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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

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Erzb. Steph. v. Gruben. zur Zeit der Reg. Bernh. v. der Borg.

Zu Waimel, einem Dorfe bey Karkus, trat in diesem Jahr der Aus-1482
schus des liefländischen Adels zusammen, welchem das Elend von Liefland
am nechsten zu Herzen gieng. Jhre Beschwerden waren kurz und gut diese: Die
Bischöfe bekümmerten sich wenig um den Gottesdienst, und suchten nur Küche
und Keller zu spicken; der Meister und sein Orden arbeiteten an der Unterdrü-
ckung ihrer Mitbrüder und der andern Stände, und machten nur durch ihre
Wechsel an ihre Günstlinge zu Rom das Land arm; die Bauren würden un-
gerechter Weise ausgesogen; die Kaufleute und Fremden führten das Korn aus
dem Lande, und verkauften es bey Miswachs und Kriegszeiten dreimal so theuer
an die Bauren zurück, worüber viele Hungers sterben müsten. Sie legten auch
3 Fasttage an am Fronleichnams-Mariä Heimsuchungs- und Aller Heiligen
Abend, an welchen alle die über 12 Jahr alt wären bey Wasser und Brod fasten,
oder an die Kirche einen Schilling entrichten solten i). Es blieb aber bey den
blossen Entwürfen.

Als die Ordensherren in Riga wieder eingelassen wurden, so war ihre erste1483
Arbeit diese, den neuen Erzbischof um seine Gerichtbarkeit über die Stadt zu brin-
gen. Sie bemächtigten sich seiner Person; setzten ihn mit verbundenen Augen
rückwerts auf eine Stute, und führten ihn zum Thore hinaus; worüber der Erz-
bischof in eine tiefe Schwermuth verfiel, 22 Wochen nachher, nemlich am
22sten December starb, und an Silvesters Seite im Dom begraben wurde.
Allein Cranz, der doch sonst der Clerisey nicht gern entstehet, meldet nur, daß
Stephan aus Melancholie über seine Dürftigkeit gestorben k).

Der
Hans Maydel Man der Kirche zu Dörpt, Jödike Wandschede Bürgermeister,
Hinrich Appendorp Rathman der Stadt Dörpt; Paul Molner, Domherr,
Otto Varensbeke, Claus Heel von wegen Oesel; Ernst Woldhusen Ritter,
Hans Lode von Kotz, Arnd Vietinghoff und Barthold Tötwen von Tosall
aus Harrien; Joh. von Brame, Ewold Maydell und Otto Tuwe aus Wir-
land,
nebst 2 Rathsherren aus Revel, die Klagen der Stadt über den Orden, wegen
der Haken, des Weinbriefes, und der 2000 Mark; davon die gänzliche Entscheidung
bis auf nechsten Landtag, der am Marientag übers Jahr zu Wolmer oder Wen-
den
gehalten werden solte, ausgesetzt ward: alles ohne Nachtheil der erzbischöflichen
Rechte; unter 21 Siegeln.
i) Die auf dieser Tageleistung versamleten Herren waren, aus dem Erzstift Riga, die
Ordensritter Joh. von Tisenhausen, und Jürgen Orgies, Carsten Hastver,
Frid. Orgies, Didr.
von Rosen, Gottschalck von der Pahlen, Cord Uxkul,
Jürgen
von Ungern; aus dem Stift Dörpt, Jürgen Wrangel, Heinr. von
Tisenhausen, Bertold Tödwen, Hans Sohn, und Otto Buxhöveden; aus Har-
rien, Ernst
von Woldhusen; aus Wirland, Bertold Wrangel, Ewold Maydel,
Otto Taube, Bertold Brakel, Hans Weddewis;
aus dem wendischen Krei-
se, der Ordensritter Simon von der Borg, Hans Watsel, Didr. von der Möh-
len, Hinrich
und Hans Littel; aus Vellin und Karkus, Hans von der Weide,
Robert Schwarzhof;
aus Jerwen, Wolfert Messeler, Didr. Metzentacken;
aus Allentaken, Helmet Lode und Berend von Vietinghoff; aus Curland Joh.
Torck, Ciaus Francke, Joh.
von dem Brincke und Werner Butlar.
k) Die Documente dieser Zeit gedenken nichts von diesem Umstande. Die Rigi-
schen,
denen dergleichen aufgebürdet wird, sind unschuldig. Ob der Orden dieses
wagen können, wäre noch die Frage. Die Päpste sagen dieses nicht, wol aber etwas,
das nicht viel besser herauskömt. Schon Johannes der XXIIste klagt, daß der Or-
den die Erzbischöfe, Bischöfe, Pröpste, Dechanten, Prälaten und andre zur Kirche
gehörige Personen gefangen nehme, sie ins Gefängnis werfe, todt schlage, die Kir-
chen verbrenne, ihre im Treffen verwundeten Mitbrüder niedermache, und ihre Leiber
ins Feuer werfe. Um diese Zeit beschweret sich Jnnocentius der IIXte, daß der Orden
mit dem Erzstift Riga erbärmlich umgesprungen, alle Schlösser und Güter besetzet,
7 Vasallen mit dem Schwerdt getödtet, sie bey den Füssen aufgehenket, und dem Erz-
bischof den Eid der Treue zu leisten sich geweigert. Vielleicht nennen einige diese
Beschwerden nur Pfaffenklagen. Es würde freilich manches von Seiten des Ordens
anders
S s
Erzb. Steph. v. Gruben. zur Zeit der Reg. Bernh. v. der Borg.

