Schaffens seinen eigenen Arbeiten kritisch gegenüber, und immer getheilt zwischen den unklaren Aufwallungen seiner Phantasie und der Schärfe seines zergliedernden Verstandes, schuf und lebte er in einem unlösbaren Zwiespalt. Ohne daß er's wollte, verlor er jede Originalität, weil jede neue Richtung ihn ergriff, jeder fremde Erfolg ihn antrieb, auf gleichem Felde gleiche Lorbeeren zu suchen. Bald ein Verfechter aller und jeder Emancipation, bald ein Verehrer des Bestehenden, Althergebrachten, konnte er heute allem Glauben Hohn sprechen, und morgen für die gläubige Romantik in die Schranken treten. Seine innere Rastlosigkeit und die Angriffe, die er von beiden Seiten zu erdulden hatte, steigerten sich dadurch. Immerdar angefochten, immer genöthigt sich zu vertheidigen und erlittene Niederlagen zu verschmerzen, oder sie Andere vergessen zu machen, hatten Mißtrauen, Neid und Bitterkeit sich seiner in hohem Grade bemächtigt. Er,
Schaffens seinen eigenen Arbeiten kritisch gegenüber, und immer getheilt zwischen den unklaren Aufwallungen seiner Phantasie und der Schärfe seines zergliedernden Verstandes, schuf und lebte er in einem unlösbaren Zwiespalt. Ohne daß er’s wollte, verlor er jede Originalität, weil jede neue Richtung ihn ergriff, jeder fremde Erfolg ihn antrieb, auf gleichem Felde gleiche Lorbeeren zu suchen. Bald ein Verfechter aller und jeder Emancipation, bald ein Verehrer des Bestehenden, Althergebrachten, konnte er heute allem Glauben Hohn sprechen, und morgen für die gläubige Romantik in die Schranken treten. Seine innere Rastlosigkeit und die Angriffe, die er von beiden Seiten zu erdulden hatte, steigerten sich dadurch. Immerdar angefochten, immer genöthigt sich zu vertheidigen und erlittene Niederlagen zu verschmerzen, oder sie Andere vergessen zu machen, hatten Mißtrauen, Neid und Bitterkeit sich seiner in hohem Grade bemächtigt. Er,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0046"n="36"/>
Schaffens seinen eigenen Arbeiten kritisch gegenüber, und immer getheilt zwischen den unklaren Aufwallungen seiner Phantasie und der Schärfe seines zergliedernden Verstandes, schuf und lebte er in einem unlösbaren Zwiespalt. Ohne daß er’s wollte, verlor er jede Originalität, weil jede neue Richtung ihn ergriff, jeder fremde Erfolg ihn antrieb, auf gleichem Felde gleiche Lorbeeren zu suchen. Bald ein Verfechter aller und jeder Emancipation, bald ein Verehrer des Bestehenden, Althergebrachten, konnte er heute allem Glauben Hohn sprechen, und morgen für die gläubige Romantik in die Schranken treten. Seine innere Rastlosigkeit und die Angriffe, die er von beiden Seiten zu erdulden hatte, steigerten sich dadurch. Immerdar angefochten, immer genöthigt sich zu vertheidigen und erlittene Niederlagen zu verschmerzen, oder sie Andere vergessen zu machen, hatten Mißtrauen, Neid und Bitterkeit sich seiner in hohem Grade bemächtigt. Er,
</p></div></body></text></TEI>
[36/0046]
Schaffens seinen eigenen Arbeiten kritisch gegenüber, und immer getheilt zwischen den unklaren Aufwallungen seiner Phantasie und der Schärfe seines zergliedernden Verstandes, schuf und lebte er in einem unlösbaren Zwiespalt. Ohne daß er’s wollte, verlor er jede Originalität, weil jede neue Richtung ihn ergriff, jeder fremde Erfolg ihn antrieb, auf gleichem Felde gleiche Lorbeeren zu suchen. Bald ein Verfechter aller und jeder Emancipation, bald ein Verehrer des Bestehenden, Althergebrachten, konnte er heute allem Glauben Hohn sprechen, und morgen für die gläubige Romantik in die Schranken treten. Seine innere Rastlosigkeit und die Angriffe, die er von beiden Seiten zu erdulden hatte, steigerten sich dadurch. Immerdar angefochten, immer genöthigt sich zu vertheidigen und erlittene Niederlagen zu verschmerzen, oder sie Andere vergessen zu machen, hatten Mißtrauen, Neid und Bitterkeit sich seiner in hohem Grade bemächtigt. Er,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Sophie - A Digital Library of Works by German-Speaking Women: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in der Syntax von "Sophie".
(2013-02-04T11:54:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
archive.org: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-02-04T11:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-02-04T11:54:31Z)
Weitere Informationen:
Anmerkungen zur Transkription:
Wird ein Wort durch einen Seitenumbruch getrennt, so wird es vollständig auf der vorhergehenden Seite übernommen.
Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
Der Zeilenfall wurde aufgehoben, die Absätze beibehalten.
Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
Lewald, Fanny: Adele. 2. Ausg. Berlin, 1864, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_adele_1864/46>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.