Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870.Hausmädchen in das Comptoir bringen lassen; alle Augenblicke ist da etwas vorgekommen. Bald haben die Mädchen sich über die jungen Leute beschwert, dann wieder hat meine Frau über die Intimitäten der Mädchen mit den jungen Männern zu klagen gehabt -- kurz es geht nicht. Sie sehen das selber wohl ein." "Gar nichts sehe ich," versetzte ich darauf, "als daß Sie einige nicht wohlerzogene Männer in Ihrem Geschäfte haben, die sich die unanständige Freiheit nehmen, sich gegen weibliche Dienstboten, die sich selbst nicht achten, unanständig zu betragen. Oder betragen sich die jungen Männer, die, wie ich zufällig weiß, zum Theil sehr guten Familien angehören, etwa auch unanständig gegen Ihre Töchter oder gegen die andern Mädchen und Frauen, mit denen sie in dem Hause ihrer Eltern oder in anderen gebildeten Häusern zusammenkommen?" -- Der Kaufmann meinte, daß sei ganz etwas Anderes. Ich mußte ihm das verneinen, und zwar aus fester Ueberzeugung verneinen. "Glauben Sie," fragte ich ihn, "daß Ihre jungen Leute, wenn zwei junge Mädchen aus guten Familien, mit denen sie sonst in der Gesellschaft zusammengekommen wären, hier mit ihnen im Geschäfte und im Comptoir zusammen arbeiteten, sich in deren Beisein die unschicklichen Reden erlauben würden, deren Sie vorhin als eines Hindernisses erwähnten?" -- "Bewahre der Himmel! ganz gewiß nicht!" versetzte der Kaufmann mit voller Hausmädchen in das Comptoir bringen lassen; alle Augenblicke ist da etwas vorgekommen. Bald haben die Mädchen sich über die jungen Leute beschwert, dann wieder hat meine Frau über die Intimitäten der Mädchen mit den jungen Männern zu klagen gehabt — kurz es geht nicht. Sie sehen das selber wohl ein.« »Gar nichts sehe ich,« versetzte ich darauf, »als daß Sie einige nicht wohlerzogene Männer in Ihrem Geschäfte haben, die sich die unanständige Freiheit nehmen, sich gegen weibliche Dienstboten, die sich selbst nicht achten, unanständig zu betragen. Oder betragen sich die jungen Männer, die, wie ich zufällig weiß, zum Theil sehr guten Familien angehören, etwa auch unanständig gegen Ihre Töchter oder gegen die andern Mädchen und Frauen, mit denen sie in dem Hause ihrer Eltern oder in anderen gebildeten Häusern zusammenkommen?« — Der Kaufmann meinte, daß sei ganz etwas Anderes. Ich mußte ihm das verneinen, und zwar aus fester Ueberzeugung verneinen. »Glauben Sie,« fragte ich ihn, »daß Ihre jungen Leute, wenn zwei junge Mädchen aus guten Familien, mit denen sie sonst in der Gesellschaft zusammengekommen wären, hier mit ihnen im Geschäfte und im Comptoir zusammen arbeiteten, sich in deren Beisein die unschicklichen Reden erlauben würden, deren Sie vorhin als eines Hindernisses erwähnten?« — »Bewahre der Himmel! ganz gewiß nicht!« versetzte der Kaufmann mit voller <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0038" n="28"/> Hausmädchen in das Comptoir bringen lassen; alle Augenblicke ist da etwas vorgekommen. Bald haben die Mädchen sich über die jungen Leute beschwert, dann wieder hat meine Frau über die Intimitäten der Mädchen mit den jungen Männern zu klagen gehabt — kurz es geht nicht. Sie sehen das selber wohl ein.«</p> <p>»Gar nichts sehe ich,« versetzte ich darauf, »als daß Sie einige nicht wohlerzogene Männer in Ihrem Geschäfte haben, die sich die unanständige Freiheit nehmen, sich gegen weibliche Dienstboten, die sich selbst nicht achten, unanständig zu betragen. Oder betragen sich die jungen Männer, die, wie ich zufällig weiß, zum Theil sehr guten Familien angehören, etwa auch unanständig gegen Ihre Töchter oder gegen die andern Mädchen und Frauen, mit denen sie in dem Hause ihrer Eltern oder in anderen gebildeten Häusern zusammenkommen?« — Der Kaufmann meinte, daß sei ganz etwas Anderes. Ich mußte ihm das verneinen, und zwar aus fester Ueberzeugung verneinen.</p> <p>»Glauben Sie,« fragte ich ihn, »daß Ihre jungen Leute, wenn zwei junge Mädchen aus guten Familien, mit denen sie sonst in der Gesellschaft zusammengekommen wären, hier mit ihnen im Geschäfte und im Comptoir zusammen arbeiteten, sich in deren Beisein die unschicklichen Reden erlauben würden, deren Sie vorhin als eines Hindernisses erwähnten?« — »Bewahre der Himmel! ganz gewiß nicht!« versetzte der Kaufmann mit voller </p> </div> </body> </text> </TEI> [28/0038]
Hausmädchen in das Comptoir bringen lassen; alle Augenblicke ist da etwas vorgekommen. Bald haben die Mädchen sich über die jungen Leute beschwert, dann wieder hat meine Frau über die Intimitäten der Mädchen mit den jungen Männern zu klagen gehabt — kurz es geht nicht. Sie sehen das selber wohl ein.«
»Gar nichts sehe ich,« versetzte ich darauf, »als daß Sie einige nicht wohlerzogene Männer in Ihrem Geschäfte haben, die sich die unanständige Freiheit nehmen, sich gegen weibliche Dienstboten, die sich selbst nicht achten, unanständig zu betragen. Oder betragen sich die jungen Männer, die, wie ich zufällig weiß, zum Theil sehr guten Familien angehören, etwa auch unanständig gegen Ihre Töchter oder gegen die andern Mädchen und Frauen, mit denen sie in dem Hause ihrer Eltern oder in anderen gebildeten Häusern zusammenkommen?« — Der Kaufmann meinte, daß sei ganz etwas Anderes. Ich mußte ihm das verneinen, und zwar aus fester Ueberzeugung verneinen.
»Glauben Sie,« fragte ich ihn, »daß Ihre jungen Leute, wenn zwei junge Mädchen aus guten Familien, mit denen sie sonst in der Gesellschaft zusammengekommen wären, hier mit ihnen im Geschäfte und im Comptoir zusammen arbeiteten, sich in deren Beisein die unschicklichen Reden erlauben würden, deren Sie vorhin als eines Hindernisses erwähnten?« — »Bewahre der Himmel! ganz gewiß nicht!« versetzte der Kaufmann mit voller
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