Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Erzb. Wilhelm. zur Zeit der Regiegung Herman v. Brüggeney.
Erlernung der Gottesfurcht, Künste und guten Sitten nicht entbehret werden1545
können, so bleiben sie in Schutz der Obrigkeit, nur daß alle Unordnung, alles
Ein- und Auslaufen abgeschaft sey, und die Freunde nicht, wie bisher, selbige
ausnehmen, sondern daß sie von den Conventsgütern ziemlich und nothdürftig er-
halten werden. Alle adliche Jungfrauen enthalten sich andern zum Exempel alles
Affens (Apens) sonderlich im Tanzen; die gemeinen Diener zumal enthalten sich
des unhöflichen Scherzens und Handgeberden mit denselben, lassen das Affen
nach, und erzeigen sich ihrem Stande gleichmäßig. Niemand spannet des andern
Diener ab, und nimt sie ohne Pasbrief auf. Die Ritterschaft des Erzstifts Ri-
ga appelliret von einem Manntage bis zum andern an die hohe Obrigkeit; die in
den übrigen Stiften halten es mit der Apellation nach dem alten. Die in Harrien
und Wirland richten sich nach ihren königlichen Privilegien. Die 2 oder 3 mal
in ein Pfand versiegeln, sind Ehrenlos. Wer unleidliche Schmähworte braucht,
wird nach kaiserlichen und Landsrechten gestrafet. Wer Waldener ist, und mit
dem Rechte der Landesobrigkeit sich nicht begnüget, fält in Strafe des Rechts.
Solten Frau, Söhne, Töchter, Knechte, Gesinde und Nachkommen gegen
diese Gesetze freveln, so ist ihnen eine Poen von 200 rheinischen Gülden ange-
setzt. Unterzeichnet haben aus dem Erzstift Riga Jürg Krüdner zu Rosen-
beck, Jürg. von Rosen zu Nabbe, Göddert von Theilen zu Treiden
und Kokenhausen Stiftsvogt, Joh. von Rosen zu Hochrosen, Jac. von
der Pahle, Didr. von Rosen. Aus dem Stift Dörpt. Johan Wran-
gel zu Regel und Rogel, Pet. Stakelberg, Heinrich und Fabian von
Tisenhausen Räthe, Jürgen Kursel, Joh. Meks und Elerd Kruse.
Aus dem Stift Oesel Otto Uxkül zu Vickel, Wolm. von Treiden, Joh.
Farensbeke, Didr. Brakel, Claus Uxkül, Claus von Ungern. Aus
Harrien, Johan Taube zu Mart, Lorentz Fersen, Johann Bre-
men, Ebert Dücker. Aus Wirland Jacob von Löwenwolde, Thu-
we von Bremen, Otto Gilsen, Arend von Asseri. Aus dem Stifte
Curland Otto von Sacken. Etliche Junker und gute Männer aus Jer-
wen, Curland, aus allen Gebietern und aus den Lehnrechten in Volmacht der
gemeinen Ritterschaft: Johan von Bockhorst, Lorentz Schungel, Pe-
ter Robel, Wolt. von Plettenberg, Philip von der Brüggen, Jürg.
von dem Velde, Johan Wrangel von Wedema, Joh. Firx, und Gerd
Doenhoff.

Brüggeney fand bey den schweren Regimentssorgen und seiner Schwach-
heit für rathsam, einen Coadiutor anzunehmen, zu welchem Amte denn Johan
von der Recke erkohren ward. Die Stadt Riga verstand sich auch zu dessen Huldi-
gung, worüber zu Neuermühlen Sontags nach Luciä ein Vergleich errichtet1546
wurde, wie es dabey gehalten werden solte. Sie hielt es zugleich für gefähr-
lich, dem Orden allein zu huldigen; weswegen sie den Erzbischof den 16 Jahre
lang verweigerten Eid gutwillig anbot. Es schien dabey ihre Absicht zu seyn, ei-
ner von beiden Parteien durch ihren Beitrit das Uebergewicht zu geben, oder we-
nigstens das Gleichgewichte unter ihnen zu erhalten, und solchergestalt zwischen
beiden Eifersucht zu erwecken und von einer jeden das zu erlangen, was ihrer Si-
cherheit zuträglich seyn konte. Hierzu kam der almälig eingegangene schmalkal-
dische Bund; weswegen die Stadt von Seiten des Erzbischofs nicht nur Ver-
drus besorgte, sondern auch bald die Wirkungen davon erfuhr; und die erzbischö-
fliche Titulation eines Marrggrafen zu Brandenburg, zu Stettin, Pom-
mern, der Cassuben, und Wenden Herzogs, Burggrafens zu Nürnberg und
Fürsten zu Rügen, wie sich Wilhelm zu schreiben pflegte, hatte einen gar zu lan-
gen und gehäßigen Klang. Ausser dem hatte sich schon der Erzbischof, die Bischöfe
und der Ordensmeister nebst seinen Comturen am 28sten Jul. zu Wolmer aufs
beste erkläret, den übrigen Ständen zum Verdrus keinen Befehl auszuwirken,
die von der Art bereits vorhandenen zu vernichten, und blos bey der Kleiderbulle

und
G g g 2

Erzb. Wilhelm. zur Zeit der Regiegung Herman v. Bruͤggeney.
