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Leupold, Jacob: Theatrum Machinarvm Generale. Schau-Platz Des Grundes Mechanischer Wissenschafften. Leipzig, 1724.

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Cap. XX. vom Wasser-Maas. Tab. LX.
§. 517.

Unterschiedliche Begebenheiten bey dem Fall des
Wassers, und bey den Wasser-Rädern, so bißhero noch nicht nach
gewissen Fundamenten ausgemachet, und dennoch
höchst nöthig zu wissen seyn:

I. Ist zu untersuchen: Ob es besser, daß man das Gerinne oder den
Fluß breit lasse, und das Rad auch breit mache? oder, daß man das
Wasser und Gerinne enge zusammen ziehe, daß also das Rad auch
schmahl werde?
Das erste will bekräfftiget werden, wenn man saget: Je breiter das
Rad, je mehr werden die Schauffeln von dem Wasser getroffen, und je mehr liegt
Wasser an dem Rad,
und weil der Fluß wegen der Breite nicht so hoch auffgeschwollen,
oder getrieben, kan das Rad etwas grösser seyn, oder zum wenigsten kömmt die Krafft des
Wassers weiter von der Welle.

Hingegen enges Gerinne und schmahles Rad wird darum dem andern vorgezo-
gen, weil das Wasser, je enger man solches zusammen zwinget, je schnellern Lauff, und also
desto mehr Kräffte bekommet.

Ein allzubreiter Fluß hat meistens wenig Schnelligkeit, und also auch wenig Krafft;
hingegen um so viel enger ein Fluß wird, um so viel muß er schneller fliessen.

Als Figura I. Tabula LXI. sey der Fluß bey A B 4 Ellen, und in C D nur
2 Ellen breit; weil nun durch C D in einer Zeit eben so viel Wasser durchfliessen muß, als
durch A B, so muß folgen, daß es in C D noch einmahl so schnell fliesset, da eben noch
einmahl so viel durch muß; denn wenn das Wasser in die Enge gebracht wird, so dämmet oder
schützet es sich etwas nach Beschaffenheit und Menge des Wassers, und diese Höhe vermeh-
ret auch die Schnelligkeit, und also folgendlich die Krafft. Ist also wohl ein enges Gerinne
besser als ein weites, doch muß dabey observiret werden die Quantität des Wassers, das Ge-
fäll, die Grösse und Schnelligkeit des Rades gegen dem Wasser.

§. 518.

Zum II. ist zu bedencken: Ob das Rad E Fig. I. gleich vor dem Eintritt
des Wassers C D wo die Enge sich anfänget,
bey Mühlen möchte es heissen, ob es
gleich an den Fach-Baum zu legen, wie es hier stehet, oder etwas weiter davon zu
hängen?
Wie weit es davon stehen soll, können wir ietzo nicht sagen, sondern nur weisen,
wenn das Rad allzunahe, welches aber keiner so leichte thun wird, daß es nicht gut, Ursach, weil
das Wasser bey seinen Eintritt ein ziemliches Stück die Directions-Linie, die es von der Sei-
te empfangen, behält, und also in der Mitte, gleichsam gegeneinander arbeitet, und sich
die Krafft benimmet, die es an das Rad wenden solte, wie man denn offt siehet, daß es in
g und h die Winckel gantz ledig lässet. Dahero muß man das Rad nicht allzunahe hän-
gen, wiewohl es ohnedem mit seiner Welle so weit abstehet, als der Radius des Rades ist.

§. 519.

Zum III. ist zu untersuchen: Ob es besser, daß man dem Wasser einen flachen
oder jählingen Fall gebe, doch daß einerley Perpendicular-Höhe sey
. Als Fig. II.
und III. ist der Fall einerley Höhe, wie die Horizontal-Linien A A und B B, und die
Perpendicular-Linie H und K zeigen, nehmlich 3 Fus, bey dem Rad C ist die Län-
ge des schregen Gerinnes, ehe das Wasser aufs Rad kömmet, von F bis E 12 Fuß, bey D,

aber
Cap. XX. vom Waſſer-Maas. Tab. LX.
§. 517.

