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Lewald, Fanny: Die Tante. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 69–193. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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ting zum erstenmal in unser Haus geladen wurde, und ich habe nach ihm den Namen Julie erhalten. Er fühlte sich tief erschüttert, da die Mutter ihm ihre Söhne und Töchter vorführte und so stolz auf ihre Kinder blickte, und als er mich aus der Taufe heben mußte, konnte er sich kaum der Thränen wehren, wie man mir erzählte. Gott erhalte Ihnen diese Kinder und Ihr ganzes Glück! sagte er nach der feierlichen Handlung, gab meinem Vater, dann meiner Mutter seine Hand, und von der Vergangenheit war zwischen ihnen Allen keine Rede.

Er besuchte unser Haus wie andere Gäste, da er durch eine Rathsstelle im Ministerium an Berlin gefesselt wurde, und bald kam er oft und öfter, bis er zuletzt an keinem Tage fehlte, wenn er häufig auch nur für wenig Augenblicke vorsprach.

Weil weder unser Vater noch unsere Mutter Geschwister hatten, nahmen die Kinder den Onkel, wie Schlichting von den Kleinsten bald bezeichnet wurde, mit Freuden in ihr Leben auf, und Alle fanden in ihm, was sie bisher entbehrt hatten, einen gütigen, belehrend theilnehmenden Freund. Der Vater war zu beschäftigt, um sich viel mit uns zu thun zu machen. Kehrte er aus der Fabrik oder aus dem Comptoir heim, so wollte er es ruhig haben, und man schickte die Kleinen fort; kam aber der Onkel, so wurden wir eigens herbeigeholt, und hatte er sich um die Lectionen der großen Mädchen und der Brüder gekümmert, so

ting zum erstenmal in unser Haus geladen wurde, und ich habe nach ihm den Namen Julie erhalten. Er fühlte sich tief erschüttert, da die Mutter ihm ihre Söhne und Töchter vorführte und so stolz auf ihre Kinder blickte, und als er mich aus der Taufe heben mußte, konnte er sich kaum der Thränen wehren, wie man mir erzählte. Gott erhalte Ihnen diese Kinder und Ihr ganzes Glück! sagte er nach der feierlichen Handlung, gab meinem Vater, dann meiner Mutter seine Hand, und von der Vergangenheit war zwischen ihnen Allen keine Rede.

Er besuchte unser Haus wie andere Gäste, da er durch eine Rathsstelle im Ministerium an Berlin gefesselt wurde, und bald kam er oft und öfter, bis er zuletzt an keinem Tage fehlte, wenn er häufig auch nur für wenig Augenblicke vorsprach.

Weil weder unser Vater noch unsere Mutter Geschwister hatten, nahmen die Kinder den Onkel, wie Schlichting von den Kleinsten bald bezeichnet wurde, mit Freuden in ihr Leben auf, und Alle fanden in ihm, was sie bisher entbehrt hatten, einen gütigen, belehrend theilnehmenden Freund. Der Vater war zu beschäftigt, um sich viel mit uns zu thun zu machen. Kehrte er aus der Fabrik oder aus dem Comptoir heim, so wollte er es ruhig haben, und man schickte die Kleinen fort; kam aber der Onkel, so wurden wir eigens herbeigeholt, und hatte er sich um die Lectionen der großen Mädchen und der Brüder gekümmert, so

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[0027] ting zum erstenmal in unser Haus geladen wurde, und ich habe nach ihm den Namen Julie erhalten. Er fühlte sich tief erschüttert, da die Mutter ihm ihre Söhne und Töchter vorführte und so stolz auf ihre Kinder blickte, und als er mich aus der Taufe heben mußte, konnte er sich kaum der Thränen wehren, wie man mir erzählte. Gott erhalte Ihnen diese Kinder und Ihr ganzes Glück! sagte er nach der feierlichen Handlung, gab meinem Vater, dann meiner Mutter seine Hand, und von der Vergangenheit war zwischen ihnen Allen keine Rede. Er besuchte unser Haus wie andere Gäste, da er durch eine Rathsstelle im Ministerium an Berlin gefesselt wurde, und bald kam er oft und öfter, bis er zuletzt an keinem Tage fehlte, wenn er häufig auch nur für wenig Augenblicke vorsprach. Weil weder unser Vater noch unsere Mutter Geschwister hatten, nahmen die Kinder den Onkel, wie Schlichting von den Kleinsten bald bezeichnet wurde, mit Freuden in ihr Leben auf, und Alle fanden in ihm, was sie bisher entbehrt hatten, einen gütigen, belehrend theilnehmenden Freund. Der Vater war zu beschäftigt, um sich viel mit uns zu thun zu machen. Kehrte er aus der Fabrik oder aus dem Comptoir heim, so wollte er es ruhig haben, und man schickte die Kleinen fort; kam aber der Onkel, so wurden wir eigens herbeigeholt, und hatte er sich um die Lectionen der großen Mädchen und der Brüder gekümmert, so

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:16:08Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:16:08Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Die Tante. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 69–193. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_tante_1910/27>, abgerufen am 23.11.2024.