Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite


lehrt. Er ist ein Mann, der in der Schule
des Lebens und des Hofes seine Prüfungen be-
stand. Den ruhigen Mann reißt keine Leiden-
schaft blindlings hin; was er thut, hat er über-
legt, was er verspricht, will und wird er hal-
ten. Und was die Frische des Herzens betrifft,
so ist es mit der Liebe wie mit dem Menschen
überhaupt. Die Geschlechter gehen und kom-
men, jedes hat die Erfahrungen des vorigen
für sich, sie gleichen sich fast alle und doch --
hat jedes neue Geschlecht seine Thorheit und
seine Weisheit, seine Jugend, seine Blüthe,
nach seiner Individualität; eine Blüthe, die
rein und schön ist, obgleich sie erst auf der
Asche der geschiedenen Generation erwuchs.
Darum Muth, mein Herz! Den falschen Stolz
besiege und im Uebrigen vertraue der Liebes-
fähigkeit und der Liebebedürftigkeit des Frauen-
herzens."


lehrt. Er iſt ein Mann, der in der Schule
des Lebens und des Hofes ſeine Prüfungen be-
ſtand. Den ruhigen Mann reißt keine Leiden-
ſchaft blindlings hin; was er thut, hat er über-
legt, was er verſpricht, will und wird er hal-
ten. Und was die Friſche des Herzens betrifft,
ſo iſt es mit der Liebe wie mit dem Menſchen
überhaupt. Die Geſchlechter gehen und kom-
men, jedes hat die Erfahrungen des vorigen
für ſich, ſie gleichen ſich faſt alle und doch —
hat jedes neue Geſchlecht ſeine Thorheit und
ſeine Weisheit, ſeine Jugend, ſeine Blüthe,
nach ſeiner Individualität; eine Blüthe, die
rein und ſchön iſt, obgleich ſie erſt auf der
Aſche der geſchiedenen Generation erwuchs.
Darum Muth, mein Herz! Den falſchen Stolz
beſiege und im Uebrigen vertraue der Liebes-
fähigkeit und der Liebebedürftigkeit des Frauen-
herzens.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0241" n="231"/><lb/>
lehrt. Er i&#x017F;t ein Mann, der in der Schule<lb/>
des Lebens und des Hofes &#x017F;eine Prüfungen be-<lb/>
&#x017F;tand. Den ruhigen Mann reißt keine Leiden-<lb/>
&#x017F;chaft blindlings hin; was er thut, hat er über-<lb/>
legt, was er ver&#x017F;pricht, will und wird er hal-<lb/>
ten. Und was die Fri&#x017F;che des Herzens betrifft,<lb/>
&#x017F;o i&#x017F;t es mit der Liebe wie mit dem Men&#x017F;chen<lb/>
überhaupt. Die Ge&#x017F;chlechter gehen und kom-<lb/>
men, jedes hat die Erfahrungen des vorigen<lb/>
für &#x017F;ich, &#x017F;ie gleichen &#x017F;ich fa&#x017F;t alle und doch &#x2014;<lb/>
hat jedes neue Ge&#x017F;chlecht &#x017F;eine Thorheit und<lb/>
&#x017F;eine Weisheit, &#x017F;eine Jugend, &#x017F;eine Blüthe,<lb/>
nach &#x017F;einer Individualität; eine Blüthe, die<lb/>
rein und &#x017F;chön i&#x017F;t, obgleich &#x017F;ie er&#x017F;t auf der<lb/>
A&#x017F;che der ge&#x017F;chiedenen Generation erwuchs.<lb/>
Darum Muth, mein Herz! Den fal&#x017F;chen Stolz<lb/>
be&#x017F;iege und im Uebrigen vertraue der Liebes-<lb/>
fähigkeit und der Liebebedürftigkeit des Frauen-<lb/>
herzens.&#x201C;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[231/0241] lehrt. Er iſt ein Mann, der in der Schule des Lebens und des Hofes ſeine Prüfungen be- ſtand. Den ruhigen Mann reißt keine Leiden- ſchaft blindlings hin; was er thut, hat er über- legt, was er verſpricht, will und wird er hal- ten. Und was die Friſche des Herzens betrifft, ſo iſt es mit der Liebe wie mit dem Menſchen überhaupt. Die Geſchlechter gehen und kom- men, jedes hat die Erfahrungen des vorigen für ſich, ſie gleichen ſich faſt alle und doch — hat jedes neue Geſchlecht ſeine Thorheit und ſeine Weisheit, ſeine Jugend, ſeine Blüthe, nach ſeiner Individualität; eine Blüthe, die rein und ſchön iſt, obgleich ſie erſt auf der Aſche der geſchiedenen Generation erwuchs. Darum Muth, mein Herz! Den falſchen Stolz beſiege und im Uebrigen vertraue der Liebes- fähigkeit und der Liebebedürftigkeit des Frauen- herzens.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/241
Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/241>, abgerufen am 26.11.2024.