Unterſchiedliche Begebenheiten bey dem Fall des
Waſſers, und bey den Waſſer-Raͤdern, ſo bißhero noch nicht nach
gewiſſen Fundamenten ausgemachet, und dennoch
hoͤchſt noͤthig zu wiſſen ſeyn:

I. Iſt zu unterſuchen: Ob es beſſer, daß man das Gerinne oder den
Fluß breit laſſe, und das Rad auch breit mache? oder, daß man das
Waſſer und Gerinne enge zuſammen ziehe, daß alſo das Rad auch
ſchmahl werde?
Das erſte will bekraͤfftiget werden, wenn man ſaget: Je breiter das
Rad, je mehr werden die Schauffeln von dem Waſſer getroffen, und je mehr liegt
Waſſer an dem Rad,
und weil der Fluß wegen der Breite nicht ſo hoch auffgeſchwollen,
oder getrieben, kan das Rad etwas groͤſſer ſeyn, oder zum wenigſten koͤmmt die Krafft des
Waſſers weiter von der Welle.

Hingegen enges Gerinne und ſchmahles Rad wird darum dem andern vorgezo-
gen, weil das Waſſer, je enger man ſolches zuſammen zwinget, je ſchnellern Lauff, und alſo
deſto mehr Kraͤffte bekommet.

Ein allzubreiter Fluß hat meiſtens wenig Schnelligkeit, und alſo auch wenig Krafft;
hingegen um ſo viel enger ein Fluß wird, um ſo viel muß er ſchneller flieſſen.

Als Figura I. Tabula LXI. ſey der Fluß bey A B 4 Ellen, und in C D nur
2 Ellen breit; weil nun durch C D in einer Zeit eben ſo viel Waſſer durchflieſſen muß, als
durch A B, ſo muß folgen, daß es in C D noch einmahl ſo ſchnell flieſſet, da eben noch
einmahl ſo viel durch muß; denn wenn das Waſſer in die Enge gebracht wird, ſo daͤmmet oder
ſchuͤtzet es ſich etwas nach Beſchaffenheit und Menge des Waſſers, und dieſe Hoͤhe vermeh-
ret auch die Schnelligkeit, und alſo folgendlich die Krafft. Iſt alſo wohl ein enges Gerinne
beſſer als ein weites, doch muß dabey obſerviret werden die Quantitaͤt des Waſſers, das Ge-
faͤll, die Groͤſſe und Schnelligkeit des Rades gegen dem Waſſer.

§. 518.

Zum II. iſt zu bedencken: Ob das Rad E Fig. I. gleich vor dem Eintritt
des Waſſers C D wo die Enge ſich anfaͤnget,
bey Muͤhlen moͤchte es heiſſen, ob es
gleich an den Fach-Baum zu legen, wie es hier ſtehet, oder etwas weiter davon zu
haͤngen?
Wie weit es davon ſtehen ſoll, koͤnnen wir ietzo nicht ſagen, ſondern nur weiſen,
wenn das Rad allzunahe, welches aber keiner ſo leichte thun wird, daß es nicht gut, Urſach, weil
das Waſſer bey ſeinen Eintritt ein ziemliches Stuͤck die Directions-Linie, die es von der Sei-
te empfangen, behaͤlt, und alſo in der Mitte, gleichſam gegeneinander arbeitet, und ſich
die Krafft benimmet, die es an das Rad wenden ſolte, wie man denn offt ſiehet, daß es in
g und h die Winckel gantz ledig laͤſſet. Dahero muß man das Rad nicht allzunahe haͤn-
gen, wiewohl es ohnedem mit ſeiner Welle ſo weit abſtehet, als der Radius des Rades iſt.

§. 519.

Zum III. iſt zu unterſuchen: Ob es beſſer, daß man dem Waſſer einen flachen
oder jaͤhlingen Fall gebe, doch daß einerley Perpendicular-Hoͤhe ſey
. Als Fig. II.
und III. iſt der Fall einerley Hoͤhe, wie die Horizontal-Linien A A und B B, und die
Perpendicular-Linie H und K zeigen, nehmlich 3 Fus, bey dem Rad C iſt die Laͤn-
ge des ſchregen Gerinnes, ehe das Waſſer aufs Rad koͤmmet, von F bis E 12 Fuß, bey D,

