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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

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Vorrede.
besas den grossen Geist, der sich an die merkwürdigsten Sachen des Alter-
thums und an die Urkunden des Landes ohne Schwachheit wagen konte.
Sein aufgeweckter und lebhafter Witz, der sich schon in seinen kleinern
Schriften zeiget, würde uns was ausnehmendes geliefert haben, wenn
das oberste Verhängnis nicht seinem Leben ein enger Ziel als seinen Ab-
sichten hätte setzen wollen. Einige seiner durch Erbschaften zerstreueten
Papiere sind in Abschriften der Vergessenheit glücklich entzogen; dahinge-
gen die übrigen samt den raresten Münzen von ihren jetzigen Besitzern aus
sonderlicher Liebe geheimer gehalten werden, als es der Historie zuträg-
lich ist.

Der Secretair des Generalgouvernements von Estland, Herr
Bernhard Riesemann, hatte sich in den estländischen und revelschen
Documenten wohl umgesehen. Er suchte bey seinem erfahrnen Alter, und
in der nach vielen Amtsgeschäften erbetenen Ruhe, sein Vergnügen darin,
die Historie des Landes zu erweitern. Wir würden seinem freiwilligen
Versprechen zu Folge seine Beiträge mit erhalten haben, wenn ihn nicht
nach einer kurzen Krankheit ein uns, nicht ihm, unerwarteter Tod den
11ten April 1750 die Feder hätte niederlegen heissen. Die Erben, welche
seine Arbeit, die gröstentheils die Rechte und Privilegien von Estland be-
trift, nicht zerstreuen wollen, werden sie mit der Zeit vielleicht der Welt
mittheilen.

Unter denen, welche zur Ausführung und Herbeischaffung der ver-
lohrnen Historie von Liefland das meiste beigetragen, macht der Land-
rath und Präsident des liefländischen Oberconsistorii, Herr Carl Gustav
Clodt
von Jürgensburg, die erste Person aus. Die Veranlassung war
folgende. Die Provinzen und Städte des Königreichs Schweden mu-
sten bey dem Leichenbegängnis des höchstseligen Königs Carls des XIten
und der damit verknüpften Glückwünschung wegen der Thronfolge sich.
im Jahr 1697 durch ihre Abgeordneten in Stockholm einfinden. Das
damals hochbedrängte Liefland hatte, ausser andern politischen Anfechtun-
gen, eine recht gefährliche Observation wegen des so genanten Bischofszehnden
von sich abzulehnen. Eine Untersuchung, die dem grösten Theil des
Adels den Verlust der Güter und den gänzlichen Untergang drohete;
weswegen derselbe entschlossen war, durch eine besondere Botschaft nach
Rom über diesen Zehnden eine nähere Belehrung einzuziehen, wenn es
wegen Kürze der Zeit und ohne Aufsehen geschehen könte. Die auf das
Ausschreiben des königlichen Generalgouverneurs auf dem Landtage zu
Wenden versamlete Ritterschaft bemühete sich um drey angesehene Mit-
glieder, die diesen Verrichtungen am schwedischen Hofe bey so gefährli-
chen Umständen gewachsen wären. Sie fiel mit einhelliger Stimme
auf den Herrn Präsidenten Clodt von Jürgensburg und ernante ihn zu
ihrem Abgeordneten, tanquam (wie die lateinischen Worte des deut-
schen
Recesses lauten,) ad hunc actum maxime idoneum. Dieser treue
Patriote war für die algemeinen Angelegenheiten des Landes eben so be-
mühet, als für die Ausführung der ihm übertragenen Staatsgeschäfte.
Allein das nach Schweden weggebrachte herrmeisterliche Archiv, so
Kettler in Mitau verwahret, und das Stilschweigen der Historie mach-
te der liefländischen Ritterschaft den Hauptbeweis schwer, und so lange

un-
Anmerkungen über alle Denkwürdigkeiten von Liefland darunter. Der Prof. und Re-
ctor des rigischen Gymnasii, Herr Adam Gottfried Hörnick, hat von diesem unsern
Polyhistor mehrere Lebensumstände in seiner zu Riga gedruckten Gedächtnis-
Seule
mitgetheilet.

