Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870.deren Sinn ernster, deren Entwickelung höher, deren Geldbesitz geringer ist, und die Niemand haben, der für sie arbeiten, sorgen und erwerben kann, den Ruf erheben: Es ist Zeit, daß man uns den freien Gebrauch der Fähigkeiten verstatte, die wir besitzen, sei es, daß sie uns angeboren sind, oder daß wir sie erworben haben! Das können, das müssen wir verlangen, nicht mehr, nicht weniger! -- Es wird sicherlich mit der Frauen-Emancipation für diejenigen Frauen, die in ihren jetzigen Lebensgewohnheiten und Ansichten und Thätigkeiten bleiben wollen, nicht das Mindeste geändert werden. Es wird sie Niemand anhalten mehr zu sein, mehr zu leisten, freier zu werden, als sie und die Männer es wünschen, in deren Obhut und Fürsorge sie sich wohl befinden. Aber merkwürdig genug habe ich gerade unter diesen Frauen sehr häufig und meist ohne allen vernünftigen Anlaß ein ganz plötzliches Aufblitzen von Freiheitsdurst bemerkt. In den Jahren, in denen ich noch unverheirathet war und auf meinem einsamen Lebenswege hart um des Lebens Nothdurft zu kämpfen und mir jedes Jahr den unerläßlichen Bedarf des Jahres zu erarbeiten hatte, nahm ich einmal Abschied von einer reichen Frau, als ich für die Erweiterung meiner Anschauungen meine Reise nach England anzutreten auf dem Punkte stand. -- Ach! rief die Dame, sie war bedeutend älter als ich und machte sich und ihrem Manne das Leben herzlich schwer, ach! wenn ich Ihre Lebensfreiheit hätte! -- deren Sinn ernster, deren Entwickelung höher, deren Geldbesitz geringer ist, und die Niemand haben, der für sie arbeiten, sorgen und erwerben kann, den Ruf erheben: Es ist Zeit, daß man uns den freien Gebrauch der Fähigkeiten verstatte, die wir besitzen, sei es, daß sie uns angeboren sind, oder daß wir sie erworben haben! Das können, das müssen wir verlangen, nicht mehr, nicht weniger! — Es wird sicherlich mit der Frauen-Emancipation für diejenigen Frauen, die in ihren jetzigen Lebensgewohnheiten und Ansichten und Thätigkeiten bleiben wollen, nicht das Mindeste geändert werden. Es wird sie Niemand anhalten mehr zu sein, mehr zu leisten, freier zu werden, als sie und die Männer es wünschen, in deren Obhut und Fürsorge sie sich wohl befinden. Aber merkwürdig genug habe ich gerade unter diesen Frauen sehr häufig und meist ohne allen vernünftigen Anlaß ein ganz plötzliches Aufblitzen von Freiheitsdurst bemerkt. In den Jahren, in denen ich noch unverheirathet war und auf meinem einsamen Lebenswege hart um des Lebens Nothdurft zu kämpfen und mir jedes Jahr den unerläßlichen Bedarf des Jahres zu erarbeiten hatte, nahm ich einmal Abschied von einer reichen Frau, als ich für die Erweiterung meiner Anschauungen meine Reise nach England anzutreten auf dem Punkte stand. — Ach! rief die Dame, sie war bedeutend älter als ich und machte sich und ihrem Manne das Leben herzlich schwer, ach! wenn ich Ihre Lebensfreiheit hätte! — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0127" n="117"/> deren Sinn ernster, deren Entwickelung höher, deren Geldbesitz geringer ist, und die Niemand haben, der für sie arbeiten, sorgen und erwerben kann, den Ruf erheben: Es ist Zeit, daß man uns den freien Gebrauch der Fähigkeiten verstatte, die wir besitzen, sei es, daß sie uns angeboren sind, oder daß wir sie erworben haben! Das können, das müssen wir verlangen, nicht mehr, nicht weniger! — Es wird sicherlich mit der Frauen-Emancipation für diejenigen Frauen, die in ihren jetzigen Lebensgewohnheiten und Ansichten und Thätigkeiten bleiben wollen, nicht das Mindeste geändert werden. Es wird sie Niemand anhalten mehr zu sein, mehr zu leisten, freier zu werden, als sie und die Männer es wünschen, in deren Obhut und Fürsorge sie sich wohl befinden.</p> <p>Aber merkwürdig genug habe ich gerade unter diesen Frauen sehr häufig und meist ohne allen vernünftigen Anlaß ein ganz plötzliches Aufblitzen von Freiheitsdurst bemerkt. In den Jahren, in denen ich noch unverheirathet war und auf meinem einsamen Lebenswege hart um des Lebens Nothdurft zu kämpfen und mir jedes Jahr den unerläßlichen Bedarf des Jahres zu erarbeiten hatte, nahm ich einmal Abschied von einer reichen Frau, als ich für die Erweiterung meiner Anschauungen meine Reise nach England anzutreten auf dem Punkte stand. — Ach! rief die Dame, sie war bedeutend älter als ich und machte sich und ihrem Manne das Leben herzlich schwer, ach! wenn ich Ihre Lebensfreiheit hätte! — </p> </div> </body> </text> </TEI> [117/0127]
deren Sinn ernster, deren Entwickelung höher, deren Geldbesitz geringer ist, und die Niemand haben, der für sie arbeiten, sorgen und erwerben kann, den Ruf erheben: Es ist Zeit, daß man uns den freien Gebrauch der Fähigkeiten verstatte, die wir besitzen, sei es, daß sie uns angeboren sind, oder daß wir sie erworben haben! Das können, das müssen wir verlangen, nicht mehr, nicht weniger! — Es wird sicherlich mit der Frauen-Emancipation für diejenigen Frauen, die in ihren jetzigen Lebensgewohnheiten und Ansichten und Thätigkeiten bleiben wollen, nicht das Mindeste geändert werden. Es wird sie Niemand anhalten mehr zu sein, mehr zu leisten, freier zu werden, als sie und die Männer es wünschen, in deren Obhut und Fürsorge sie sich wohl befinden.
Aber merkwürdig genug habe ich gerade unter diesen Frauen sehr häufig und meist ohne allen vernünftigen Anlaß ein ganz plötzliches Aufblitzen von Freiheitsdurst bemerkt. In den Jahren, in denen ich noch unverheirathet war und auf meinem einsamen Lebenswege hart um des Lebens Nothdurft zu kämpfen und mir jedes Jahr den unerläßlichen Bedarf des Jahres zu erarbeiten hatte, nahm ich einmal Abschied von einer reichen Frau, als ich für die Erweiterung meiner Anschauungen meine Reise nach England anzutreten auf dem Punkte stand. — Ach! rief die Dame, sie war bedeutend älter als ich und machte sich und ihrem Manne das Leben herzlich schwer, ach! wenn ich Ihre Lebensfreiheit hätte! —
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