Erlernung der Gottesfurcht, Kuͤnſte und guten Sitten nicht entbehret werden1545
koͤnnen, ſo bleiben ſie in Schutz der Obrigkeit, nur daß alle Unordnung, alles
Ein- und Auslaufen abgeſchaft ſey, und die Freunde nicht, wie bisher, ſelbige
ausnehmen, ſondern daß ſie von den Conventsguͤtern ziemlich und nothduͤrftig er-
halten werden. Alle adliche Jungfrauen enthalten ſich andern zum Exempel alles
Affens (Apens) ſonderlich im Tanzen; die gemeinen Diener zumal enthalten ſich
des unhoͤflichen Scherzens und Handgeberden mit denſelben, laſſen das Affen
nach, und erzeigen ſich ihrem Stande gleichmaͤßig. Niemand ſpannet des andern
Diener ab, und nimt ſie ohne Pasbrief auf. Die Ritterſchaft des Erzſtifts Ri-
ga appelliret von einem Manntage bis zum andern an die hohe Obrigkeit; die in
den uͤbrigen Stiften halten es mit der Apellation nach dem alten. Die in Harrien
und Wirland richten ſich nach ihren koͤniglichen Privilegien. Die 2 oder 3 mal
in ein Pfand verſiegeln, ſind Ehrenlos. Wer unleidliche Schmaͤhworte braucht,
wird nach kaiſerlichen und Landsrechten geſtrafet. Wer Waldener iſt, und mit
dem Rechte der Landesobrigkeit ſich nicht begnuͤget, faͤlt in Strafe des Rechts.
Solten Frau, Soͤhne, Toͤchter, Knechte, Geſinde und Nachkommen gegen
dieſe Geſetze freveln, ſo iſt ihnen eine Poen von 200 rheiniſchen Guͤlden ange-
ſetzt. Unterzeichnet haben aus dem Erzſtift Riga Juͤrg Kruͤdner zu Roſen-
beck, Juͤrg. von Roſen zu Nabbe, Goͤddert von Theilen zu Treiden
und Kokenhauſen Stiftsvogt, Joh. von Roſen zu Hochroſen, Jac. von
der Pahle, Didr. von Roſen. Aus dem Stift Doͤrpt. Johan Wran-
gel zu Regel und Rogel, Pet. Stakelberg, Heinrich und Fabian von
Tiſenhauſen Raͤthe, Juͤrgen Kurſel, Joh. Meks und Elerd Kruſe.
Aus dem Stift Oeſel Otto Uxkuͤl zu Vickel, Wolm. von Treiden, Joh.
Farensbeke, Didr. Brakel, Claus Uxkuͤl, Claus von Ungern. Aus
Harrien, Johan Taube zu Mart, Lorentz Ferſen, Johann Bre-
men, Ebert Duͤcker. Aus Wirland Jacob von Loͤwenwolde, Thu-
we von Bremen, Otto Gilſen, Arend von Aſſeri. Aus dem Stifte
Curland Otto von Sacken. Etliche Junker und gute Maͤnner aus Jer-
wen, Curland, aus allen Gebietern und aus den Lehnrechten in Volmacht der
gemeinen Ritterſchaft: Johan von Bockhorſt, Lorentz Schungel, Pe-
ter Robel, Wolt. von Plettenberg, Philip von der Bruͤggen, Juͤrg.
von dem Velde, Johan Wrangel von Wedema, Joh. Firx, und Gerd
Doenhoff.

