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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843.

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"Nein! laß das, Liebchen!" antwortete der
Graf, "und am Ende müssen wir diese kleine
Trennung, die uns gerade jetzt so unangenehm
ist, wie ein Opfer betrachten, das wir den
Göttern bringen, damit sie uns nicht beneiden.
Wir sind zu glücklich gewesen bis jetzt und nun
diese Zukunft vor uns!"

"Sage das nicht, Walter!" bat Jenny;
"es klingt so sicher und wer ist des nächsten
Tages nur gewiß?"

"Abergläubisches Kind!" schalt der Graf,
indem er sie an sich zog. "Warum sollte das
Schicksal, das mich von Jugend auf begün-
stigte, mir jetzt seine Huld entziehen, da ich sie
mit Dir zu theilen denke? Sei nicht bange,
Jenny! und vertraue mit mir meinem alten,
wohlbekannten Glück!"

Indessen hatte Eduard von der Zeitung
aufgesehen und blickte mit innigstem Wohl-
wollen auf das Brautpaar hin: "Schade, daß

„Nein! laß das, Liebchen!“ antwortete der
Graf, „und am Ende müſſen wir dieſe kleine
Trennung, die uns gerade jetzt ſo unangenehm
iſt, wie ein Opfer betrachten, das wir den
Göttern bringen, damit ſie uns nicht beneiden.
Wir ſind zu glücklich geweſen bis jetzt und nun
dieſe Zukunft vor uns!“

„Sage das nicht, Walter!“ bat Jenny;
„es klingt ſo ſicher und wer iſt des nächſten
Tages nur gewiß?“

„Abergläubiſches Kind!“ ſchalt der Graf,
indem er ſie an ſich zog. „Warum ſollte das
Schickſal, das mich von Jugend auf begün-
ſtigte, mir jetzt ſeine Huld entziehen, da ich ſie
mit Dir zu theilen denke? Sei nicht bange,
Jenny! und vertraue mit mir meinem alten,
wohlbekannten Glück!“

Indeſſen hatte Eduard von der Zeitung
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wollen auf das Brautpaar hin: „Schade, daß

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[294/0304] „Nein! laß das, Liebchen!“ antwortete der Graf, „und am Ende müſſen wir dieſe kleine Trennung, die uns gerade jetzt ſo unangenehm iſt, wie ein Opfer betrachten, das wir den Göttern bringen, damit ſie uns nicht beneiden. Wir ſind zu glücklich geweſen bis jetzt und nun dieſe Zukunft vor uns!“ „Sage das nicht, Walter!“ bat Jenny; „es klingt ſo ſicher und wer iſt des nächſten Tages nur gewiß?“ „Abergläubiſches Kind!“ ſchalt der Graf, indem er ſie an ſich zog. „Warum ſollte das Schickſal, das mich von Jugend auf begün- ſtigte, mir jetzt ſeine Huld entziehen, da ich ſie mit Dir zu theilen denke? Sei nicht bange, Jenny! und vertraue mit mir meinem alten, wohlbekannten Glück!“ Indeſſen hatte Eduard von der Zeitung aufgeſehen und blickte mit innigſtem Wohl- wollen auf das Brautpaar hin: „Schade, daß

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Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/304>, abgerufen am 23.07.2024.