Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870.

Bild:
<< vorherige Seite

Leute, die wie niedere Beamte aussahen, Dienstmänner, einige Knaben und hinter einem Verschlage eine kleine Anzahl älterer und jüngerer Frauenzimmer. Die Männer, die ich die Treppe hinunter kommen sah, rauchten zum großen Theil, thaten aber die Cigarren fort, so wie sie in die Speiseräume traten, die nicht anders, nicht besser und nicht schlechter eingerichtet sind, als jene "Keller," in denen diese Classen sonst für den doppelten Preis nicht halb so gut zu essen pflegten. Es ging still und anständig bei dem Essen her, die Leute gingen fort, so wie sie sich gesättigt hatten; aber die aufgebenden vier Frauenzimmer sahen doch mehr oder weniger angegriffen aus, was sie zu ihrer Ehre jedoch nicht abhält, ihr Amt mit Freuden zu verrichten. Sie leisten damit auch mehr, weit mehr, als vielleicht manche von ihnen deutlich weiß und übersieht. Für jeden Wochentag sind in jeder Küche dieselben Frauen thätig, für Aushülfe ist gesorgt, am Sonntage aber tritt noch ein besonderer Wechsel ein, damit nicht immer dieselben Personen ihrer Sonntagsruhe verlustig gehen.

Es ist lehrreich und zugleich erhebend zu lesen, wie man Anfangs Mühe gehabt hat, die Arbeiter an die Benutzung der Volksküchen zu gewöhnen, weil ihr Ehrgefühl sich dagegen sträubte, in das Local der Suppen-Anstalten zu gehen, in welchem bisher nur Almosen gegeben worden waren. Ich dachte dabei an die armen an den Klostertreppen von Rom den Küchenabhub vor

Leute, die wie niedere Beamte aussahen, Dienstmänner, einige Knaben und hinter einem Verschlage eine kleine Anzahl älterer und jüngerer Frauenzimmer. Die Männer, die ich die Treppe hinunter kommen sah, rauchten zum großen Theil, thaten aber die Cigarren fort, so wie sie in die Speiseräume traten, die nicht anders, nicht besser und nicht schlechter eingerichtet sind, als jene »Keller,« in denen diese Classen sonst für den doppelten Preis nicht halb so gut zu essen pflegten. Es ging still und anständig bei dem Essen her, die Leute gingen fort, so wie sie sich gesättigt hatten; aber die aufgebenden vier Frauenzimmer sahen doch mehr oder weniger angegriffen aus, was sie zu ihrer Ehre jedoch nicht abhält, ihr Amt mit Freuden zu verrichten. Sie leisten damit auch mehr, weit mehr, als vielleicht manche von ihnen deutlich weiß und übersieht. Für jeden Wochentag sind in jeder Küche dieselben Frauen thätig, für Aushülfe ist gesorgt, am Sonntage aber tritt noch ein besonderer Wechsel ein, damit nicht immer dieselben Personen ihrer Sonntagsruhe verlustig gehen.

Es ist lehrreich und zugleich erhebend zu lesen, wie man Anfangs Mühe gehabt hat, die Arbeiter an die Benutzung der Volksküchen zu gewöhnen, weil ihr Ehrgefühl sich dagegen sträubte, in das Local der Suppen-Anstalten zu gehen, in welchem bisher nur Almosen gegeben worden waren. Ich dachte dabei an die armen an den Klostertreppen von Rom den Küchenabhub vor

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0092" n="82"/>
Leute, die wie niedere Beamte aussahen, Dienstmänner, einige Knaben und hinter einem Verschlage eine kleine Anzahl älterer und jüngerer Frauenzimmer. Die Männer, die ich die Treppe hinunter kommen sah, rauchten zum großen Theil, thaten aber die Cigarren fort, so wie sie in die Speiseräume traten, die nicht anders, nicht besser und nicht schlechter eingerichtet sind, als jene »Keller,« in denen diese Classen sonst für den doppelten Preis nicht halb so gut zu essen pflegten. Es ging still und anständig bei dem Essen her, die Leute gingen fort, so wie sie sich gesättigt hatten; aber die aufgebenden vier Frauenzimmer sahen doch mehr oder weniger angegriffen aus, was sie zu ihrer Ehre jedoch nicht abhält, ihr Amt mit Freuden zu verrichten. Sie leisten damit auch mehr, weit mehr, als vielleicht manche von ihnen deutlich weiß und übersieht. Für jeden Wochentag sind in jeder Küche dieselben Frauen thätig, für Aushülfe ist gesorgt, am Sonntage aber tritt noch ein besonderer Wechsel ein, damit nicht immer dieselben Personen ihrer Sonntagsruhe verlustig gehen.</p>
        <p>Es ist lehrreich und zugleich erhebend zu lesen, wie man Anfangs Mühe gehabt hat, die Arbeiter an die Benutzung der Volksküchen zu gewöhnen, weil ihr Ehrgefühl sich dagegen sträubte, in das Local der Suppen-Anstalten zu gehen, in welchem bisher nur Almosen gegeben worden waren. Ich dachte dabei an die armen an den Klostertreppen von Rom den Küchenabhub vor
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[82/0092] Leute, die wie niedere Beamte aussahen, Dienstmänner, einige Knaben und hinter einem Verschlage eine kleine Anzahl älterer und jüngerer Frauenzimmer. Die Männer, die ich die Treppe hinunter kommen sah, rauchten zum großen Theil, thaten aber die Cigarren fort, so wie sie in die Speiseräume traten, die nicht anders, nicht besser und nicht schlechter eingerichtet sind, als jene »Keller,« in denen diese Classen sonst für den doppelten Preis nicht halb so gut zu essen pflegten. Es ging still und anständig bei dem Essen her, die Leute gingen fort, so wie sie sich gesättigt hatten; aber die aufgebenden vier Frauenzimmer sahen doch mehr oder weniger angegriffen aus, was sie zu ihrer Ehre jedoch nicht abhält, ihr Amt mit Freuden zu verrichten. Sie leisten damit auch mehr, weit mehr, als vielleicht manche von ihnen deutlich weiß und übersieht. Für jeden Wochentag sind in jeder Küche dieselben Frauen thätig, für Aushülfe ist gesorgt, am Sonntage aber tritt noch ein besonderer Wechsel ein, damit nicht immer dieselben Personen ihrer Sonntagsruhe verlustig gehen. Es ist lehrreich und zugleich erhebend zu lesen, wie man Anfangs Mühe gehabt hat, die Arbeiter an die Benutzung der Volksküchen zu gewöhnen, weil ihr Ehrgefühl sich dagegen sträubte, in das Local der Suppen-Anstalten zu gehen, in welchem bisher nur Almosen gegeben worden waren. Ich dachte dabei an die armen an den Klostertreppen von Rom den Küchenabhub vor

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in der Syntax von zeno.org (2013-01-04T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus zeno.org entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-04T13:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-01-04T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Wird ein Wort durch einen Seitenumbruch getrennt, so wird es vollständig auf der vorhergehenden Seite übernommen.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Der Zeilenfall wurde aufgehoben, die Absätze beibehalten.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_frauen_1870
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_frauen_1870/92
Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_frauen_1870/92>, abgerufen am 06.05.2024.