Bruͤggeney fand bey den ſchweren Regimentsſorgen und ſeiner Schwach-
heit fuͤr rathſam, einen Coadiutor anzunehmen, zu welchem Amte denn Johan
von der Recke erkohren ward. Die Stadt Riga verſtand ſich auch zu deſſen Huldi-
gung, woruͤber zu Neuermuͤhlen Sontags nach Luciaͤ ein Vergleich errichtet1546
wurde, wie es dabey gehalten werden ſolte. Sie hielt es zugleich fuͤr gefaͤhr-
lich, dem Orden allein zu huldigen; weswegen ſie den Erzbiſchof den 16 Jahre
lang verweigerten Eid gutwillig anbot. Es ſchien dabey ihre Abſicht zu ſeyn, ei-
ner von beiden Parteien durch ihren Beitrit das Uebergewicht zu geben, oder we-
nigſtens das Gleichgewichte unter ihnen zu erhalten, und ſolchergeſtalt zwiſchen
beiden Eiferſucht zu erwecken und von einer jeden das zu erlangen, was ihrer Si-
cherheit zutraͤglich ſeyn konte. Hierzu kam der almaͤlig eingegangene ſchmalkal-
diſche Bund; weswegen die Stadt von Seiten des Erzbiſchofs nicht nur Ver-
drus beſorgte, ſondern auch bald die Wirkungen davon erfuhr; und die erzbiſchoͤ-
fliche Titulation eines Marrggrafen zu Brandenburg, zu Stettin, Pom-
mern, der Caſſuben, und Wenden Herzogs, Burggrafens zu Nuͤrnberg und
Fuͤrſten zu Ruͤgen, wie ſich Wilhelm zu ſchreiben pflegte, hatte einen gar zu lan-
gen und gehaͤßigen Klang. Auſſer dem hatte ſich ſchon der Erzbiſchof, die Biſchoͤfe
und der Ordensmeiſter nebſt ſeinen Comturen am 28ſten Jul. zu Wolmer aufs
beſte erklaͤret, den uͤbrigen Staͤnden zum Verdrus keinen Befehl auszuwirken,
die von der Art bereits vorhandenen zu vernichten, und blos bey der Kleiderbulle

und
G g g 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0229" n="211"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Erzb. Wilhelm. zur Zeit der Regiegung Herman v. Bru&#x0364;ggeney.</hi></fw><lb/>
Erlernung der Gottesfurcht, Ku&#x0364;n&#x017F;te und guten Sitten nicht entbehret werden<note place="right">1545</note><lb/>
ko&#x0364;nnen, &#x017F;o bleiben &#x017F;ie in Schutz der Obrigkeit, nur daß alle Unordnung, alles<lb/>
Ein- und Auslaufen abge&#x017F;chaft &#x017F;ey, und die Freunde nicht, wie bisher, &#x017F;elbige<lb/>
ausnehmen, &#x017F;ondern daß &#x017F;ie von den Conventsgu&#x0364;tern ziemlich und nothdu&#x0364;rftig er-<lb/>
halten werden. Alle adliche Jungfrauen enthalten &#x017F;ich andern zum Exempel alles<lb/><hi rendition="#fr">Affens</hi> (Apens) &#x017F;onderlich im Tanzen; die gemeinen Diener zumal enthalten &#x017F;ich<lb/>
des unho&#x0364;flichen Scherzens und Handgeberden mit den&#x017F;elben, la&#x017F;&#x017F;en das <hi rendition="#fr">Affen</hi><lb/>
nach, und erzeigen &#x017F;ich ihrem Stande gleichma&#x0364;ßig. Niemand &#x017F;pannet des andern<lb/>
Diener ab, und nimt &#x017F;ie ohne Pasbrief auf. Die Ritter&#x017F;chaft des Erz&#x017F;tifts <hi rendition="#fr">Ri-<lb/>
ga</hi> appelliret von einem Manntage bis zum andern an die hohe Obrigkeit; die in<lb/>
den u&#x0364;brigen Stiften halten es mit der Apellation nach dem alten. Die in <hi rendition="#fr">Harrien</hi><lb/>
und <hi rendition="#fr">Wirland</hi> richten &#x017F;ich nach ihren ko&#x0364;niglichen Privilegien. Die 2 oder 3 mal<lb/>
in ein Pfand ver&#x017F;iegeln, &#x017F;ind Ehrenlos. Wer unleidliche Schma&#x0364;hworte braucht,<lb/>
