mit einem armen bürgerlichen Candidaten ver- geben wollte. Abhängigkeit irgend einer Art schien ihm die größte Schmach, weil sie ihm Kränkungen zugezogen, die er nie vergessen konnte, und nur zu leicht mußten er und Eduard sich verständigen, da Beide, wenn auch aus ganz verschiedenen Gründen, sich in ihren edelsten Gefühlen gekränkt, in mancher Rück- sicht von der Allgemeinheit ausgeschlossen em- pfunden hatten.
Wenn Reinhard den halben Tag mit Unter- richten und dergleichen unerfreulichen Erwerbs- mitteln zugebracht hatte, und mit unerschütter- lichem Eifer seinen theologischen Studien nach- gekommen war, erquickte ihn Abends der Froh- sinn, der Geist und der Reichthum an Hoff- nungen, mit dem Meier in die Zukunft sah. Im Anfang ihrer Bekanntschaft waren ihre religiösen Ueberzeugungen oft zwischen ihnen zur Sprache gekommen, und ein Gegenstand leb-
mit einem armen bürgerlichen Candidaten ver- geben wollte. Abhängigkeit irgend einer Art ſchien ihm die größte Schmach, weil ſie ihm Kränkungen zugezogen, die er nie vergeſſen konnte, und nur zu leicht mußten er und Eduard ſich verſtändigen, da Beide, wenn auch aus ganz verſchiedenen Gründen, ſich in ihren edelſten Gefühlen gekränkt, in mancher Rück- ſicht von der Allgemeinheit ausgeſchloſſen em- pfunden hatten.
Wenn Reinhard den halben Tag mit Unter- richten und dergleichen unerfreulichen Erwerbs- mitteln zugebracht hatte, und mit unerſchütter- lichem Eifer ſeinen theologiſchen Studien nach- gekommen war, erquickte ihn Abends der Froh- ſinn, der Geiſt und der Reichthum an Hoff- nungen, mit dem Meier in die Zukunft ſah. Im Anfang ihrer Bekanntſchaft waren ihre religiöſen Ueberzeugungen oft zwiſchen ihnen zur Sprache gekommen, und ein Gegenſtand leb-
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mit einem armen bürgerlichen Candidaten ver-
geben wollte. Abhängigkeit irgend einer Art
ſchien ihm die größte Schmach, weil ſie ihm
Kränkungen zugezogen, die er nie vergeſſen
konnte, und nur zu leicht mußten er und
Eduard ſich verſtändigen, da Beide, wenn auch
aus ganz verſchiedenen Gründen, ſich in ihren
edelſten Gefühlen gekränkt, in mancher Rück-
ſicht von der Allgemeinheit ausgeſchloſſen em-
pfunden hatten.
Wenn Reinhard den halben Tag mit Unter-
richten und dergleichen unerfreulichen Erwerbs-
mitteln zugebracht hatte, und mit unerſchütter-
lichem Eifer ſeinen theologiſchen Studien nach-
gekommen war, erquickte ihn Abends der Froh-
ſinn, der Geiſt und der Reichthum an Hoff-
nungen, mit dem Meier in die Zukunft ſah.
Im Anfang ihrer Bekanntſchaft waren ihre
religiöſen Ueberzeugungen oft zwiſchen ihnen zur
Sprache gekommen, und ein Gegenſtand leb-
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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/59>, abgerufen am 24.11.2024.
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