Jenny machte, bis auch ihm endlich ihre fieber- hafte Unruhe auffiel, die nicht eher nachließ, bis sie körperlich ganz erschöpft zusammenbrach und dann stundenlang in vollkommener Abspannung und weichster Stimmung verharrte. Bat er sie, von dieser anstrengenden Lebensweise abzu- stehen, sich Ruhe und Erholung zu gönnen, so riß sie sich gewaltsam aus der Apathie empor, versicherte, weder krank noch ermüdet zu sein, und bestand darauf, diesen letzten Sommer in Berghoff mit Reinhard, wie sie es nannte, noch recht in Eile zu genießen.
Gegen dies wilde Treiben, das zuletzt Jen- ny's Mutter ebenso beunruhigte, als die Pfar- rerin, erschien Theresens stille, häusliche Thä- tigkeit um so wohlthuender. Sie hatte allmä- lig sich fast des ganzen häuslichen Regimentes bemächtigt und wußte für Jeden mit Sicherheit das Bequeme und Angenehme zu verschaffen, ohne daß man es von ihr verlangt hatte. Da-
Jenny machte, bis auch ihm endlich ihre fieber- hafte Unruhe auffiel, die nicht eher nachließ, bis ſie körperlich ganz erſchöpft zuſammenbrach und dann ſtundenlang in vollkommener Abſpannung und weichſter Stimmung verharrte. Bat er ſie, von dieſer anſtrengenden Lebensweiſe abzu- ſtehen, ſich Ruhe und Erholung zu gönnen, ſo riß ſie ſich gewaltſam aus der Apathie empor, verſicherte, weder krank noch ermüdet zu ſein, und beſtand darauf, dieſen letzten Sommer in Berghoff mit Reinhard, wie ſie es nannte, noch recht in Eile zu genießen.
Gegen dies wilde Treiben, das zuletzt Jen- ny's Mutter ebenſo beunruhigte, als die Pfar- rerin, erſchien Thereſens ſtille, häusliche Thä- tigkeit um ſo wohlthuender. Sie hatte allmä- lig ſich faſt des ganzen häuslichen Regimentes bemächtigt und wußte für Jeden mit Sicherheit das Bequeme und Angenehme zu verſchaffen, ohne daß man es von ihr verlangt hatte. Da-
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Jenny machte, bis auch ihm endlich ihre fieber-
hafte Unruhe auffiel, die nicht eher nachließ, bis
ſie körperlich ganz erſchöpft zuſammenbrach und
dann ſtundenlang in vollkommener Abſpannung
und weichſter Stimmung verharrte. Bat er
ſie, von dieſer anſtrengenden Lebensweiſe abzu-
ſtehen, ſich Ruhe und Erholung zu gönnen, ſo
riß ſie ſich gewaltſam aus der Apathie empor,
verſicherte, weder krank noch ermüdet zu ſein,
und beſtand darauf, dieſen letzten Sommer in
Berghoff mit Reinhard, wie ſie es nannte, noch
recht in Eile zu genießen.
Gegen dies wilde Treiben, das zuletzt Jen-
ny's Mutter ebenſo beunruhigte, als die Pfar-
rerin, erſchien Thereſens ſtille, häusliche Thä-
tigkeit um ſo wohlthuender. Sie hatte allmä-
lig ſich faſt des ganzen häuslichen Regimentes
bemächtigt und wußte für Jeden mit Sicherheit
das Bequeme und Angenehme zu verſchaffen,
ohne daß man es von ihr verlangt hatte. Da-
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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/42>, abgerufen am 21.11.2024.
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