[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.Leben und Thaten der liefländischen Ordensmeister. .Die le zu Rathe gieng, ob es rathsamer sey, kaiserlich zu werden oder nicht. Doch fruch- tete dieses so viel, daß sie vom Könige in Pohlen herrliche Privilegien und Güter davon trug. Das vortrefliche Privilegium Sigismundi Augusti vom 6ten Tage nach Catharinen 1561 ist ohne Zweifel eine Frucht dieses durch den kaiserlichen Schutz erhaltenen Vorzuges für das ganze Liefland. Die Verbindung des Schwerdtbrüderordens mit dem deutschen Orden in Preus- sen beweiset die Oberherrschaft des deutschen Reichs über Liefland eben so wenig; weil der deutsche Orden eben so wol von einigen Privatleuten, nemlich bremischen und lübischen Bürgern angefangen worden, als der liefländische, und also seine Stiftung nicht dem Reiche und dessen Gütern zu danken hat. Daher bekümmerte sich das Reich um die mit Preussen vorgegangene Aenderung 1454 so wenig als um die liefländische. Mascov, Hoffmann, Legnich, Lilienthal und der Kanzler Ludwig haben schon Preussens Jndependenz vom römischen Reiche weitläuftig er- wiesen *). Siehe das erleuterte Preussen B. V, S. 647. Mit welchen Gründen würde man die Unterthänigkeit Lieflands unter dem Reiche behaupten können, da Preussen noch mit dem Kaiser zu thun hatte? Zuletzt bemerken wir noch, daß der Ordensmeister und seine Mitgebietiger, die Erz- und Bischöfe mit ihren Kapiteln, das Regiment in Gemeinschaft unumschränkt geführet haben. Sie setzten Regenten ab und ein, wie eine freie Republik zu thun pfleget: doch alles unter päpstlichem und kaiserlichem Schutze. Nur die Eifersucht der Stände wider einander unterbrach diese glückliche Regierungsart gar zu oft. Ei- ner glaubte von dem andern, er wolle sein Land von dem heiligen römischen Reiche trennen. Der Bischof Arnold zu Revel sahe es für eine Verrätherey an, daß man Schweden ein gutes Auge machte. Alle Freundschaft mit den Nachbarn wurde ver- dächtig. Der Klagen wurden zu viel, und den Schutzherrn das Amt saurer gemacht. Der Papst ward desselben überdrüßig, weil ganz Liefland fast die päpstliche Lehre verlies. Der Kaiser ward auch gleichgültig, weil Liefland mehr forderte als es dem Reiche einbrachte. Also nahm dieses freie und ununterwürfige Regiment durch die Un- terwerfung unter Pohlen, bey vielen Thränen der damaligen Zeugen, sein verhängnis- volles Ende. *) Diese Schriftsteller richten ihren Satz weit schärfer ein. Sie beweisen daß Preussen niemals un-
ter keinerley Namen dem römischen Reiche unterwürfig gewesen, daß es nie zum römischen Reiche gehöret, daß alle actus possessorii des Reichs auf Preussen für unrechtmäßig angemasset zu halten. Man kan ihre Gründe mit leichterem Fortgang auf Liefland anwenden. Uns be- gnüget nur hier gewiesen zu haben, daß der Kaiser nie Landesherr, sondern Schutzherr von Liefland, und die alten freien Liefländer nicht Unterthanen, sondern Schutzgenossen des rö- mischen Reichs gewesen. Eben treffen wir wider unser Vermuthen von der Jndependenz und Souverainität der liefländischen alten Stände gleiche Gedanken an, die der Herr Kanzler von Ludwig seinem Russov beigeschrieben. Sie finden sich abgedruckt in dem Catalogus, darin der Rest seiner aus der Auction nicht abgeholten und eingelösten Bücher verzeichnet stehet, und lauten S. 192 also: Anno 1204 (1201 debuit scribere Vir Illustris) idem papa, non imperator, nouum ordinem instituit cruciferorum, qui arma verteret in paganos Liuonos, sibique ha- beret, quidquid sibi vindicaret