Zu Waimel, einem Dorfe bey Karkus, trat in dieſem Jahr der Aus-1482
ſchus des lieflaͤndiſchen Adels zuſammen, welchem das Elend von Liefland
am nechſten zu Herzen gieng. Jhre Beſchwerden waren kurz und gut dieſe: Die
Biſchoͤfe bekuͤmmerten ſich wenig um den Gottesdienſt, und ſuchten nur Kuͤche
und Keller zu ſpicken; der Meiſter und ſein Orden arbeiteten an der Unterdruͤ-
ckung ihrer Mitbruͤder und der andern Staͤnde, und machten nur durch ihre
Wechſel an ihre Guͤnſtlinge zu Rom das Land arm; die Bauren wuͤrden un-
gerechter Weiſe ausgeſogen; die Kaufleute und Fremden fuͤhrten das Korn aus
dem Lande, und verkauften es bey Miswachs und Kriegszeiten dreimal ſo theuer
an die Bauren zuruͤck, woruͤber viele Hungers ſterben muͤſten. Sie legten auch
3 Faſttage an am Fronleichnams-Mariaͤ Heimſuchungs- und Aller Heiligen
Abend, an welchen alle die uͤber 12 Jahr alt waͤren bey Waſſer und Brod faſten,
oder an die Kirche einen Schilling entrichten ſolten i). Es blieb aber bey den
bloſſen Entwuͤrfen.

Als die Ordensherren in Riga wieder eingelaſſen wurden, ſo war ihre erſte1483
Arbeit dieſe, den neuen Erzbiſchof um ſeine Gerichtbarkeit uͤber die Stadt zu brin-
gen. Sie bemaͤchtigten ſich ſeiner Perſon; ſetzten ihn mit verbundenen Augen
ruͤckwerts auf eine Stute, und fuͤhrten ihn zum Thore hinaus; woruͤber der Erz-
biſchof in eine tiefe Schwermuth verfiel, 22 Wochen nachher, nemlich am
22ſten December ſtarb, und an Silveſters Seite im Dom begraben wurde.
Allein Cranz, der doch ſonſt der Cleriſey nicht gern entſtehet, meldet nur, daß
Stephan aus Melancholie uͤber ſeine Duͤrftigkeit geſtorben k).

