Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870.drückendsten Gesetze veranlaßte, das english commonlaw. Diesem zufolge geht die Frau ganz in dem Manne auf und alles, was sie besitzt und erwirbt, gehört ihm, damit zu schalten und walten nach Belieben, und sie selber ist mit Leib und Seele sein persönliches Eigenthum. Der Trunkenbold kann seiner Frau, die vielleicht mit Waschen oder Nähen ihre Familie ernährt, jeden Abend ihr sauer verdientes Geld rechtlich und gesetzlich abnehmen, sich dafür betrinken, sie prügeln und ihre Kinder mißhandeln. Klagt sie darüber, so wird er von dem Gerichte zu einer Geldstrafe verurtheilt, die er mit dem von ihr erworbenen Gelde zahlt, und dann bekommt sie am nächsten Tage doppelte Prügel. Solche Beispiele finden sich in den ungebildeten Klassen bei uns häufig -- in den gebildeten Klassen treten die Ungerechtigkeiten in anderen Formen auf." Ich gebe nur dieses Bruchstück aus dem Briefe der Amerikanerin und überlasse die beiden Mittheilungen ohne alle Bemerkung von meiner Seite Ihrem Nachdenken und Ihrer vergleichenden Ueberlegung; denn von dem Guten, das die Schweizerin von ihren Verhältnissen zu rühmen weiß, besitzen wir selber Aehnliches bis zu einem gewissen Grade, und von den Uebelständen, über welche die Amerikanerin sich beklagt, sind viele auch bei uns vorhanden. Gehen wir aber von der ersten vorbedinglichen Forderung gleicher Unterrichtsmittel für beide Ge schlechter drückendsten Gesetze veranlaßte, das english commonlaw. Diesem zufolge geht die Frau ganz in dem Manne auf und alles, was sie besitzt und erwirbt, gehört ihm, damit zu schalten und walten nach Belieben, und sie selber ist mit Leib und Seele sein persönliches Eigenthum. Der Trunkenbold kann seiner Frau, die vielleicht mit Waschen oder Nähen ihre Familie ernährt, jeden Abend ihr sauer verdientes Geld rechtlich und gesetzlich abnehmen, sich dafür betrinken, sie prügeln und ihre Kinder mißhandeln. Klagt sie darüber, so wird er von dem Gerichte zu einer Geldstrafe verurtheilt, die er mit dem von ihr erworbenen Gelde zahlt, und dann bekommt sie am nächsten Tage doppelte Prügel. Solche Beispiele finden sich in den ungebildeten Klassen bei uns häufig — in den gebildeten Klassen treten die Ungerechtigkeiten in anderen Formen auf.« Ich gebe nur dieses Bruchstück aus dem Briefe der Amerikanerin und überlasse die beiden Mittheilungen ohne alle Bemerkung von meiner Seite Ihrem Nachdenken und Ihrer vergleichenden Ueberlegung; denn von dem Guten, das die Schweizerin von ihren Verhältnissen zu rühmen weiß, besitzen wir selber Aehnliches bis zu einem gewissen Grade, und von den Uebelständen, über welche die Amerikanerin sich beklagt, sind viele auch bei uns vorhanden. Gehen wir aber von der ersten vorbedinglichen Forderung gleicher Unterrichtsmittel für beide Ge schlechter <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0132" n="122"/> drückendsten Gesetze veranlaßte, das <hi rendition="#aq">english commonlaw</hi>. Diesem zufolge geht die Frau ganz in dem Manne auf und alles, was sie besitzt und erwirbt, gehört ihm, damit zu schalten und walten nach Belieben, und sie selber ist mit Leib und Seele sein <hi rendition="#g">persönliches Eigenthum</hi>. Der Trunkenbold kann seiner Frau, die vielleicht mit Waschen oder Nähen ihre Familie ernährt, jeden Abend ihr sauer verdientes Geld rechtlich und gesetzlich abnehmen, sich dafür betrinken, sie prügeln und ihre Kinder mißhandeln. Klagt sie darüber, so wird er von dem Gerichte zu einer <hi rendition="#g">Geldstrafe</hi> verurtheilt, die er mit dem <hi rendition="#g">von ihr erworbenen Gelde zahlt</hi>, und dann bekommt sie am nächsten Tage doppelte Prügel. Solche Beispiele finden sich in den ungebildeten Klassen bei uns häufig — in den gebildeten Klassen treten die Ungerechtigkeiten in anderen Formen auf.«</p> <p>Ich gebe nur dieses Bruchstück aus dem Briefe der Amerikanerin und überlasse die beiden Mittheilungen ohne alle Bemerkung von meiner Seite Ihrem Nachdenken und Ihrer vergleichenden Ueberlegung; denn von dem Guten, das die Schweizerin von ihren Verhältnissen zu rühmen weiß, besitzen wir selber Aehnliches bis zu einem gewissen Grade, und von den Uebelständen, über welche die Amerikanerin sich beklagt, sind viele auch bei uns vorhanden.</p> <p>Gehen wir aber von der ersten vorbedinglichen Forderung gleicher Unterrichtsmittel für beide Ge schlechter </p> </div> </body> </text> </TEI> [122/0132]
drückendsten Gesetze veranlaßte, das english commonlaw. Diesem zufolge geht die Frau ganz in dem Manne auf und alles, was sie besitzt und erwirbt, gehört ihm, damit zu schalten und walten nach Belieben, und sie selber ist mit Leib und Seele sein persönliches Eigenthum. Der Trunkenbold kann seiner Frau, die vielleicht mit Waschen oder Nähen ihre Familie ernährt, jeden Abend ihr sauer verdientes Geld rechtlich und gesetzlich abnehmen, sich dafür betrinken, sie prügeln und ihre Kinder mißhandeln. Klagt sie darüber, so wird er von dem Gerichte zu einer Geldstrafe verurtheilt, die er mit dem von ihr erworbenen Gelde zahlt, und dann bekommt sie am nächsten Tage doppelte Prügel. Solche Beispiele finden sich in den ungebildeten Klassen bei uns häufig — in den gebildeten Klassen treten die Ungerechtigkeiten in anderen Formen auf.«
Ich gebe nur dieses Bruchstück aus dem Briefe der Amerikanerin und überlasse die beiden Mittheilungen ohne alle Bemerkung von meiner Seite Ihrem Nachdenken und Ihrer vergleichenden Ueberlegung; denn von dem Guten, das die Schweizerin von ihren Verhältnissen zu rühmen weiß, besitzen wir selber Aehnliches bis zu einem gewissen Grade, und von den Uebelständen, über welche die Amerikanerin sich beklagt, sind viele auch bei uns vorhanden.
Gehen wir aber von der ersten vorbedinglichen Forderung gleicher Unterrichtsmittel für beide Ge schlechter
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_frauen_1870 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_frauen_1870/132 |
Zitationshilfe: | Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_frauen_1870/132>, abgerufen am 23.07.2024. |