[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.von 1204 bis 1205. Des Bischof Alberts, siebentes Jahr, vom Jahr Christi 1204 bis 1205. §. 1. Jn dem siebenten Jahr des bischöflichen Amtes Alberts, welches das Jahr1204 a) Für trepidantium wolte ich lieber**) trepidantes lesen. b) Vielleicht muß es für interimus***) heissen, euerterimus. §. 2. Da nun wenig Tage nachher ein Landesältester von Semgallen, mit Na- c) Con- *) Jch folge hier dem Revelschen Manuscripte, wo die Worte so stehen: Svelgate nomine, cum suis sodalibus ad ciuitatem diuertit. **) Es wäre so; beyde Manuscripte aber behalten trepidantium bey. ***) Das Revelsche list vicerimus, das Rigische hat interimus, setzt aber oben drüber interimerimus, welches unrecht, und lieber intrauerimus heissen könte. K 2
von 1204 bis 1205. Des Biſchof Alberts, ſiebentes Jahr, vom Jahr Chriſti 1204 bis 1205. §. 1. Jn dem ſiebenten Jahr des biſchoͤflichen Amtes Alberts, welches das Jahr1204 a) Fuͤr trepidantium wolte ich lieber**) trepidantes leſen. b) Vielleicht muß es fuͤr interimus***) heiſſen, euerterimus. §. 2. Da nun wenig Tage nachher ein Landesaͤlteſter von Semgallen, mit Na- c) Con- *) Jch folge hier dem Revelſchen Manuſcripte, wo die Worte ſo ſtehen: Svelgate nomine, cum ſuis ſodalibus ad ciuitatem diuertit. **) Es waͤre ſo; beyde Manuſcripte aber behalten trepidantium bey. ***) Das Revelſche liſt vicerimus, das Rigiſche hat interimus, ſetzt aber oben druͤber interimerimus, welches unrecht, und lieber intrauerimus heiſſen koͤnte. K 2
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von 1204 bis 1205.
Des Biſchof Alberts, ſiebentes Jahr,
vom Jahr Chriſti 1204 bis 1205.
§. 1.
Jn dem ſiebenten Jahr des biſchoͤflichen Amtes Alberts, welches das Jahr
unſers HErrn 1204 war, brachen faſt zwey tauſend Litthauer zu Pferde
gegen die Eſthen zum Marſch auf, um die Faſtenzeit, da dieſe Voͤlker
gerne ihre Feldzuͤge zu unternehmen pflegen. Wie ſie nun laͤngſt der
Duͤne herauf und bey der Stadt vorbey kamen, ſo trat *) einer von ihnen, mit
Namen Swelgate, ein reicher und wolhabender Kerl mit ſeinen Kameraden in
der Stadt ab. Dieſem bot unter andern, die ihm in Friede aus der Stadt ent-
gegen gezogen, einer aus der Buͤrgerſchaft, Namens Martin Friſe, einen Trunk
Meet an. Als er den ausgeſoffen, eilte er den vorausgegangnen Truppen nach,
und redete ſeine Reiſegefaͤhrten alſo an: Sahet ihr nicht, wie den Deutſchen
die Haͤnde zitterten
a⁾
, da ſie uns Meet reichten. Sie hatten unſere Ankunft nur
durch ein fliegend Geruͤchte vernommen und koͤnnen deswegen noch nicht aus der Angſt
und Beſtuͤrzung kommen. Vor jetzo wollen wir die Zerſtoͤrung der Stadt auf-
ſchieben; wenn wir aber die Gegenden, wohin wir gedenken, bezwungen haben
b⁾
,
ſo wollen wir die Einwohner mitnehmen, todtſchlagen und ihren Flecken zerſtoͤren.
Denn kaum wird ſo viel Staub in dieſer Stadt ſeyn, als unſere Leute in die Hand
nehmen koͤnnen.
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a⁾ Fuͤr trepidantium wolte ich lieber **) trepidantes leſen.
b⁾ Vielleicht muß es fuͤr interimus ***) heiſſen, euerterimus.
§. 2.
Da nun wenig Tage nachher ein Landesaͤlteſter von Semgallen, mit Na-
men Weſthard, erfuhr daß die Litthauer zu Felde gegangen, kam er eilend nach
Riga, und warnete die Deutſchen, daß ſie die Feinde ſo ungehindert lieſſen
durch ihr Land ziehen, ſie koͤnten ja kuͤnftig die Stadt ſamt ihren Einwohnern zu
Grunde richten, wenn ſie die Lage des Orts abgeſehen. Ohnerachtet aber die Ri-
giſchen vor des Biſchofs Zuruͤckkunft ihrer wenigen Anzahl wegen, keine Luſt zu
kriegen bezeigten: ſo ſprach ihnen doch dieſer kriegeriſche Weſthard ein Herze
ein, und machte ſich anheiſchig, ihnen eine groſſe Menge Semgallen zu Huͤlfe
zu bringen; und bat nur, daß ihm wenigſtens einige Kriegserfahrne Maͤnner zuge-
geben wuͤrden, die ſich drauf verſtuͤnden, eine Armee anzufuͤhren und ſie zur
Schlacht zu unterrichten. Die Deutſchen, als ſie daraus ſein ſtandhaftiges Ge-
muͤth ſahen, ſagten, ſie lieſſen ſich ſein Geſuch gefallen, doch nur ſo ferne, wenn er
von jedem Schloſſe eine Geiſſel an ſie auslieferte, welche ſie ſich ausſuchen wuͤrden.
Er bezeigte ſich uͤber dieſe Antwort ungemein vergnuͤgt, und kehrte zu den Seinigen
mit Freuden. Er nahm auch die ihm benamten Geiſſeln mit ſich, und brachte hin-
laͤnglich Volk auf die Beine. Wie er das herbeygeſchaffet, wurden die Geiſſeln
den Deutſchen eingehaͤndiget; und da ſie ſich alſo treu genug erwieſen, erhielten
ſie ihren Beyſtand und Freundſchaft. Denn die Bedienten des Biſchofs mit den
Bruͤdern der Ritterſchaft Chriſti, und der Ritter Conrad von Ykeskole
c⁾
, nebſt
wenigen andern, die man entuͤbrigen konte, zogen hinaus zu der Armee, und paſten
an einem erhabenen Orte mit den Semgallen auf, wenn die Litthauer zuruͤck
kaͤmen.
c) Con-
*) Jch folge hier dem Revelſchen Manuſcripte, wo die Worte ſo ſtehen: Svelgate nomine, cum ſuis
ſodalibus ad ciuitatem diuertit.
**) Es waͤre ſo; beyde Manuſcripte aber behalten trepidantium bey.
***) Das Revelſche liſt vicerimus, das Rigiſche hat interimus, ſetzt aber oben druͤber interimerimus,
welches unrecht, und lieber intrauerimus heiſſen koͤnte.
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