Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870.Kinder noch im grauen Haar umschweben? oder wie wäre es mit der erhabenen Jungfräulichkeit aller jener zahlreichen barmherzigen Schwestern und Diaconissinnen bestellt, die ohne Zaudern allein hingehen, wohin die Pflicht sie ruft, wohin ihr Kloster sie entsendet, und die ihre Jungfräulichkeit und ihre wahre Weiblichkeit nicht gefährdet glauben, wenn sie im Krankenhause und im Feldlazareth dem fremden Manne jene Dienste leisten, die er in dem gewöhnlichen Laufe des Lebens kaum von seiner Tochter anzunehmen wagt. Und hier ist es denn wohl auch am Orte, es einmal auszusprechen, auf welcher doppelt unklaren Vorstellung jene Forderung nach "besonderen Universitäten für die Frauen" beruht, die man jetzt wohl gelegentlich erheben hört. Abgesehen davon, daß man, wie ich es Ihnen in dem Briefe über das Victoria-Lyceum aussprach, gewiß etwas Unvernünftiges unternehmen würde, wenn man eine Universität für Frauen gründete, ehe man Realschulen und Gymnasien für sie errichtet hat, ist es sonderbar, besondere Universitäten für die Frauen in dem Augenblicke zu begehren, in welchem man sie in das thätige Leben eintreten lassen will, in welchem man ihre Gleichstellung mit den Männern anstrebt. Es mag zweckmäßig sein, die Lehranstalten für die beiden Geschlechter während jenes Alters zu trennen, in dem man ihnen noch keine gefesteten Grundsätze zuzutrauen hat, während die Anreizungen der Sinne sich doch bereits geltend machen. Kinder noch im grauen Haar umschweben? oder wie wäre es mit der erhabenen Jungfräulichkeit aller jener zahlreichen barmherzigen Schwestern und Diaconissinnen bestellt, die ohne Zaudern allein hingehen, wohin die Pflicht sie ruft, wohin ihr Kloster sie entsendet, und die ihre Jungfräulichkeit und ihre wahre Weiblichkeit nicht gefährdet glauben, wenn sie im Krankenhause und im Feldlazareth dem fremden Manne jene Dienste leisten, die er in dem gewöhnlichen Laufe des Lebens kaum von seiner Tochter anzunehmen wagt. Und hier ist es denn wohl auch am Orte, es einmal auszusprechen, auf welcher doppelt unklaren Vorstellung jene Forderung nach »besonderen Universitäten für die Frauen« beruht, die man jetzt wohl gelegentlich erheben hört. Abgesehen davon, daß man, wie ich es Ihnen in dem Briefe über das Victoria-Lyceum aussprach, gewiß etwas Unvernünftiges unternehmen würde, wenn man eine Universität für Frauen gründete, ehe man Realschulen und Gymnasien für sie errichtet hat, ist es sonderbar, besondere Universitäten für die Frauen in dem Augenblicke zu begehren, in welchem man sie in das thätige Leben eintreten lassen will, in welchem man ihre Gleichstellung mit den Männern anstrebt. Es mag zweckmäßig sein, die Lehranstalten für die beiden Geschlechter während jenes Alters zu trennen, in dem man ihnen noch keine gefesteten Grundsätze zuzutrauen hat, während die Anreizungen der Sinne sich doch bereits geltend machen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0138" n="128"/> Kinder noch im grauen Haar umschweben? oder wie wäre es mit der erhabenen Jungfräulichkeit aller jener zahlreichen barmherzigen Schwestern und Diaconissinnen bestellt, die ohne Zaudern allein hingehen, wohin die Pflicht sie ruft, wohin ihr Kloster sie entsendet, und die ihre Jungfräulichkeit und ihre wahre Weiblichkeit nicht gefährdet glauben, wenn sie im Krankenhause und im Feldlazareth dem fremden Manne jene Dienste leisten, die er in dem gewöhnlichen Laufe des Lebens kaum von seiner Tochter anzunehmen wagt.</p> <p>Und hier ist es denn wohl auch am Orte, es einmal auszusprechen, auf welcher doppelt unklaren Vorstellung jene Forderung nach »besonderen Universitäten für die Frauen« beruht, die man jetzt wohl gelegentlich erheben hört. Abgesehen davon, daß man, wie ich es Ihnen in dem Briefe über das Victoria-Lyceum aussprach, gewiß etwas Unvernünftiges unternehmen würde, wenn man eine Universität für Frauen gründete, ehe man Realschulen und Gymnasien für sie errichtet hat, ist es sonderbar, besondere Universitäten für die Frauen in dem Augenblicke zu begehren, in welchem man sie in das thätige Leben eintreten lassen will, in welchem man ihre Gleichstellung mit den Männern anstrebt. Es mag zweckmäßig sein, die Lehranstalten für die beiden Geschlechter während jenes Alters zu trennen, in dem man ihnen noch keine gefesteten Grundsätze zuzutrauen hat, während die Anreizungen der Sinne sich doch bereits geltend machen. </p> </div> </body> </text> </TEI> [128/0138]
Kinder noch im grauen Haar umschweben? oder wie wäre es mit der erhabenen Jungfräulichkeit aller jener zahlreichen barmherzigen Schwestern und Diaconissinnen bestellt, die ohne Zaudern allein hingehen, wohin die Pflicht sie ruft, wohin ihr Kloster sie entsendet, und die ihre Jungfräulichkeit und ihre wahre Weiblichkeit nicht gefährdet glauben, wenn sie im Krankenhause und im Feldlazareth dem fremden Manne jene Dienste leisten, die er in dem gewöhnlichen Laufe des Lebens kaum von seiner Tochter anzunehmen wagt.
Und hier ist es denn wohl auch am Orte, es einmal auszusprechen, auf welcher doppelt unklaren Vorstellung jene Forderung nach »besonderen Universitäten für die Frauen« beruht, die man jetzt wohl gelegentlich erheben hört. Abgesehen davon, daß man, wie ich es Ihnen in dem Briefe über das Victoria-Lyceum aussprach, gewiß etwas Unvernünftiges unternehmen würde, wenn man eine Universität für Frauen gründete, ehe man Realschulen und Gymnasien für sie errichtet hat, ist es sonderbar, besondere Universitäten für die Frauen in dem Augenblicke zu begehren, in welchem man sie in das thätige Leben eintreten lassen will, in welchem man ihre Gleichstellung mit den Männern anstrebt. Es mag zweckmäßig sein, die Lehranstalten für die beiden Geschlechter während jenes Alters zu trennen, in dem man ihnen noch keine gefesteten Grundsätze zuzutrauen hat, während die Anreizungen der Sinne sich doch bereits geltend machen.
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Zitationshilfe: | Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_frauen_1870/138>, abgerufen am 23.07.2024. |