Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lewald, Fanny: Adele. 2. Ausg. Berlin, 1864.

Bild:
<< vorherige Seite

Willmar schlug sich vor die Stirn. Seine Lippen preßten sich zusammen. Er hatte eine andere Antwort erhofft, und jetzt erst, da Adele selbst es sagte, glaubte er den Worten Samuel's. Langsam fuhr er sich mit der Hand über Augen und Gesicht, als wolle er den Kampf in sich verbergen, dann fragte er so schnell und scharf, als er die erste Frage gethan: "Und Du willst fort? Ihr wollt Beide fort? Ihr denkt glücklicher zu sein am fremden Orte? Du und die Mutter?"

Adele schwieg; denn kaum hatte sie die Wirkung beobachtet, welche ihr Geständniß auf den Vater gemacht, als sie bereute, es gethan zu haben. Alles, was sie Quälendes ertragen, alles Widerwärtige, dem sie sich auch künstig in der Heimath nicht entziehen konnte, schien ihr gering wenn sie in die leidensvollen, abgespannten Züge ihres Vaters blickte. Kam ihr sonst wohl der anklagende Gedanke, daß eine verständige Erziehung sie hätte vor ihren Irrthümern bewahren

Willmar schlug sich vor die Stirn. Seine Lippen preßten sich zusammen. Er hatte eine andere Antwort erhofft, und jetzt erst, da Adele selbst es sagte, glaubte er den Worten Samuel’s. Langsam fuhr er sich mit der Hand über Augen und Gesicht, als wolle er den Kampf in sich verbergen, dann fragte er so schnell und scharf, als er die erste Frage gethan: “Und Du willst fort? Ihr wollt Beide fort? Ihr denkt glücklicher zu sein am fremden Orte? Du und die Mutter?”

Adele schwieg; denn kaum hatte sie die Wirkung beobachtet, welche ihr Geständniß auf den Vater gemacht, als sie bereute, es gethan zu haben. Alles, was sie Quälendes ertragen, alles Widerwärtige, dem sie sich auch künstig in der Heimath nicht entziehen konnte, schien ihr gering wenn sie in die leidensvollen, abgespannten Züge ihres Vaters blickte. Kam ihr sonst wohl der anklagende Gedanke, daß eine verständige Erziehung sie hätte vor ihren Irrthümern bewahren

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0146" n="136"/>
Willmar schlug sich vor die Stirn. Seine Lippen preßten sich zusammen. Er hatte eine andere Antwort erhofft, und jetzt erst, da Adele selbst es sagte, glaubte er den Worten Samuel&#x2019;s. Langsam fuhr er sich mit der Hand über Augen und Gesicht, als wolle er den Kampf in sich verbergen, dann fragte er so schnell und scharf, als er die erste Frage gethan: &#x201C;Und Du willst fort? Ihr wollt Beide fort? Ihr denkt glücklicher zu sein am fremden Orte? Du und die Mutter?&#x201D;</p>
        <p>                         Adele schwieg; denn kaum hatte sie die Wirkung beobachtet, welche ihr Geständniß auf den Vater gemacht, als sie bereute, es gethan zu haben. Alles, was sie Quälendes ertragen, alles Widerwärtige, dem sie sich auch künstig in der Heimath nicht entziehen konnte, schien ihr gering wenn sie in die leidensvollen, abgespannten Züge ihres Vaters blickte. Kam ihr sonst wohl der anklagende Gedanke, daß eine verständige Erziehung sie hätte vor ihren Irrthümern bewahren
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[136/0146] Willmar schlug sich vor die Stirn. Seine Lippen preßten sich zusammen. Er hatte eine andere Antwort erhofft, und jetzt erst, da Adele selbst es sagte, glaubte er den Worten Samuel’s. Langsam fuhr er sich mit der Hand über Augen und Gesicht, als wolle er den Kampf in sich verbergen, dann fragte er so schnell und scharf, als er die erste Frage gethan: “Und Du willst fort? Ihr wollt Beide fort? Ihr denkt glücklicher zu sein am fremden Orte? Du und die Mutter?” Adele schwieg; denn kaum hatte sie die Wirkung beobachtet, welche ihr Geständniß auf den Vater gemacht, als sie bereute, es gethan zu haben. Alles, was sie Quälendes ertragen, alles Widerwärtige, dem sie sich auch künstig in der Heimath nicht entziehen konnte, schien ihr gering wenn sie in die leidensvollen, abgespannten Züge ihres Vaters blickte. Kam ihr sonst wohl der anklagende Gedanke, daß eine verständige Erziehung sie hätte vor ihren Irrthümern bewahren

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sophie - A Digital Library of Works by German-Speaking Women: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in der Syntax von "Sophie". (2013-02-04T11:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
archive.org: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-04T11:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-02-04T11:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Wird ein Wort durch einen Seitenumbruch getrennt, so wird es vollständig auf der vorhergehenden Seite übernommen.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Der Zeilenfall wurde aufgehoben, die Absätze beibehalten.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_adele_1864
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_adele_1864/146
Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Adele. 2. Ausg. Berlin, 1864, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_adele_1864/146>, abgerufen am 01.05.2024.