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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

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Leben und Thaten der liefländischen Ordensmeister,
1502sern wurde dismal keins erobert. Der Knese Alexander Opalinsky belagerte
zwar Helmet, er sol aber von einen zum Entsatz herbey eilenden Haufen samt
1500 seiner Leute davor erschlagen seyn.

Wie nun hierbey jeder auf Plettenbergs Genesung hofte, und des Herrn
Meisters Gesundheit wieder hergestellet war; so zog dieser das zerstreute Heer wie-
der an sich, zahlte ihnen die Löhnung voraus, brachte 7000 Man Reuter, 1500
deutsche Fusgänger, 5000 curische und lettische, auch etliche 100 estnische
Bauren auf die Beine, versahe sich mit groben Geschütz, und nahm den Weg
nach Plescow zu. Zwey aufgefangene Russen gaben die feindliche Macht auf
90000 Man an, die auch am 13ten September gegen die Liefländer anrückten,
und sich in 12 Haufen zeigten. Die starke Artillerie des Ordensmeisters machte
unter den Russen viele Unordnung, und sollen von ihnen 40000 geblieben seyn,
da hingegen von Seiten der Liefländer nur 400 gemeine Soldaten, etliche Reu-
ter, ein Hauptman mit Namen Matthias Pernauer, sein Bruder der Lieut.
Heinrich Pernauer und der Fähnrich Conrad Schwarz geblieben. Die-
ser ungleiche Vortheil brachte die Russen zum Weichen, das Ordensheer aber
ruhete 3 Tage auf dem Schlachtfelde aus, weil es zum Nachsetzen zu müde war b).

Doch
b) Dieses doppelt glückliche Treffen wird von manchen Schriftstellern für eines gehalten,
da es doch in unterschiedenen Jahren geschehen; daher es denn gekommen, daß manches
dabey vergrössert worden. Bredenbach gehet ohne Zweifel zu weit, wenn er schreibt,
von den Tattarn wären an 100000 Man geblieben und hätten über 2 Meilen weit ge-
streckt gelegen, von deutscher Seite aber sey nur ein einziger dabey umgekommen.
Neustädt berichtet, die Liefländer hätten auf den Knien gefochten, und die Russen
selbst gestanden, sie hätten mit rechten Teufeln zu kämpfen gehabt. Weil sich Diony-
sius Fabricius
ärgert, daß die Lutheraner aus Neid gegen die Catholiken das
rechte Wunder verschweigen; so müssen wir hier wol melden, daß viele die heil. Ma-
rie
in der Luft Plettenbergen helfen gesehen. Von des Fähnrich Schwarzens
Edelmüthigkeit erzehlet der Baron Herberstein, daß er sich zugestossener Ohnmacht
wegen nach einem tapfern Ritter umgesehen, welcher ihm die Marienfahne etwas ab-
nähme, und als Lucas Hammerstädter, der sich von fürstl. braunschweigischem
Geblüt herleitete, darnach gegriffen, habe dieser sie keinem unechten Ritter anvertrau-
en wollen. Hammerstädt habe ihm hierauf die eine, und bey fernerer Weigerung
auch die andre Hand abgehauen. Allein Schwarz habe die Fahne noch mit den Zäh-
nen so fest gehalten, daß sie zerrissen. Mit den zerrissenen Stücken sey Hammerstädt
zu den Russen über gegangen, durch welchen Zufal die 400 Fusknechte verunglücket.
Kelch schreibet, daß Hammerstädt eine Trummel ergriffen; worin ihm Russov
vorgegangen. Der Ordensmeister Venator hat Plettenbergen dieses Sieges we-
gen mit Juda dem Maccabäer verglichen, welches Urtheil in Absicht des darauf er-
folgten dauerhaften Friedens richtiger haraus kömt, als was der Marquis von Lan-
geay
behauptet haben sol, nemlich daß nur 3 grosse Helden in der Welt gewesen, Alex-
ander
der grosse, Julius Cäsar und Plettenberg. Man sehe eines Ungenan-
ten Beschreibung von Liefland*), nach welcher Carl der XIte König in Schweden
noch gegen Plettenbergen die Hochachtung bezeugte, daß er sein Bildnis an dem
neu
*) Diese artige Schrift ist in 8 unter folgender Aufschrift in Druck gekommen: Description de la
Livonie avec une Relation de l' origine, du progres et de la decadence de l' ordre Teutoni-
que
, etc. A Utrecht chez Guillaume van Poolsum,
1705. Doch ist sie nur eine Uebersetzung
von dem Original, so 1701 zu London in gros 8, mit grobem Druck auf 360 Seiten, unter
folgender Ausschrift zum Vorschein kam: An Account of Livonia with a Relation of the Rise,
Progress and Decay of the Marian Teutonik Order.
Die französische Uebersetzung hat sich
in der alten Historie an Kelchens Vortrag gebunden, und ist zweien zu Utrecht befindlichen
Danzigern und zweien andern aus Riga zugeeignet. Vorne ist das Bildnis des Herzogs von
Curland, Fridr. Wilhelms vorgesetzt, Der Uebersetzer giebt sich für eine vom Verfasser un-
terschiedene Person aus. Der Verfasser, welcher der curländische Botschafter, Herr Baron
von Blomberg seyn sol, meldet viel merkwürdige Sachen; nur die Stellen von S. 195 bis
287 nebst noch etlichen andern, fand König Carl der XIIte nicht nach seinem Geschmack; daher
dieses Buch damals in Riga verboten worden. Doch hat diese Schrift auch ihre Fehler, wenn
z. E. S. 91 dem Alex. Guagnini schöne Entdeckungen in der liefländischen Historie zugeschrie-
ben werden, da sie doch dieser Zusammenschmierer aus Bredenbachen mit allen Worten genom-
men, ohne diesen Schriftsteller einmal zu nennen.

Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1502ſern wurde dismal keins erobert. Der Kneſe Alexander Opalinsky belagerte
zwar Helmet, er ſol aber von einen zum Entſatz herbey eilenden Haufen ſamt
1500 ſeiner Leute davor erſchlagen ſeyn.

Wie nun hierbey jeder auf Plettenbergs Geneſung hofte, und des Herrn
Meiſters Geſundheit wieder hergeſtellet war; ſo zog dieſer das zerſtreute Heer wie-
der an ſich, zahlte ihnen die Loͤhnung voraus, brachte 7000 Man Reuter, 1500
deutſche Fusgaͤnger, 5000 curiſche und lettiſche, auch etliche 100 eſtniſche
Bauren auf die Beine, verſahe ſich mit groben Geſchuͤtz, und nahm den Weg
nach Plescow zu. Zwey aufgefangene Ruſſen gaben die feindliche Macht auf
90000 Man an, die auch am 13ten September gegen die Lieflaͤnder anruͤckten,
und ſich in 12 Haufen zeigten. Die ſtarke Artillerie des Ordensmeiſters machte
unter den Ruſſen viele Unordnung, und ſollen von ihnen 40000 geblieben ſeyn,
da hingegen von Seiten der Lieflaͤnder nur 400 gemeine Soldaten, etliche Reu-
ter, ein Hauptman mit Namen Matthias Pernauer, ſein Bruder der Lieut.
Heinrich Pernauer und der Faͤhnrich Conrad Schwarz geblieben. Die-
ſer ungleiche Vortheil brachte die Ruſſen zum Weichen, das Ordensheer aber
ruhete 3 Tage auf dem Schlachtfelde aus, weil es zum Nachſetzen zu muͤde war b).