wird nach kai&#x017F;erlichen und Landsrechten ge&#x017F;trafet. Wer <hi rendition="#fr">Waldener</hi> i&#x017F;t, und mit<lb/>
dem Rechte der Landesobrigkeit &#x017F;ich nicht begnu&#x0364;get, fa&#x0364;lt in Strafe des Rechts.<lb/>
Solten Frau, So&#x0364;hne, To&#x0364;chter, Knechte, Ge&#x017F;inde und Nachkommen gegen<lb/>
die&#x017F;e Ge&#x017F;etze freveln, &#x017F;o i&#x017F;t ihnen eine Poen von 200 <hi rendition="#fr">rheini&#x017F;chen</hi> Gu&#x0364;lden ange-<lb/>
&#x017F;etzt. Unterzeichnet haben aus dem Erz&#x017F;tift <hi rendition="#fr">Riga Ju&#x0364;rg Kru&#x0364;dner</hi> zu <hi rendition="#fr">Ro&#x017F;en-<lb/>
beck, Ju&#x0364;rg.</hi> von <hi rendition="#fr">Ro&#x017F;en</hi> zu <hi rendition="#fr">Nabbe, Go&#x0364;ddert</hi> von <hi rendition="#fr">Theilen</hi> zu <hi rendition="#fr">Treiden</hi><lb/>
und <hi rendition="#fr">Kokenhau&#x017F;en</hi> Stiftsvogt, <hi rendition="#fr">Joh.</hi> von <hi rendition="#fr">Ro&#x017F;en</hi> zu <hi rendition="#fr">Hochro&#x017F;en, Jac.</hi> von<lb/>
der <hi rendition="#fr">Pahle, Didr.</hi> von <hi rendition="#fr">Ro&#x017F;en.</hi> Aus dem Stift <hi rendition="#fr">Do&#x0364;rpt. Johan Wran-<lb/>
gel</hi> zu <hi rendition="#fr">Regel</hi> und <hi rendition="#fr">Rogel, Pet. Stakelberg, Heinrich</hi> und <hi rendition="#fr">Fabian</hi> von<lb/><hi rendition="#fr">Ti&#x017F;enhau&#x017F;en</hi> Ra&#x0364;the, <hi rendition="#fr">Ju&#x0364;rgen Kur&#x017F;el, Joh. Meks</hi> und <hi rendition="#fr">Elerd Kru&#x017F;e.</hi><lb/>
Aus dem Stift <hi rendition="#fr">Oe&#x017F;el Otto Uxku&#x0364;l</hi> zu <hi rendition="#fr">Vickel, Wolm.</hi> von <hi rendition="#fr">Treiden, Joh.<lb/>
Farensbeke, Didr. Brakel, Claus Uxku&#x0364;l, Claus</hi> von <hi rendition="#fr">Ungern.</hi> Aus<lb/><hi rendition="#fr">Harrien, Johan Taube</hi> zu <hi rendition="#fr">Mart, Lorentz Fer&#x017F;en, Johann Bre-<lb/>
men, Ebert Du&#x0364;cker.</hi> Aus <hi rendition="#fr">Wirland Jacob</hi> von <hi rendition="#fr">Lo&#x0364;wenwolde, Thu-<lb/>
we</hi> von <hi rendition="#fr">Bremen, Otto Gil&#x017F;en, Arend</hi> von <hi rendition="#fr">A&#x017F;&#x017F;eri.</hi> Aus dem Stifte<lb/><hi rendition="#fr">Curland Otto</hi> von <hi rendition="#fr">Sacken.</hi> Etliche Junker und gute Ma&#x0364;nner aus <hi rendition="#fr">Jer-<lb/>
wen, Curland,</hi> aus allen Gebietern und aus den Lehnrechten in Volmacht der<lb/>
gemeinen Ritter&#x017F;chaft: <hi rendition="#fr">Johan</hi> von <hi rendition="#fr">Bockhor&#x017F;t, Lorentz Schungel, Pe-<lb/>
ter Robel, Wolt.</hi> von <hi rendition="#fr">Plettenberg, Philip</hi> von der <hi rendition="#fr">Bru&#x0364;ggen, Ju&#x0364;rg.</hi><lb/>
von dem <hi rendition="#fr">Velde, Johan Wrangel</hi> von <hi rendition="#fr">Wedema, Joh. Firx,</hi> und <hi rendition="#fr">Gerd<lb/>
Doenhoff.</hi></p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Bru&#x0364;ggeney</hi> fand bey den &#x017F;chweren Regiments&#x017F;orgen und &#x017F;einer Schwach-<lb/>
heit fu&#x0364;r rath&#x017F;am, einen Coadiutor anzunehmen, zu welchem Amte denn <hi rendition="#fr">Johan</hi><lb/>
von der <hi rendition="#fr">Recke</hi> erkohren ward. Die Stadt <hi rendition="#fr">Riga</hi> ver&#x017F;tand &#x017F;ich auch zu de&#x017F;&#x017F;en Huldi-<lb/>