ferro, sed tamen in cli[e]ntela pontificali. Sed a. 1238 papae consilio hi ordines subiecti Teutonicis in Porussia, qui illis inde magistros dederunt; (Or- dens-Meister) contra Porussiae magistri inde adpellati sunt Hohemeisters vel Hochmeisters. In- de Dani, Sueci, Russi multa bella in Liuonia. Quorum iugo vt se subtraherent ordines, haud dubie maluerunt subesse S. R. I. Verum de nexu aliquo, quem subierunt cruciferi vl- tro, nihil habetur in annalibus. Vnde eadem facies, quae Teutonicorum in Porussia: nisi quod magister Porussicus omnia habuit sub imperio suo, non crucifer in Liuonia, vbi epi- scopi, Dorpatensis, Reualiensis, Rigensis, Curlandiae in ciuilibus sui iuris erant, neque vl- lum agnouerant dominum, sed regnarunt in societate prouincialium ordinum cum omni imperio (souverain, absolut). Fabulae ergo sunt inanes, Germanico Imperio addictam esse Liuoniam. Crescente tamen in Liuonia Russorum potentia, tum demum Rigensis archiepi- scopus obtulit obsequia sua Carolo V, et magister factus Imperii princeps. Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter. .Die le zu Rathe gieng, ob es rathſamer ſey, kaiſerlich zu werden oder nicht. Doch fruch- tete dieſes ſo viel, daß ſie vom Koͤnige in Pohlen herrliche Privilegien und Guͤter davon trug. Das vortrefliche Privilegium Sigismundi Auguſti vom 6ten Tage nach Catharinen 1561 iſt ohne Zweifel eine Frucht dieſes durch den kaiſerlichen Schutz erhaltenen Vorzuges fuͤr das ganze Liefland. Die Verbindung des Schwerdtbruͤderordens mit dem deutſchen Orden in Preuſ- ſen beweiſet die Oberherrſchaft des deutſchen Reichs uͤber Liefland eben ſo wenig; weil der deutſche Orden eben ſo wol von einigen Privatleuten, nemlich bremiſchen und luͤbiſchen Buͤrgern angefangen worden, als der lieflaͤndiſche, und alſo ſeine Stiftung nicht dem Reiche und deſſen Guͤtern zu danken hat. Daher bekuͤmmerte ſich das Reich um die mit Preuſſen vorgegangene Aenderung 1454 ſo wenig als um die lieflaͤndiſche. Maſcov, Hoffmann, Legnich, Lilienthal und der Kanzler Ludwig haben ſchon Preuſſens Jndependenz vom roͤmiſchen Reiche weitlaͤuftig er- wieſen *). Siehe das erleuterte Preuſſen B. V, S. 647. Mit welchen Gruͤnden wuͤrde man die Unterthaͤnigkeit Lieflands unter dem Reiche behaupten koͤnnen, da Preuſſen noch mit dem Kaiſer zu thun hatte? Zuletzt bemerken wir noch, daß der Ordensmeiſter und ſeine Mitgebietiger, die Erz- und Biſchoͤfe mit ihren Kapiteln, das Regiment in Gemeinſchaft unumſchraͤnkt gefuͤhret haben. Sie ſetzten Regenten ab und ein, wie eine freie Republik zu thun pfleget: doch alles unter paͤpſtlichem und kaiſerlichem Schutze. Nur die Eiferſucht der Staͤnde wider einander unterbrach dieſe gluͤckliche Regierungsart gar zu oft. Ei- ner glaubte von dem andern, er wolle ſein Land von dem heiligen roͤmiſchen Reiche trennen. Der Biſchof Arnold zu Revel ſahe es fuͤr eine Verraͤtherey an, daß man Schweden ein gutes Auge machte. Alle Freundſchaft mit den Nachbarn wurde ver- daͤchtig. Der Klagen wurden zu viel, und den Schutzherrn das Amt ſaurer gemacht. Der Papſt ward deſſelben uͤberdruͤßig, weil ganz Liefland faſt die paͤpſtliche Lehre verlies. Der Kaiſer ward auch gleichguͤltig, weil Liefland mehr forderte als es dem Reiche einbrachte. Alſo nahm dieſes freie und ununterwuͤrfige Regiment durch die Un- terwerfung unter Pohlen, bey vielen Thraͤnen der damaligen Zeugen, ſein verhaͤngnis- volles Ende. *) Dieſe Schriftſteller richten ihren Satz weit ſchaͤrfer ein. Sie beweiſen daß Preuſſen niemals un-
