Lewald, Fanny: Adele. 2. Ausg. Berlin, 1864.als zuvor. Sie sehnten sich nach einander und wußten den Weg doch nicht zu finden, auf dem sie sich auf's Neue begegnen konnten. Adele hatte daran gedacht, dem Vetter zu Weihnachten irgend eine Freude zu machen, zum Dank und zur Erinnerung an seinen guten Willen, ihr eine angenehme Reise zu bereiten, aber wie sollte sie ihn an eine Zeit gemahnen, deren er selber vielleicht nicht gern gedachte; denn er hatte es ja in seiner Hand gehabt, Adele in Leipzig zu behalten, es hätte ihn ja nur ein Wort gekostet, sie damals für immer an sich zu fesseln. So wenig jung sie war, so wenig prüde, immer blieb sie doch ein Weib dem Manne gegenüber, und im Grunde, was hatte sie ihm auch zu bieten? Er konnte ja andere Frauen finden, jünger, hübscher, reicher und glücklicher als sie. Er konnte schon lange selbst zu dieser Einsicht gekommen sein. Samuel machte sich ähnliche Gedanken. Sie als zuvor. Sie sehnten sich nach einander und wußten den Weg doch nicht zu finden, auf dem sie sich auf’s Neue begegnen konnten. Adele hatte daran gedacht, dem Vetter zu Weihnachten irgend eine Freude zu machen, zum Dank und zur Erinnerung an seinen guten Willen, ihr eine angenehme Reise zu bereiten, aber wie sollte sie ihn an eine Zeit gemahnen, deren er selber vielleicht nicht gern gedachte; denn er hatte es ja in seiner Hand gehabt, Adele in Leipzig zu behalten, es hätte ihn ja nur ein Wort gekostet, sie damals für immer an sich zu fesseln. So wenig jung sie war, so wenig prüde, immer blieb sie doch ein Weib dem Manne gegenüber, und im Grunde, was hatte sie ihm auch zu bieten? Er konnte ja andere Frauen finden, jünger, hübscher, reicher und glücklicher als sie. Er konnte schon lange selbst zu dieser Einsicht gekommen sein. Samuel machte sich ähnliche Gedanken. Sie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0273" n="263"/> als zuvor. Sie sehnten sich nach einander und wußten den Weg doch nicht zu finden, auf dem sie sich auf’s Neue begegnen konnten.</p> <p> Adele hatte daran gedacht, dem Vetter zu Weihnachten irgend eine Freude zu machen, zum Dank und zur Erinnerung an seinen guten Willen, ihr eine angenehme Reise zu bereiten, aber wie sollte sie ihn an eine Zeit gemahnen, deren er selber vielleicht nicht gern gedachte; denn er hatte es ja in seiner Hand gehabt, Adele in Leipzig zu behalten, es hätte ihn ja nur ein Wort gekostet, sie damals für immer an sich zu fesseln. So wenig jung sie war, so wenig prüde, immer blieb sie doch ein Weib dem Manne gegenüber, und im Grunde, was hatte sie ihm auch zu bieten? Er konnte ja andere Frauen finden, jünger, hübscher, reicher und glücklicher als sie. Er konnte schon lange selbst zu dieser Einsicht gekommen sein.</p> <p> Samuel machte sich ähnliche Gedanken. Sie </p> </div> </body> </text> </TEI> [263/0273]
als zuvor. Sie sehnten sich nach einander und wußten den Weg doch nicht zu finden, auf dem sie sich auf’s Neue begegnen konnten.
Adele hatte daran gedacht, dem Vetter zu Weihnachten irgend eine Freude zu machen, zum Dank und zur Erinnerung an seinen guten Willen, ihr eine angenehme Reise zu bereiten, aber wie sollte sie ihn an eine Zeit gemahnen, deren er selber vielleicht nicht gern gedachte; denn er hatte es ja in seiner Hand gehabt, Adele in Leipzig zu behalten, es hätte ihn ja nur ein Wort gekostet, sie damals für immer an sich zu fesseln. So wenig jung sie war, so wenig prüde, immer blieb sie doch ein Weib dem Manne gegenüber, und im Grunde, was hatte sie ihm auch zu bieten? Er konnte ja andere Frauen finden, jünger, hübscher, reicher und glücklicher als sie. Er konnte schon lange selbst zu dieser Einsicht gekommen sein.
Samuel machte sich ähnliche Gedanken. Sie
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