gung, woru&#x0364;ber zu <hi rendition="#fr">Neuermu&#x0364;hlen</hi> Sontags nach <hi rendition="#fr">Lucia&#x0364;</hi> ein Vergleich errichtet<note place="right">1546</note><lb/>
wurde, wie es dabey gehalten werden &#x017F;olte. Sie hielt es zugleich fu&#x0364;r gefa&#x0364;hr-<lb/>
lich, dem Orden allein zu huldigen; weswegen &#x017F;ie den Erzbi&#x017F;chof den 16 Jahre<lb/>
lang verweigerten Eid gutwillig anbot. Es &#x017F;chien dabey ihre Ab&#x017F;icht zu &#x017F;eyn, ei-<lb/>
ner von beiden Parteien durch ihren Beitrit das Uebergewicht zu geben, oder we-<lb/>
nig&#x017F;tens das Gleichgewichte unter ihnen zu erhalten, und &#x017F;olcherge&#x017F;talt zwi&#x017F;chen<lb/>
beiden Eifer&#x017F;ucht zu erwecken und von einer jeden das zu erlangen, was ihrer Si-<lb/>
cherheit zutra&#x0364;glich &#x017F;eyn konte. Hierzu kam der alma&#x0364;lig eingegangene <hi rendition="#fr">&#x017F;chmalkal-<lb/>
di&#x017F;che</hi> Bund; weswegen die Stadt von Seiten des Erzbi&#x017F;chofs nicht nur Ver-<lb/>
drus be&#x017F;orgte, &#x017F;ondern auch bald die Wirkungen davon erfuhr; und die erzbi&#x017F;cho&#x0364;-<lb/>
fliche Titulation eines Marrggrafen zu <hi rendition="#fr">Brandenburg,</hi> zu <hi rendition="#fr">Stettin, Pom-<lb/>
mern,</hi> der <hi rendition="#fr">Ca&#x017F;&#x017F;uben,</hi> und <hi rendition="#fr">Wenden</hi> Herzogs, Burggrafens zu <hi rendition="#fr">Nu&#x0364;rnberg</hi> und<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;ten zu <hi rendition="#fr">Ru&#x0364;gen,</hi> wie &#x017F;ich <hi rendition="#fr">Wilhelm</hi> zu &#x017F;chreiben pflegte, hatte einen gar zu lan-<lb/>
gen und geha&#x0364;ßigen Klang. Au&#x017F;&#x017F;er dem hatte &#x017F;ich &#x017F;chon der Erzbi&#x017F;chof, die Bi&#x017F;cho&#x0364;fe<lb/>
und der Ordensmei&#x017F;ter neb&#x017F;t &#x017F;einen Comturen am 28&#x017F;ten Jul. zu <hi rendition="#fr">Wolmer</hi> aufs<lb/>
be&#x017F;te erkla&#x0364;ret, den u&#x0364;brigen Sta&#x0364;nden zum Verdrus keinen Befehl auszuwirken,<lb/>
die von der Art bereits vorhandenen zu vernichten, und blos bey der Kleiderbulle<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">G g g 2</fw><fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[211/0229] Erzb. Wilhelm. zur Zeit der Regiegung Herman v. Bruͤggeney. Erlernung der Gottesfurcht, Kuͤnſte und guten Sitten nicht entbehret werden koͤnnen, ſo bleiben ſie in Schutz der Obrigkeit, nur daß alle Unordnung, alles Ein- und Auslaufen abgeſchaft ſey, und die Freunde nicht, wie bisher, ſelbige ausnehmen, ſondern daß ſie von den Conventsguͤtern ziemlich und nothduͤrftig er- halten werden. Alle adliche Jungfrauen enthalten ſich andern zum Exempel alles Affens (Apens) ſonderlich im Tanzen; die gemeinen Diener zumal enthalten ſich des unhoͤflichen Scherzens und Handgeberden mit denſelben, laſſen das Affen nach, und erzeigen ſich ihrem Stande gleichmaͤßig. Niemand ſpannet des andern Diener ab, und nimt ſie ohne Pasbrief auf. Die Ritterſchaft des Erzſtifts Ri- ga appelliret von einem Manntage bis zum andern an die hohe Obrigkeit; die in den uͤbrigen Stiften halten es mit der Apellation nach dem alten. Die in Harrien und Wirland