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[198/0218] Cap. XX. vom Waſſer-Maas. Tab. LX. §. 517. Unterſchiedliche Begebenheiten bey dem Fall des Waſſers, und bey den Waſſer-Raͤdern, ſo bißhero noch nicht nach gewiſſen Fundamenten ausgemachet, und dennoch hoͤchſt noͤthig zu wiſſen ſeyn: I. Iſt zu unterſuchen: Ob es beſſer, daß man das Gerinne oder den Fluß breit laſſe, und das Rad auch breit mache? oder, daß man das Waſſer und Gerinne enge zuſammen ziehe, daß alſo das Rad auch ſchmahl werde? Das erſte will bekraͤfftiget werden, wenn man ſaget: Je breiter das Rad, je mehr werden die Schauffeln von dem Waſſer getroffen, und je mehr liegt Waſſer an dem Rad, und weil der Fluß wegen der Breite nicht ſo hoch auffgeſchwollen, oder getrieben, kan das Rad etwas groͤſſer ſeyn, oder zum wenigſten koͤmmt die Krafft des Waſſers weiter von der Welle. Hingegen enges Gerinne und ſchmahles Rad wird darum dem andern vorgezo- gen, weil das Waſſer, je enger man ſolches zuſammen zwinget, je ſchnellern Lauff, und alſo deſto mehr Kraͤffte bekommet. Ein allzubreiter Fluß hat meiſtens wenig Schnelligkeit, und alſo auch wenig Krafft; hingegen um ſo viel enger ein Fluß wird, um ſo viel muß er ſchneller flieſſen. Als Figura I. Tabula LXI. ſey der Fluß bey A B 4 Ellen, und in C D nur 2 Ellen breit; weil nun durch C D in einer Zeit eben ſo viel Waſſer durchflieſſen muß, als durch A B, ſo muß folgen, daß es in C D noch einmahl ſo ſchnell flieſſet, da eben noch einmahl ſo viel durch muß; denn wenn das Waſſer in die Enge gebracht wird, ſo daͤmmet oder ſchuͤtzet es ſich etwas nach Beſchaffenheit und Menge des Waſſers, und dieſe Hoͤhe vermeh- ret auch die Schnelligkeit, und alſo folgendlich die Krafft. Iſt alſo wohl ein enges Gerinne beſſer als ein weites, doch muß dabey obſerviret werden die Quantitaͤt des Waſſers, das Ge- faͤll, die Groͤſſe und Schnelligkeit des Rades gegen dem Waſſer. §. 518. Zum II. iſt zu bedencken: Ob das Rad E Fig. I. gleich vor dem Eintritt des Waſſers C D wo die Enge ſich anfaͤnget, bey Muͤhlen moͤchte es heiſſen, ob es gleich an den Fach-Baum zu legen, wie es hier ſtehet, oder etwas weiter davon zu haͤngen? Wie weit es davon ſtehen ſoll, koͤnnen wir ietzo nicht ſagen, ſondern nur weiſen, wenn das Rad allzunahe, welches aber keiner ſo leichte thun wird, daß es nicht gut, Urſach, weil das Waſſer bey ſeinen Eintritt ein ziemliches Stuͤck die Directions-Linie, die es von der Sei- te empfangen, behaͤlt, und alſo in der Mitte, gleichſam gegeneinander arbeitet, und ſich die Krafft benimmet, die es an das Rad wenden ſolte, wie man denn offt ſiehet, daß es in g und h die Winckel gantz ledig laͤſſet. Dahero muß man das Rad nicht allzunahe haͤn- gen, wiewohl es ohnedem mit ſeiner Welle ſo weit abſtehet, als der Radius des Rades iſt. §. 519. Zum III. iſt zu unterſuchen: Ob es beſſer, daß man dem Waſſer einen flachen oder jaͤhlingen Fall gebe, doch daß einerley Perpendicular-Hoͤhe ſey. Als Fig. II. und III. iſt der Fall einerley Hoͤhe, wie die Horizontal-Linien A A und B B, und die Perpendicular-Linie H und K zeigen, nehmlich 3 Fus, bey dem Rad C iſt die Laͤn- ge des ſchregen Gerinnes, ehe das Waſſer aufs Rad koͤmmet, von F bis E 12 Fuß, bey D, aber

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Zitationshilfe: Leupold, Jacob: Theatrum Machinarvm Generale. Schau-Platz Des Grundes Mechanischer Wissenschafften. Leipzig, 1724, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/leupold_theatrum_1724/218>, abgerufen am 10.10.2024.