Der
Hans Maydel Man der Kirche zu Doͤrpt, Joͤdike Wandſchede Buͤrgermeiſter,
Hinrich Appendorp Rathman der Stadt Doͤrpt; Paul Molner, Domherr,
Otto Varensbeke, Claus Heel von wegen Oeſel; Ernſt Woldhuſen Ritter,
Hans Lode von Kotz, Arnd Vietinghoff und Barthold Toͤtwen von Toſall
aus Harrien; Joh. von Brame, Ewold Maydell und Otto Tuwe aus Wir-
land,
nebſt 2 Rathsherren aus Revel, die Klagen der Stadt uͤber den Orden, wegen
der Haken, des Weinbriefes, und der 2000 Mark; davon die gaͤnzliche Entſcheidung
bis auf nechſten Landtag, der am Marientag uͤbers Jahr zu Wolmer oder Wen-
den
gehalten werden ſolte, ausgeſetzt ward: alles ohne Nachtheil der erzbiſchoͤflichen
Rechte; unter 21 Siegeln.
i) Die auf dieſer Tageleiſtung verſamleten Herren waren, aus dem Erzſtift Riga, die
Ordensritter Joh. von Tiſenhauſen, und Juͤrgen Orgies, Carſten Haſtver,
Frid. Orgies, Didr.
von Roſen, Gottſchalck von der Pahlen, Cord Uxkul,
Juͤrgen
von Ungern; aus dem Stift Doͤrpt, Juͤrgen Wrangel, Heinr. von
Tiſenhauſen, Bertold Toͤdwen, Hans Sohn, und Otto Buxhoͤveden; aus Har-
rien, Ernſt
von Woldhuſen; aus Wirland, Bertold Wrangel, Ewold Maydel,
Otto Taube, Bertold Brakel, Hans Weddewis;
aus dem wendiſchen Krei-
ſe, der Ordensritter Simon von der Borg, Hans Watſel, Didr. von der Moͤh-
len, Hinrich
und Hans Littel; aus Vellin und Karkus, Hans von der Weide,
Robert Schwarzhof;
aus Jerwen, Wolfert Meſſeler, Didr. Metzentacken;
aus Allentaken, Helmet Lode und Berend von Vietinghoff; aus Curland Joh.
Torck, Ciaus Francke, Joh.
von dem Brincke und Werner Butlar.
k) Die Documente dieſer Zeit gedenken nichts von dieſem Umſtande. Die Rigi-
ſchen,
denen dergleichen aufgebuͤrdet wird, ſind unſchuldig. Ob der Orden dieſes
wagen koͤnnen, waͤre noch die Frage. Die Paͤpſte ſagen dieſes nicht, wol aber etwas,
das nicht viel beſſer herauskoͤmt. Schon Johannes der XXIIſte klagt, daß der Or-
den die Erzbiſchoͤfe, Biſchoͤfe, Proͤpſte, Dechanten, Praͤlaten und andre zur Kirche
gehoͤrige Perſonen gefangen nehme, ſie ins Gefaͤngnis werfe, todt ſchlage, die Kir-
chen verbrenne, ihre im Treffen verwundeten Mitbruͤder niedermache, und ihre Leiber
ins Feuer werfe. Um dieſe Zeit beſchweret ſich Jnnocentius der IIXte, daß der Orden
mit dem Erzſtift Riga erbaͤrmlich umgeſprungen, alle Schloͤſſer und Guͤter beſetzet,
7 Vaſallen mit dem Schwerdt getoͤdtet, ſie bey den Fuͤſſen aufgehenket, und dem Erz-
biſchof den Eid der Treue zu leiſten ſich geweigert. Vielleicht nennen einige dieſe
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[161/0179] Erzb. Steph. v. Gruben. zur Zeit der Reg. Bernh. v. der Borg. Zu Waimel, einem Dorfe bey Karkus, trat in dieſem Jahr der Aus- ſchus des lieflaͤndiſchen Adels zuſammen, welchem das Elend von Liefland am nechſten zu Herzen gieng. Jhre Beſchwerden waren kurz und gut dieſe: Die Biſchoͤfe bekuͤmmerten ſich wenig um den Gottesdienſt, und ſuchten nur Kuͤche und Keller zu ſpicken; der Meiſter und ſein Orden arbeiteten an der Unterdruͤ- ckung ihrer Mitbruͤder und der andern Staͤnde, und machten nur durch ihre Wechſel an ihre Guͤnſtlinge zu Rom das Land arm; die Bauren wuͤrden un- gerechter Weiſe ausgeſogen; die Kaufleute und Fremden fuͤhrten das Korn aus dem Lande, und verkauften es bey Miswachs und Kriegszeiten dreimal ſo theuer an die Bauren zuruͤck, woruͤber viele Hungers ſterben muͤſten. Sie legten auch 3 Faſttage an am Fronleichnams-Mariaͤ Heimſuchungs- und Aller Heiligen Abend, an