ter keinerley Namen dem roͤmiſchen Reiche unterwuͤrfig geweſen, daß es nie zum roͤmiſchen Reiche gehoͤret, daß alle actus poſſeſſorii des Reichs auf Preuſſen fuͤr unrechtmaͤßig angemaſſet zu halten. Man kan ihre Gruͤnde mit leichterem Fortgang auf Liefland anwenden. Uns be- gnuͤget nur hier gewieſen zu haben, daß der Kaiſer nie Landesherr, ſondern Schutzherr von Liefland, und die alten freien Lieflaͤnder nicht Unterthanen, ſondern Schutzgenoſſen des roͤ- miſchen Reichs geweſen. Eben treffen wir wider unſer Vermuthen von der Jndependenz und Souverainitaͤt der lieflaͤndiſchen alten Staͤnde gleiche Gedanken an, die der Herr Kanzler von Ludwig ſeinem Ruſſov beigeſchrieben. Sie finden ſich abgedruckt in dem Catalogus, darin der Reſt ſeiner aus der Auction nicht abgeholten und eingeloͤſten Buͤcher verzeichnet ſtehet, und lauten S. 192 alſo: Anno 1204 (1201 debuit ſcribere Vir Illuſtris) idem papa, non imperator, nouum ordinem inſtituit cruciferorum, qui arma verteret in paganos Liuonos, ſibique ha- beret, quidquid ſibi vindicaret ferro, ſed tamen in cli[e]ntela pontificali. Sed a. 1238 papae conſilio hi ordines ſubiecti Teutonicis in Poruſſia, qui illis inde magiſtros dederunt; (Or- dens-Meiſter) contra Poruſſiae magiſtri inde adpellati ſunt Hohemeiſters vel Hochmeiſters. In- de Dani, Sueci, Ruſſi multa bella in Liuonia. Quorum iugo vt ſe ſubtraherent ordines, haud dubie maluerunt ſubeſſe S. R. I. Verum de nexu aliquo, quem ſubierunt cruciferi vl- tro, nihil habetur in annalibus. Vnde eadem facies, quae Teutonicorum in Poruſſia: niſi quod magiſter Poruſſicus omnia habuit ſub imperio ſuo, non crucifer in Liuonia, vbi epi- ſcopi, Dorpatenſis, Reualienſis, Rigenſis, Curlandiae in ciuilibus ſui iuris erant, neque vl- lum agnouerant dominum, ſed regnarunt in ſocietate prouincialium ordinum cum omni imperio (ſouverain, abſolut). Fabulae ergo ſunt inanes, Germanico Imperio addictam eſſe Liuoniam. Creſcente tamen in Liuonia Ruſſorum potentia, tum demum Rigenſis archiepi- ſcopus obtulit obſequia ſua Carolo V, et magiſter factus Imperii princeps. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0318" n="300"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter.</hi></fw><lb/><note xml:id="i94" prev="#i93" place="foot" n="x)">le zu Rathe gieng, ob es rathſamer ſey, kaiſerlich zu werden oder nicht. 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tete dieſes ſo viel, daß ſie vom Koͤnige in Pohlen herrliche Privilegien und Guͤter
davon trug. Das vortrefliche Privilegium Sigismundi Auguſti vom 6ten Tage
nach Catharinen 1561 iſt ohne Zweifel eine Frucht dieſes durch den kaiſerlichen Schutz
erhaltenen Vorzuges fuͤr das ganze Liefland.
Die Verbindung des Schwerdtbruͤderordens mit dem deutſchen Orden in Preuſ-
ſen beweiſet die Oberherrſchaft des deutſchen Reichs uͤber Liefland eben ſo wenig;
weil der deutſche Orden eben ſo wol von einigen Privatleuten, nemlich bremiſchen
und luͤbiſchen Buͤrgern angefangen worden, als der lieflaͤndiſche, und alſo ſeine
Stiftung nicht dem Reiche und deſſen Guͤtern zu danken hat. Daher bekuͤmmerte ſich
das Reich um die mit Preuſſen vorgegangene Aenderung 1454 ſo wenig als um die
lieflaͤndiſche. Maſcov, Hoffmann, Legnich, Lilienthal und der Kanzler
Ludwig haben ſchon Preuſſens Jndependenz vom roͤmiſchen Reiche weitlaͤuftig er-
wieſen *). Siehe das erleuterte Preuſſen B. V, S. 647. Mit welchen Gruͤnden
wuͤrde man die Unterthaͤnigkeit Lieflands unter dem Reiche behaupten koͤnnen, da
Preuſſen noch mit dem Kaiſer zu thun hatte?
