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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843.

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Geist und Schönheit, des Vaters Weisheit zo-
gen ihn um so mehr an, als sie etwas ihm
Fremdes und Eigenthümliches besaßen. Er
hatte von jeher gewußt, daß Jenny eine Jüdin
sei; aber so fern hatte er diesen Verhältnissen
gestanden, daß er fast nie daran gedacht, es
könne ein edles Unglück darin liegen, Jude zu
sein. Jetzt aus des alten Herrn schlichter
Aeußerung tönte ihm, dem Glücklichen, der
Schmerzensschrei eines ganzen Volkes entgegen
und sein Mitleid mit demselben knüpfte, ihm
unbewußt, ein neues Band, das ihn an Jenny
fesselte. Er widmete sich ihr bald ausschließlich
und hatte eine wahre Freude daran, sie, die er
so lebhaft bewunderte, selbst unter der großen
Zahl schöner und liebenswürdiger Frauen, die
Baden in sich vereinte, als eine der schönsten
und liebenswürdigsten zu erblicken.

Er wenigstens wollte durch sein Verhältniß
zu Jenny und ihrem Vater zeigen, daß er frei

Geiſt und Schönheit, des Vaters Weisheit zo-
gen ihn um ſo mehr an, als ſie etwas ihm
Fremdes und Eigenthümliches beſaßen. Er
hatte von jeher gewußt, daß Jenny eine Jüdin
ſei; aber ſo fern hatte er dieſen Verhältniſſen
geſtanden, daß er faſt nie daran gedacht, es
könne ein edles Unglück darin liegen, Jude zu
ſein. Jetzt aus des alten Herrn ſchlichter
Aeußerung tönte ihm, dem Glücklichen, der
Schmerzensſchrei eines ganzen Volkes entgegen
und ſein Mitleid mit demſelben knüpfte, ihm
unbewußt, ein neues Band, das ihn an Jenny
feſſelte. Er widmete ſich ihr bald ausſchließlich
und hatte eine wahre Freude daran, ſie, die er
ſo lebhaft bewunderte, ſelbſt unter der großen
Zahl ſchöner und liebenswürdiger Frauen, die
Baden in ſich vereinte, als eine der ſchönſten
und liebenswürdigſten zu erblicken.

Er wenigſtens wollte durch ſein Verhältniß
zu Jenny und ihrem Vater zeigen, daß er frei

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[189/0199] Geiſt und Schönheit, des Vaters Weisheit zo- gen ihn um ſo mehr an, als ſie etwas ihm Fremdes und Eigenthümliches beſaßen. Er hatte von jeher gewußt, daß Jenny eine Jüdin ſei; aber ſo fern hatte er dieſen Verhältniſſen geſtanden, daß er faſt nie daran gedacht, es könne ein edles Unglück darin liegen, Jude zu ſein. Jetzt aus des alten Herrn ſchlichter Aeußerung tönte ihm, dem Glücklichen, der Schmerzensſchrei eines ganzen Volkes entgegen und ſein Mitleid mit demſelben knüpfte, ihm unbewußt, ein neues Band, das ihn an Jenny feſſelte. Er widmete ſich ihr bald ausſchließlich und hatte eine wahre Freude daran, ſie, die er ſo lebhaft bewunderte, ſelbſt unter der großen Zahl ſchöner und liebenswürdiger Frauen, die Baden in ſich vereinte, als eine der ſchönſten und liebenswürdigſten zu erblicken. Er wenigſtens wollte durch ſein Verhältniß zu Jenny und ihrem Vater zeigen, daß er frei

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Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/199>, abgerufen am 03.05.2024.