Doch
b) Dieſes doppelt gluͤckliche Treffen wird von manchen Schriftſtellern fuͤr eines gehalten,
da es doch in unterſchiedenen Jahren geſchehen; daher es denn gekommen, daß manches
dabey vergroͤſſert worden. Bredenbach gehet ohne Zweifel zu weit, wenn er ſchreibt,
von den Tattarn waͤren an 100000 Man geblieben und haͤtten uͤber 2 Meilen weit ge-
ſtreckt gelegen, von deutſcher Seite aber ſey nur ein einziger dabey umgekommen.
Neuſtaͤdt berichtet, die Lieflaͤnder haͤtten auf den Knien gefochten, und die Ruſſen
ſelbſt geſtanden, ſie haͤtten mit rechten Teufeln zu kaͤmpfen gehabt. Weil ſich Diony-
ſius Fabricius
aͤrgert, daß die Lutheraner aus Neid gegen die Catholiken das
rechte Wunder verſchweigen; ſo muͤſſen wir hier wol melden, daß viele die heil. Ma-
rie
in der Luft Plettenbergen helfen geſehen. Von des Faͤhnrich Schwarzens
Edelmuͤthigkeit erzehlet der Baron Herberſtein, daß er ſich zugeſtoſſener Ohnmacht
wegen nach einem tapfern Ritter umgeſehen, welcher ihm die Marienfahne etwas ab-
naͤhme, und als Lucas Hammerſtaͤdter, der ſich von fuͤrſtl. braunſchweigiſchem
Gebluͤt herleitete, darnach gegriffen, habe dieſer ſie keinem unechten Ritter anvertrau-
en wollen. Hammerſtaͤdt habe ihm hierauf die eine, und bey fernerer Weigerung
auch die andre Hand abgehauen. Allein Schwarz habe die Fahne noch mit den Zaͤh-
nen ſo feſt gehalten, daß ſie zerriſſen. Mit den zerriſſenen Stuͤcken ſey Hammerſtaͤdt
zu den Ruſſen uͤber gegangen, durch welchen Zufal die 400 Fusknechte verungluͤcket.
Kelch ſchreibet, daß Hammerſtaͤdt eine Trummel ergriffen; worin ihm Ruſſov
vorgegangen. Der Ordensmeiſter Venator hat Plettenbergen dieſes Sieges we-
gen mit Juda dem Maccabaͤer verglichen, welches Urtheil in Abſicht des darauf er-
folgten dauerhaften Friedens richtiger haraus koͤmt, als was der Marquis von Lan-
geay
behauptet haben ſol, nemlich daß nur 3 groſſe Helden in der Welt geweſen, Alex-
ander
der groſſe, Julius Caͤſar und Plettenberg. Man ſehe eines Ungenan-
ten Beſchreibung von Liefland*), nach welcher Carl der XIte Koͤnig in Schweden
noch gegen Plettenbergen die Hochachtung bezeugte, daß er ſein Bildnis an dem
neu
*) Dieſe artige Schrift iſt in 8 unter folgender Aufſchrift in Druck gekommen: Deſcription de la
Livonie avec une Relation de l’ origine, du progrès et de la decadence de l’ ordre Teutoni-
que
, etc. A Utrecht chez Guillaume van Poolſum,
1705. Doch iſt ſie nur eine Ueberſetzung
von dem Original, ſo 1701 zu London in gros 8, mit grobem Druck auf 360 Seiten, unter
folgender Auſſchrift zum Vorſchein kam: An Account of Livonia with a Relation of the Riſe,
Progreſſ and Decay of the Marian Teutonik Order.
Die franzoͤſiſche Ueberſetzung hat ſich
in der alten Hiſtorie an Kelchens Vortrag gebunden, und iſt zweien zu Utrecht befindlichen
Danzigern und zweien andern aus Riga zugeeignet. Vorne iſt das Bildnis des Herzogs von
Curland, Fridr. Wilhelms vorgeſetzt, Der Ueberſetzer giebt ſich fuͤr eine vom Verfaſſer un-
terſchiedene Perſon aus. Der Verfaſſer, welcher der curlaͤndiſche Botſchafter, Herr Baron
von Blomberg ſeyn ſol, meldet viel merkwuͤrdige Sachen; nur die Stellen von S. 195 bis
287 nebſt noch etlichen andern, fand Koͤnig Carl der XIIte nicht nach ſeinem Geſchmack; daher
dieſes Buch damals in Riga verboten worden. Doch hat dieſe Schrift auch ihre Fehler, wenn
z. E. S. 91 dem Alex. Guagnini ſchoͤne Entdeckungen in der lieflaͤndiſchen Hiſtorie zugeſchrie-
ben werden, da ſie doch dieſer Zuſammenſchmierer aus Bredenbachen mit allen Worten genom-
men, ohne dieſen Schriftſteller einmal zu nennen.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/194>, abgerufen am 27.11.2024.