Geringste von der Bewegung anmerkte, die ihre Züge verriethen: "Mutter! den Joseph heirathe ich niemals. Niemals, Mutter! -- Sage ihm das, und auch dem Vater. Ich weiß, daß Ihr es wünschet, daß Joseph es erwartet und mich nur erzieht, um eine gute Frau an mir zu haben; die Mühe aber kann er sparen. Sieh", fuhr sie fort, und ihre Fassung verlor sich mehr und mehr, sodaß sie zuletzt bitterlich weinte, "sieh, gute Mutter! was Dein engelfrommes Beispiel, Deine Liebe, und Vater, und Eduard, die ich so anbete, nicht über mich vermochten, das kann Joseph, den ich gar nicht liebe, gewiß nicht von mir erlangen. Ich weiß, ich bin noch ein Kind, ich werde erst in einigen Wochen 17 Jahre, aber solch ein Kind bin ich nicht mehr, daß des Cousins rauhe, befehlende Art mich nicht ver- letzte. Andere haben mich auch getadelt, aber sie verlangen nicht das Unmögliche von mir. Dort die große, hohe Pappel im Garten biegt
Geringſte von der Bewegung anmerkte, die ihre Züge verriethen: „Mutter! den Joſeph heirathe ich niemals. Niemals, Mutter! — Sage ihm das, und auch dem Vater. Ich weiß, daß Ihr es wünſchet, daß Joſeph es erwartet und mich nur erzieht, um eine gute Frau an mir zu haben; die Mühe aber kann er ſparen. Sieh“, fuhr ſie fort, und ihre Faſſung verlor ſich mehr und mehr, ſodaß ſie zuletzt bitterlich weinte, „ſieh, gute Mutter! was Dein engelfrommes Beiſpiel, Deine Liebe, und Vater, und Eduard, die ich ſo anbete, nicht über mich vermochten, das kann Joſeph, den ich gar nicht liebe, gewiß nicht von mir erlangen. Ich weiß, ich bin noch ein Kind, ich werde erſt in einigen Wochen 17 Jahre, aber ſolch ein Kind bin ich nicht mehr, daß des Couſins rauhe, befehlende Art mich nicht ver- letzte. Andere haben mich auch getadelt, aber ſie verlangen nicht das Unmögliche von mir. Dort die große, hohe Pappel im Garten biegt
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Geringſte von der Bewegung anmerkte, die ihre
Züge verriethen: „Mutter! den Joſeph heirathe
ich niemals. Niemals, Mutter! — Sage ihm
das, und auch dem Vater. Ich weiß, daß Ihr
es wünſchet, daß Joſeph es erwartet und mich
nur erzieht, um eine gute Frau an mir zu haben;
die Mühe aber kann er ſparen. Sieh“, fuhr
ſie fort, und ihre Faſſung verlor ſich mehr und
mehr, ſodaß ſie zuletzt bitterlich weinte, „ſieh,
gute Mutter! was Dein engelfrommes Beiſpiel,
Deine Liebe, und Vater, und Eduard, die ich
ſo anbete, nicht über mich vermochten, das kann
Joſeph, den ich gar nicht liebe, gewiß nicht von
mir erlangen. Ich weiß, ich bin noch ein Kind,
ich werde erſt in einigen Wochen 17 Jahre, aber
ſolch ein Kind bin ich nicht mehr, daß des
Couſins rauhe, befehlende Art mich nicht ver-
letzte. Andere haben mich auch getadelt, aber
ſie verlangen nicht das Unmögliche von mir.
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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/41>, abgerufen am 03.12.2024.
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