Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870.Fünfzehnhundert Thaler Gehalt, deren armen, bleichsüchtigen und scrophulösen Kindern man die dürftige Ernährung ansieht! -- Es wäre zum Lachen mit diesen Einwendungen, wenn es nicht ein Elend wäre! -- Aber es ist nicht schwer, der Quelle dieser falschen Vorstellungen nachzukommen. Den Hausfrauen schweben die "Menage-Küchen" vor, aus denen man sich das Essen, in kleine Schnipsel zertheilt, für fünf, sechs, sieben Silbergroschen a Person nach Hause bringen läßt und von deren Gewinn sich ein armer Mann zum Hotelbesitzer und Rentier emporschwingen will. Sie begreifen es noch nicht, daß sie mit halb so viel Zeit, als sie jetzt auf ihren kleinen Haushalt wenden, Haushälterinnen für die Gesammtheit werden und dabei die Ihren viel besser ernähren, den Männern und sich das Leben erleichtern und -- nebenher in Ausnahmefällen, wenn ihr Herz sie dazu drängt -- zu Hause doch noch backen und kochen könnten, was sie immer wollten; denn einen Kochofen kann man in jeder Stube leicht placiren. Und sie werden es vielleicht auch nicht begreifen, bis der steigende Lohn der Dienstboten, die steigenden Preise der Wohnungen und der Feuerung sie zu ihrem eigenen und zu ihrer Kinder Heil zu einer rationelleren Haushaltung zwingen werden. Ich? -- nun, ich liebe meinen eigenen Heerd, weil ich die Küche verstehe (was bei den Frauen und namentlich bei den jungen Frauen gar nicht immer der Fall ist, denn "das Süppchen", das sie dem geliebten Manne Fünfzehnhundert Thaler Gehalt, deren armen, bleichsüchtigen und scrophulösen Kindern man die dürftige Ernährung ansieht! — Es wäre zum Lachen mit diesen Einwendungen, wenn es nicht ein Elend wäre! — Aber es ist nicht schwer, der Quelle dieser falschen Vorstellungen nachzukommen. Den Hausfrauen schweben die »Menage-Küchen« vor, aus denen man sich das Essen, in kleine Schnipsel zertheilt, für fünf, sechs, sieben Silbergroschen à Person nach Hause bringen läßt und von deren Gewinn sich ein armer Mann zum Hotelbesitzer und Rentier emporschwingen will. Sie begreifen es noch nicht, daß sie mit halb so viel Zeit, als sie jetzt auf ihren kleinen Haushalt wenden, Haushälterinnen für die Gesammtheit werden und dabei die Ihren viel besser ernähren, den Männern und sich das Leben erleichtern und — nebenher in Ausnahmefällen, wenn ihr Herz sie dazu drängt — zu Hause doch noch backen und kochen könnten, was sie immer wollten; denn einen Kochofen kann man in jeder Stube leicht placiren. Und sie werden es vielleicht auch nicht begreifen, bis der steigende Lohn der Dienstboten, die steigenden Preise der Wohnungen und der Feuerung sie zu ihrem eigenen und zu ihrer Kinder Heil zu einer rationelleren Haushaltung zwingen werden. Ich? — nun, ich liebe meinen eigenen Heerd, weil ich die Küche verstehe (was bei den Frauen und namentlich bei den jungen Frauen gar nicht immer der Fall ist, denn »das Süppchen«, das sie dem geliebten Manne <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0097" n="87"/> Fünfzehnhundert Thaler Gehalt, deren armen, bleichsüchtigen und scrophulösen Kindern man die dürftige Ernährung ansieht! — Es wäre zum Lachen mit diesen Einwendungen, wenn es nicht ein Elend wäre! — Aber es ist nicht schwer, der Quelle dieser falschen Vorstellungen nachzukommen. Den Hausfrauen schweben die »Menage-Küchen« vor, aus denen man sich das Essen, in kleine Schnipsel zertheilt, für fünf, sechs, sieben Silbergroschen à Person nach Hause bringen läßt und von deren Gewinn sich ein armer Mann zum Hotelbesitzer und Rentier emporschwingen will. Sie begreifen es noch nicht, daß sie mit halb so viel Zeit, als sie jetzt auf ihren kleinen Haushalt wenden, Haushälterinnen für die Gesammtheit werden und dabei die Ihren viel besser ernähren, den Männern und sich das Leben erleichtern und — nebenher in Ausnahmefällen, wenn ihr Herz sie dazu drängt — zu Hause doch noch backen und kochen könnten, was sie immer wollten; denn einen Kochofen kann man in jeder Stube leicht placiren. Und sie werden es vielleicht auch nicht begreifen, bis der steigende Lohn der Dienstboten, die steigenden Preise der Wohnungen und der Feuerung sie zu ihrem eigenen und zu ihrer Kinder Heil zu einer rationelleren Haushaltung zwingen werden.</p> <p>Ich? — nun, ich liebe meinen eigenen Heerd, weil ich die Küche verstehe (was bei den Frauen und namentlich bei den jungen Frauen gar nicht immer der Fall ist, denn »das Süppchen«, das sie dem geliebten Manne </p> </div> </body> </text> </TEI> [87/0097]
Fünfzehnhundert Thaler Gehalt, deren armen, bleichsüchtigen und scrophulösen Kindern man die dürftige Ernährung ansieht! — Es wäre zum Lachen mit diesen Einwendungen, wenn es nicht ein Elend wäre! — Aber es ist nicht schwer, der Quelle dieser falschen Vorstellungen nachzukommen. Den Hausfrauen schweben die »Menage-Küchen« vor, aus denen man sich das Essen, in kleine Schnipsel zertheilt, für fünf, sechs, sieben Silbergroschen à Person nach Hause bringen läßt und von deren Gewinn sich ein armer Mann zum Hotelbesitzer und Rentier emporschwingen will. Sie begreifen es noch nicht, daß sie mit halb so viel Zeit, als sie jetzt auf ihren kleinen Haushalt wenden, Haushälterinnen für die Gesammtheit werden und dabei die Ihren viel besser ernähren, den Männern und sich das Leben erleichtern und — nebenher in Ausnahmefällen, wenn ihr Herz sie dazu drängt — zu Hause doch noch backen und kochen könnten, was sie immer wollten; denn einen Kochofen kann man in jeder Stube leicht placiren. Und sie werden es vielleicht auch nicht begreifen, bis der steigende Lohn der Dienstboten, die steigenden Preise der Wohnungen und der Feuerung sie zu ihrem eigenen und zu ihrer Kinder Heil zu einer rationelleren Haushaltung zwingen werden.
Ich? — nun, ich liebe meinen eigenen Heerd, weil ich die Küche verstehe (was bei den Frauen und namentlich bei den jungen Frauen gar nicht immer der Fall ist, denn »das Süppchen«, das sie dem geliebten Manne
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Zitationshilfe: | Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_frauen_1870/97>, abgerufen am 23.07.2024. |