Zuletzt bemerken wir noch, daß der Ordensmeiſter und ſeine Mitgebietiger, die
Erz- und Biſchoͤfe mit ihren Kapiteln, das Regiment in Gemeinſchaft unumſchraͤnkt
gefuͤhret haben. Sie ſetzten Regenten ab und ein, wie eine freie Republik zu thun
pfleget: doch alles unter paͤpſtlichem und kaiſerlichem Schutze. Nur die Eiferſucht
der Staͤnde wider einander unterbrach dieſe gluͤckliche Regierungsart gar zu oft. Ei-
ner glaubte von dem andern, er wolle ſein Land von dem heiligen roͤmiſchen Reiche
trennen. Der Biſchof Arnold zu Revel ſahe es fuͤr eine Verraͤtherey an, daß man
Schweden ein gutes Auge machte. Alle Freundſchaft mit den Nachbarn wurde ver-
daͤchtig. Der Klagen wurden zu viel, und den Schutzherrn das Amt ſaurer gemacht.
Der Papſt ward deſſelben uͤberdruͤßig, weil ganz Liefland faſt die paͤpſtliche Lehre
verlies. Der Kaiſer ward auch gleichguͤltig, weil Liefland mehr forderte als es dem
Reiche einbrachte. Alſo nahm dieſes freie und ununterwuͤrfige Regiment durch die Un-
terwerfung unter Pohlen, bey vielen Thraͤnen der damaligen Zeugen, ſein verhaͤngnis-
volles Ende.
*) Dieſe Schriftſteller richten ihren Satz weit ſchaͤrfer ein. Sie beweiſen daß Preuſſen niemals un-
ter keinerley Namen dem roͤmiſchen Reiche unterwuͤrfig geweſen, daß es nie zum roͤmiſchen
Reiche gehoͤret, daß alle actus poſſeſſorii des Reichs auf Preuſſen fuͤr unrechtmaͤßig angemaſſet
zu halten. Man kan ihre Gruͤnde mit leichterem Fortgang auf Liefland anwenden. Uns be-
gnuͤget nur hier gewieſen zu haben, daß der Kaiſer nie Landesherr, ſondern Schutzherr von
Liefland, und die alten freien Lieflaͤnder nicht Unterthanen, ſondern Schutzgenoſſen des roͤ-
miſchen Reichs geweſen. Eben treffen wir wider unſer Vermuthen von der Jndependenz und
Souverainitaͤt der lieflaͤndiſchen alten Staͤnde gleiche Gedanken an, die der Herr Kanzler von
Ludwig ſeinem Ruſſov beigeſchrieben. Sie finden ſich abgedruckt in dem Catalogus, darin der
Reſt ſeiner aus der Auction nicht abgeholten und eingeloͤſten Buͤcher verzeichnet ſtehet, und lauten
S. 192 alſo: Anno 1204 (1201 debuit ſcribere Vir Illuſtris) idem papa, non imperator,
nouum ordinem inſtituit cruciferorum, qui arma verteret in paganos Liuonos, ſibique ha-
beret, quidquid ſibi vindicaret ferro, ſed tamen in clientela pontificali. Sed a. 1238 papae
conſilio hi ordines ſubiecti Teutonicis in Poruſſia, qui illis inde magiſtros dederunt; (Or-
dens-Meiſter) contra Poruſſiae magiſtri inde adpellati ſunt Hohemeiſters vel Hochmeiſters. In-
de Dani, Sueci, Ruſſi multa bella in Liuonia. Quorum iugo vt ſe ſubtraherent ordines,
haud dubie maluerunt ſubeſſe S. R. I. Verum de nexu aliquo, quem ſubierunt cruciferi vl-
tro, nihil habetur in annalibus. Vnde eadem facies, quae Teutonicorum in Poruſſia: niſi
quod magiſter Poruſſicus omnia habuit ſub imperio ſuo, non crucifer in Liuonia, vbi epi-
ſcopi, Dorpatenſis, Reualienſis, Rigenſis, Curlandiae in ciuilibus ſui iuris erant, neque vl-
lum agnouerant dominum, ſed regnarunt in ſocietate prouincialium ordinum cum omni
imperio (ſouverain, abſolut). Fabulae ergo ſunt inanes, Germanico Imperio addictam eſſe
Liuoniam. Creſcente tamen in Liuonia Ruſſorum potentia, tum demum Rigenſis archiepi-
ſcopus obtulit obſequia ſua Carolo V, et magiſter factus Imperii princeps.
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