welchen alle die uͤber 12 Jahr alt waͤren bey Waſſer und Brod faſten, oder an die Kirche einen Schilling entrichten ſolten i). Es blieb aber bey den bloſſen Entwuͤrfen. 1482 Als die Ordensherren in Riga wieder eingelaſſen wurden, ſo war ihre erſte Arbeit dieſe, den neuen Erzbiſchof um ſeine Gerichtbarkeit uͤber die Stadt zu brin- gen. Sie bemaͤchtigten ſich ſeiner Perſon; ſetzten ihn mit verbundenen Augen ruͤckwerts auf eine Stute, und fuͤhrten ihn zum Thore hinaus; woruͤber der Erz- biſchof in eine tiefe Schwermuth verfiel, 22 Wochen nachher, nemlich am 22ſten December ſtarb, und an Silveſters Seite im Dom begraben wurde. Allein Cranz, der doch ſonſt der Cleriſey nicht gern entſtehet, meldet nur, daß Stephan aus Melancholie uͤber ſeine Duͤrftigkeit geſtorben k). 1483 Der h) i) Die auf dieſer Tageleiſtung verſamleten Herren waren, aus dem Erzſtift Riga, die Ordensritter Joh. von Tiſenhauſen, und Juͤrgen Orgies, Carſten Haſtver, Frid. Orgies, Didr. von Roſen, Gottſchalck von der Pahlen, Cord Uxkul, Juͤrgen von Ungern; aus dem Stift Doͤrpt, Juͤrgen Wrangel, Heinr. von Tiſenhauſen, Bertold Toͤdwen, Hans Sohn, und Otto Buxhoͤveden; aus Har- rien, Ernſt von Woldhuſen; aus Wirland, Bertold Wrangel, Ewold Maydel, Otto Taube, Bertold Brakel, Hans Weddewis; aus dem wendiſchen Krei- ſe, der Ordensritter Simon von der Borg, Hans Watſel, Didr. von der Moͤh- len, Hinrich und Hans Littel; aus Vellin und Karkus, Hans von der Weide, Robert Schwarzhof; aus Jerwen, Wolfert Meſſeler, Didr. Metzentacken; aus Allentaken, Helmet Lode und Berend von Vietinghoff; aus Curland Joh. Torck, Ciaus Francke, Joh. von dem Brincke und Werner Butlar. k) Die Documente dieſer Zeit gedenken nichts von dieſem Umſtande. Die Rigi- ſchen, denen dergleichen aufgebuͤrdet wird, ſind unſchuldig. Ob der Orden dieſes wagen koͤnnen, waͤre noch die Frage. Die Paͤpſte ſagen dieſes nicht, wol aber etwas, das nicht viel beſſer herauskoͤmt. Schon Johannes der XXIIſte klagt, daß der Or- den die Erzbiſchoͤfe, Biſchoͤfe, Proͤpſte, Dechanten, Praͤlaten und andre zur Kirche gehoͤrige Perſonen gefangen nehme, ſie ins Gefaͤngnis werfe, todt ſchlage, die Kir- chen verbrenne, ihre im Treffen verwundeten Mitbruͤder niedermache, und ihre Leiber ins Feuer werfe. Um dieſe Zeit beſchweret ſich Jnnocentius der IIXte, daß der Orden mit dem Erzſtift Riga erbaͤrmlich umgeſprungen, alle Schloͤſſer und Guͤter beſetzet, 7 Vaſallen mit dem Schwerdt getoͤdtet, ſie bey den Fuͤſſen aufgehenket, und dem Erz- biſchof den Eid der Treue zu leiſten ſich geweigert. Vielleicht nennen einige dieſe Beſchwerden nur Pfaffenklagen. Es wuͤrde freilich manches von Seiten des Ordens anders h) Hans Maydel Man der Kirche zu Doͤrpt, Joͤdike Wandſchede Buͤrgermeiſter, Hinrich Appendorp Rathman der Stadt Doͤrpt; Paul Molner, Domherr, Otto Varensbeke, Claus Heel von wegen Oeſel; Ernſt Woldhuſen Ritter, Hans Lode von Kotz, Arnd Vietinghoff und Barthold Toͤtwen von Toſall aus Harrien; Joh. von Brame, Ewold Maydell und Otto Tuwe aus Wir- land, nebſt 2 Rathsherren aus Revel, die Klagen der Stadt uͤber den Orden, wegen der Haken, des Weinbriefes, und der 2000 Mark; davon die gaͤnzliche Entſcheidung bis auf nechſten Landtag, der am Marientag uͤbers Jahr zu Wolmer oder Wen- den gehalten werden ſolte, ausgeſetzt ward: alles ohne Nachtheil der erzbiſchoͤflichen Rechte; unter 21 Siegeln. S s

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/179>, abgerufen am 23.11.2024.