Vorrede.
beſas den groſſen Geiſt, der ſich an die merkwuͤrdigſten Sachen des Alter-
thums und an die Urkunden des Landes ohne Schwachheit wagen konte.
Sein aufgeweckter und lebhafter Witz, der ſich ſchon in ſeinen kleinern
Schriften zeiget, wuͤrde uns was ausnehmendes geliefert haben, wenn
das oberſte Verhaͤngnis nicht ſeinem Leben ein enger Ziel als ſeinen Ab-
ſichten haͤtte ſetzen wollen. Einige ſeiner durch Erbſchaften zerſtreueten
Papiere ſind in Abſchriften der Vergeſſenheit gluͤcklich entzogen; dahinge-
gen die uͤbrigen ſamt den rareſten Muͤnzen von ihren jetzigen Beſitzern aus
ſonderlicher Liebe geheimer gehalten werden, als es der Hiſtorie zutraͤg-
lich iſt.

Der Secretair des Generalgouvernements von Eſtland, Herr
Bernhard Rieſemann, hatte ſich in den eſtlaͤndiſchen und revelſchen
Documenten wohl umgeſehen. Er ſuchte bey ſeinem erfahrnen Alter, und
in der nach vielen Amtsgeſchaͤften erbetenen Ruhe, ſein Vergnuͤgen darin,
die Hiſtorie des Landes zu erweitern. Wir wuͤrden ſeinem freiwilligen
Verſprechen zu Folge ſeine Beitraͤge mit erhalten haben, wenn ihn nicht
nach einer kurzen Krankheit ein uns, nicht ihm, unerwarteter Tod den
11ten April 1750 die Feder haͤtte niederlegen heiſſen. Die Erben, welche
ſeine Arbeit, die groͤſtentheils die Rechte und Privilegien von Eſtland be-
trift, nicht zerſtreuen wollen, werden ſie mit der Zeit vielleicht der Welt
mittheilen.

Unter denen, welche zur Ausfuͤhrung und Herbeiſchaffung der ver-
lohrnen Hiſtorie von Liefland das meiſte beigetragen, macht der Land-
rath und Praͤſident des lieflaͤndiſchen Oberconſiſtorii, Herr Carl Guſtav
Clodt
von Juͤrgensburg, die erſte Perſon aus. Die Veranlaſſung war
folgende. Die Provinzen und Staͤdte des Koͤnigreichs Schweden mu-
ſten bey dem Leichenbegaͤngnis des hoͤchſtſeligen Koͤnigs Carls des XIten
und der damit verknuͤpften Gluͤckwuͤnſchung wegen der Thronfolge ſich.
im Jahr 1697 durch ihre Abgeordneten in Stockholm einfinden. Das
damals hochbedraͤngte Liefland hatte, auſſer andern politiſchen Anfechtun-
gen, eine recht gefaͤhrliche Obſervation wegen des ſo genanten Biſchofszehnden
von ſich abzulehnen. Eine Unterſuchung, die dem groͤſten Theil des
Adels den Verluſt der Guͤter und den gaͤnzlichen Untergang drohete;
weswegen derſelbe entſchloſſen war, durch eine beſondere Botſchaft nach
Rom uͤber dieſen Zehnden eine naͤhere Belehrung einzuziehen, wenn es
wegen Kuͤrze der Zeit und ohne Aufſehen geſchehen koͤnte. Die auf das
Ausſchreiben des koͤniglichen Generalgouverneurs auf dem Landtage zu
Wenden verſamlete Ritterſchaft bemuͤhete ſich um drey angeſehene Mit-
glieder, die dieſen Verrichtungen am ſchwediſchen Hofe bey ſo gefaͤhrli-
chen Umſtaͤnden gewachſen waͤren. Sie fiel mit einhelliger Stimme
auf den Herrn Praͤſidenten Clodt von Juͤrgensburg und ernante ihn zu
ihrem Abgeordneten, tanquam (wie die lateiniſchen Worte des deut-
ſchen
Receſſes lauten,) ad hunc actum maxime idoneum. Dieſer treue
Patriote war fuͤr die algemeinen Angelegenheiten des Landes eben ſo be-
muͤhet, als fuͤr die Ausfuͤhrung der ihm uͤbertragenen Staatsgeſchaͤfte.
Allein das nach Schweden weggebrachte herrmeiſterliche Archiv, ſo
Kettler in Mitau verwahret, und das Stilſchweigen der Hiſtorie mach-
te der lieflaͤndiſchen Ritterſchaft den Hauptbeweis ſchwer, und ſo lange

un-
Anmerkungen uͤber alle Denkwuͤrdigkeiten von Liefland darunter. Der Prof. und Re-
ctor des rigiſchen Gymnaſii, Herr Adam Gottfried Hoͤrnick, hat von dieſem unſern
Polyhiſtor mehrere Lebensumſtaͤnde in ſeiner zu Riga gedruckten Gedaͤchtnis-
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mitgetheilet.
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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/14>, abgerufen am 23.04.2024.