zurück. Hier erscheint zuweilen ein bedeutendes Thema — wir erinnern an die merkwürdige Schärfe des Motivs in der Novelle „Geld und Leute“ (Sand- und Dünengeschichten. 1851. 2 Bände) — durch die knappe Novellenform beengt und verkümmert, und ein Ueberschuß des Nachdenklichen, Tendenziösen, Polemischen macht sich bemerklich, der in dem engen Rahmen nicht voll zum Austrag zu bringen ist.
Wir haben für unsere Mustersammlung eine Erzählung ausgewählt, die das Talent der Verfasserin, Zeitbilder zu zeichnen, auch in kleinerem Maßstabe aufs Erfreulichste bewährt, ohne die Form der Novelle zu durchbrechen, und zugleich in jener schönen gleichmäßigen Klarheit des Stils sich hinbewegt, die auch in den umfangreichsten Werken der Verfasserin sich nirgends verleugnet.
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Zitationshilfe: | Lewald, Fanny: Die Tante. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 69–193. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_tante_1910/6>, abgerufen am 05.07.2024. |