richten ſich nach ihren koͤniglichen Privilegien. Die 2 oder 3 mal in ein Pfand verſiegeln, ſind Ehrenlos. Wer unleidliche Schmaͤhworte braucht, wird nach kaiſerlichen und Landsrechten geſtrafet. Wer Waldener iſt, und mit dem Rechte der Landesobrigkeit ſich nicht begnuͤget, faͤlt in Strafe des Rechts. Solten Frau, Soͤhne, Toͤchter, Knechte, Geſinde und Nachkommen gegen dieſe Geſetze freveln, ſo iſt ihnen eine Poen von 200 rheiniſchen Guͤlden ange- ſetzt. Unterzeichnet haben aus dem Erzſtift Riga Juͤrg Kruͤdner zu Roſen- beck, Juͤrg. von Roſen zu Nabbe, Goͤddert von Theilen zu Treiden und Kokenhauſen Stiftsvogt, Joh. von Roſen zu Hochroſen, Jac. von der Pahle, Didr. von Roſen. Aus dem Stift Doͤrpt. Johan Wran- gel zu Regel und Rogel, Pet. Stakelberg, Heinrich und Fabian von Tiſenhauſen Raͤthe, Juͤrgen Kurſel, Joh. Meks und Elerd Kruſe. Aus dem Stift Oeſel Otto Uxkuͤl zu Vickel, Wolm. von Treiden, Joh. Farensbeke, Didr. Brakel, Claus Uxkuͤl, Claus von Ungern. Aus Harrien, Johan Taube zu Mart, Lorentz Ferſen, Johann Bre- men, Ebert Duͤcker. Aus Wirland Jacob von Loͤwenwolde, Thu- we von Bremen, Otto Gilſen, Arend von Aſſeri. Aus dem Stifte Curland Otto von Sacken. Etliche Junker und gute Maͤnner aus Jer- wen, Curland, aus allen Gebietern und aus den Lehnrechten in Volmacht der gemeinen Ritterſchaft: Johan von Bockhorſt, Lorentz Schungel, Pe- ter Robel, Wolt. von Plettenberg, Philip von der Bruͤggen, Juͤrg. von dem Velde, Johan Wrangel von Wedema, Joh. Firx, und Gerd Doenhoff. 1545 Bruͤggeney fand bey den ſchweren Regimentsſorgen und ſeiner Schwach- heit fuͤr rathſam, einen Coadiutor anzunehmen, zu welchem Amte denn Johan von der Recke erkohren ward. Die Stadt Riga verſtand ſich auch zu deſſen Huldi- gung, woruͤber zu Neuermuͤhlen Sontags nach Luciaͤ ein Vergleich errichtet wurde, wie es dabey gehalten werden ſolte. Sie hielt es zugleich fuͤr gefaͤhr- lich, dem Orden allein zu huldigen; weswegen ſie den Erzbiſchof den 16 Jahre lang verweigerten Eid gutwillig anbot. Es ſchien dabey ihre Abſicht zu ſeyn, ei- ner von beiden Parteien durch ihren Beitrit das Uebergewicht zu geben, oder we- nigſtens das Gleichgewichte unter ihnen zu erhalten, und ſolchergeſtalt zwiſchen beiden Eiferſucht zu erwecken und von einer jeden das zu erlangen, was ihrer Si- cherheit zutraͤglich ſeyn konte. Hierzu kam der almaͤlig eingegangene ſchmalkal- diſche Bund; weswegen die Stadt von Seiten des Erzbiſchofs nicht nur Ver- drus beſorgte, ſondern auch bald die Wirkungen davon erfuhr; und die erzbiſchoͤ- fliche Titulation eines Marrggrafen zu Brandenburg, zu Stettin, Pom- mern, der Caſſuben, und Wenden Herzogs, Burggrafens zu Nuͤrnberg und Fuͤrſten zu Ruͤgen, wie ſich Wilhelm zu ſchreiben pflegte, hatte einen gar zu lan- gen und gehaͤßigen Klang. Auſſer dem hatte ſich ſchon der Erzbiſchof, die Biſchoͤfe und der Ordensmeiſter nebſt ſeinen Comturen am 28ſten Jul. zu Wolmer aufs beſte erklaͤret, den uͤbrigen Staͤnden zum Verdrus keinen Befehl auszuwirken, die von der Art bereits vorhandenen zu vernichten, und blos bey der Kleiderbulle und 1546 G g g 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/229
Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/229>, abgerufen am 27.04.2024.