Levezow, Konrad: Iphigenia in Aulis. Halle, 1805. Iphigenia läßt seine Hand fahren. So laß, o Mann, die Thränen mir! laß mir Den Jammer! denn womit vermag sich sonst Wohl noch zu waffnen unter Priesters Hand Das Opferthier? - Kalchas. O, du bist mehr als das! Iphigenia. im tiefen Gefühl ihrer gekränkten Würde Entsprossen einst von königlichem Stamm Bin ich erkoren einem Helden zum Gemahl! - Genug, ein menschliches Geschöpf - Und ohne Rettung doch des Todes Opfer? - Kalchas. Warum siehst du den dunkeln Ausgang nur, Den früh der Eine, spät der Andre findet? Iphigenia laͤßt seine Hand fahren. So laß, o Mann, die Thraͤnen mir! laß mir Den Jammer! denn womit vermag sich sonst Wohl noch zu waffnen unter Priesters Hand Das Opferthier? – Kalchas. O, du bist mehr als das! Iphigenia. im tiefen Gefuͤhl ihrer gekraͤnkten Wuͤrde Entsprossen einst von koͤniglichem Stamm Bin ich erkoren einem Helden zum Gemahl! – Genug, ein menschliches Geschoͤpf – Und ohne Rettung doch des Todes Opfer? – Kalchas. Warum siehst du den dunkeln Ausgang nur, Den fruͤh der Eine, spaͤt der Andre findet? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0164" n="156"/> <sp who="#IPH"> <speaker> <hi rendition="#g">Iphigenia</hi> </speaker><lb/> <p> <stage>laͤßt seine Hand fahren.</stage> </p><lb/> <p>So laß, o Mann, die Thraͤnen mir! laß mir<lb/> Den Jammer! denn womit vermag sich sonst<lb/> Wohl noch zu waffnen unter Priesters Hand<lb/> Das Opferthier? –</p> </sp><lb/> <sp who="#KAL"> <speaker><hi rendition="#g">Kalchas</hi>.</speaker><lb/> <p>O, du bist <hi rendition="#g">mehr</hi> als das!</p> </sp><lb/> <sp who="#IPH"> <speaker><hi rendition="#g">Iphigenia</hi>.</speaker><lb/> <p> <stage>im tiefen Gefuͤhl ihrer gekraͤnkten Wuͤrde</stage> </p><lb/> <p>Entsprossen einst von koͤniglichem Stamm<lb/> Bin ich erkoren einem Helden zum<lb/> Gemahl! – Genug, ein menschliches Geschoͤpf –<lb/> Und ohne Rettung doch des Todes Opfer? –</p> </sp><lb/> <sp who="#KAL"> <speaker><hi rendition="#g">Kalchas</hi>.</speaker><lb/> <p>Warum siehst du den dunkeln Ausgang nur,<lb/> Den fruͤh der Eine, spaͤt der Andre findet?<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [156/0164]
Iphigenia
laͤßt seine Hand fahren.
So laß, o Mann, die Thraͤnen mir! laß mir
Den Jammer! denn womit vermag sich sonst
Wohl noch zu waffnen unter Priesters Hand
Das Opferthier? –
Kalchas.
O, du bist mehr als das!
Iphigenia.
im tiefen Gefuͤhl ihrer gekraͤnkten Wuͤrde
Entsprossen einst von koͤniglichem Stamm
Bin ich erkoren einem Helden zum
Gemahl! – Genug, ein menschliches Geschoͤpf –
Und ohne Rettung doch des Todes Opfer? –
Kalchas.
Warum siehst du den dunkeln Ausgang nur,
Den fruͤh der Eine, spaͤt der Andre findet?
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