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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843.

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ernster Haltung in einem Zimmer beisammen,
in das freundlich die Strahlen der untergehen-
den Sonne hineinfielen. Ein runder, mit kost-
barem Teppich behangener Tisch, auf dem ein
silberner Becken in silberner Schale stand, nahm
die Mitte desselben ein. Neben diesem impro-
visirten Hausaltar stand Jenny's Lehrer, der
würdige Pastor, und erwartete, gleich den Übri-
gen, den Eintritt seiner Schülerin. Sie hatte
gewünscht, die letzten Stunden vor ihrer Taufe
ganz allein zu bleiben, und ihren Bräutigam
ersucht, sie erst rufen zu kommen, wenn Alles
zu der feierlichen Handlung bereit sein würde.

Nun trat sie an Reinhard's Arm in das
Zimmer und Allen fiel die Todtenblässe ihrer
schönen Züge auf, als sie sich in die Nähe des
Pastors stellte und Reinhard zurücktrat. Nach
einer kurzen Anrede des Geistlichen sprach Jenny
ihr Glaubensbekenntniß und empfing die Taufe.
Sie schien furchtbar ergriffen zu sein und bebte

ernſter Haltung in einem Zimmer beiſammen,
in das freundlich die Strahlen der untergehen-
den Sonne hineinfielen. Ein runder, mit koſt-
barem Teppich behangener Tiſch, auf dem ein
ſilberner Becken in ſilberner Schale ſtand, nahm
die Mitte deſſelben ein. Neben dieſem impro-
viſirten Hausaltar ſtand Jenny's Lehrer, der
würdige Paſtor, und erwartete, gleich den Übri-
gen, den Eintritt ſeiner Schülerin. Sie hatte
gewünſcht, die letzten Stunden vor ihrer Taufe
ganz allein zu bleiben, und ihren Bräutigam
erſucht, ſie erſt rufen zu kommen, wenn Alles
zu der feierlichen Handlung bereit ſein würde.

Nun trat ſie an Reinhard's Arm in das
Zimmer und Allen fiel die Todtenbläſſe ihrer
ſchönen Züge auf, als ſie ſich in die Nähe des
Paſtors ſtellte und Reinhard zurücktrat. Nach
einer kurzen Anrede des Geiſtlichen ſprach Jenny
ihr Glaubensbekenntniß und empfing die Taufe.
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[45/0055] ernſter Haltung in einem Zimmer beiſammen, in das freundlich die Strahlen der untergehen- den Sonne hineinfielen. Ein runder, mit koſt- barem Teppich behangener Tiſch, auf dem ein ſilberner Becken in ſilberner Schale ſtand, nahm die Mitte deſſelben ein. Neben dieſem impro- viſirten Hausaltar ſtand Jenny's Lehrer, der würdige Paſtor, und erwartete, gleich den Übri- gen, den Eintritt ſeiner Schülerin. Sie hatte gewünſcht, die letzten Stunden vor ihrer Taufe ganz allein zu bleiben, und ihren Bräutigam erſucht, ſie erſt rufen zu kommen, wenn Alles zu der feierlichen Handlung bereit ſein würde. Nun trat ſie an Reinhard's Arm in das Zimmer und Allen fiel die Todtenbläſſe ihrer ſchönen Züge auf, als ſie ſich in die Nähe des Paſtors ſtellte und Reinhard zurücktrat. Nach einer kurzen Anrede des Geiſtlichen ſprach Jenny ihr Glaubensbekenntniß und empfing die Taufe. Sie ſchien furchtbar ergriffen zu ſein und bebte

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Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/55>, abgerufen am 23.07.2024.