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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.

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von 1199 bis 1200
seinen bischöflichen Habit und andre Nothwendigkeiten da her zu holen, die auch das1199
mit sich trugen, was sie holen wolten, und eben den Weg zurück nahmen, den sie
gekommen waren, in grossem Vertrauen auf den gemachten Frieden. Unter We-
gens aber brachen die Liven den Stilstand, griffen sie hinter dem Einlauf der
Rumbul heftig an, und, weil das eine Schif sich zurück zog und entkam, so
kaperten sie das andere weg, schlugen fast alle darauf todt; rückten also weiter nach
Holme, und belagerten den Bischof und seine Leute. Wie nun die Belagerten
sehr geängstiget wurden, und weder für sich noch für ihre Pferde Nahrung hatten;
so gruben sie endlich in die Erde, und fanden in unterschiedenen Gruben viel Getrei-
de und Eßwaaren. Die Frisen kamen inzwischen nur mit einem einzigen Schiffe,
steckten die Saat der Liven in Brand, und thaten ihnen in diesen und andern
Stücken allen möglichen Schaden. Da die Liven dis sahen, und grösserer Ge-
fahr, die sie besorgten, entgehen wolten: so machten sie von neuem Friede, und be-
schworen ihn; zogen auch mit dem Bischof und andern Deutschen an den Ort*)
Rige, wo Azo, und mehr andere die Gnade der Taufe empfingen.

§. 4.

Doch der Bischof verließ sich wegen Treulosigkeit der Liven nicht auf ihren
Vertrag, den sie so ofte schon gebrochen hatten und begehrte von dem Azo und
Caupo c), wie auch von den Landesältesten Geisseln; diese wurden darauf von
den Deutschen zu einem Schmause geladen, und, da sie alle zusammen gekom-
men, in ein Haus gesperret. Jedoch weil sie befurchten, man möchte sie über
das Meer nach Deutschland führen, so präsentireten sie dem Herrn Bischof un-
gefähr 30 ihrer jungen Bursche, welche die vornehmsten an der Duna und in
Thoreida waren. Dieser nahm sie mit Freuden an, empfol das Land dem lie-
ben GOtt und ging nach Deutschland.

c) Unser Verfasser ist so weitläufig in Erzählung der Thaten dieses Caupo, daß man sich
wundern möchte, warum er verschwiegen, wo, wenn und von wem er getauft sey.
Doch siehe die Geschichte Meinhards n. 10. am Ende.
§. 5.

Vor seiner Ausreise zeigten die Landesältesten der Liven dem Bischof den
Ort einer Stadt d), den sie auch Riga hiessen, entweder von der See Riga,
oder von der Nässe, weil es von oben und von unten Qvellen hat e): sowol von
unten, indem es an Weide, Wiesenwachs und Wasser gesegnet ist; als von oben,
weil in dieser Stadt die völlige Vergebung der Sünden den Sündern ausgethei-
let und sie also (durch diese Vergebung in der Taufe) von oben her**) gewässert,
und folglich das Reich GOttes mitgetheilet wird: oder Riga, weil es gleichsam
mit einem neuen Glauben bewässert, oder weil durch dieselbe Stadt die herumwoh-
nenden Heiden mit dem Bade der heiligen Taufe besprenget werden f).

d) Das ist, ein Ort, wo die Stadt gebauet werden und ihren Namen von dem Orte er-
halten könte, weil er schon damals Riga hieß.
e) Joh. 15, 19.
f) Wer ein Urtheil über diese Einfälle geben sol, möchte wol nöthig haben zu wissen, ob
Riga ein Liefländisches oder Deutsches Wort sey, oder vielleicht keins von beyden.
Wenn die Deutschen Kaufleute an der Stelle eine Anfurt vor ihre Schiffe gehabt, wie
unser Verfasser darauf zu zielen scheinet beym Jahre 1200 n. 1. so hat ihm wol von der
Reihe der Schiffe, die da nacheinander stunden, und in der Sächsischen Sprache
eine Rige heisset, der Name beygeleget werden können, als ein eigenthümlicher, der nachher
*) Das Rigische Manuscript hat: an die See Rige; der Abschreiber hat sich aber damit nicht sicher
gewust, und daher über lacum, die alte Leseart locum klein übergeschrieben.
**) Jm Lateinischen ist hier ein sehr verworrenes Wortspiel mit dem Wort irrigua, davon Riga her-
kommen sol. Für fiat irrigua superis, muß wol angenommen werden, superius; indem es sonst noch
unverständlicher wird.
G 2

von 1199 bis 1200
ſeinen biſchoͤflichen Habit und andre Nothwendigkeiten da her zu holen, die auch das1199
mit ſich trugen, was ſie holen wolten, und eben den Weg zuruͤck nahmen, den ſie
gekommen waren, in groſſem Vertrauen auf den gemachten Frieden. Unter We-
gens aber brachen die Liven den Stilſtand, griffen ſie hinter dem Einlauf der
Rumbul heftig an, und, weil das eine Schif ſich zuruͤck zog und entkam, ſo
kaperten ſie das andere weg, ſchlugen faſt alle darauf todt; ruͤckten alſo weiter nach
Holme, und belagerten den Biſchof und ſeine Leute. Wie nun die Belagerten
ſehr geaͤngſtiget wurden, und weder fuͤr ſich noch fuͤr ihre Pferde Nahrung hatten;
ſo gruben ſie endlich in die Erde, und fanden in unterſchiedenen Gruben viel Getrei-
de und Eßwaaren. Die Friſen kamen inzwiſchen nur mit einem einzigen Schiffe,
ſteckten die Saat der Liven in Brand, und thaten ihnen in dieſen und andern
Stuͤcken allen moͤglichen Schaden. Da die Liven dis ſahen, und groͤſſerer Ge-
fahr, die ſie beſorgten, entgehen wolten: ſo machten ſie von neuem Friede, und be-
ſchworen ihn; zogen auch mit dem Biſchof und andern Deutſchen an den Ort*)
Rige, wo Azo, und mehr andere die Gnade der Taufe empfingen.

§. 4.

Doch der Biſchof verließ ſich wegen Treuloſigkeit der Liven nicht auf ihren
Vertrag, den ſie ſo ofte ſchon gebrochen hatten und begehrte von dem Azo und
Caupo c), wie auch von den Landesaͤlteſten Geiſſeln; dieſe wurden darauf von
den Deutſchen zu einem Schmauſe geladen, und, da ſie alle zuſammen gekom-
men, in ein Haus geſperret. Jedoch weil ſie befurchten, man moͤchte ſie uͤber
das Meer nach Deutſchland fuͤhren, ſo praͤſentireten ſie dem Herrn Biſchof un-
gefaͤhr 30 ihrer jungen Burſche, welche die vornehmſten an der Duna und in
Thoreida waren. Dieſer nahm ſie mit Freuden an, empfol das Land dem lie-
ben GOtt und ging nach Deutſchland.

c) Unſer Verfaſſer iſt ſo weitlaͤufig in Erzaͤhlung der Thaten dieſes Caupo, daß man ſich
wundern moͤchte, warum er verſchwiegen, wo, wenn und von wem er getauft ſey.
Doch ſiehe die Geſchichte Meinhards n. 10. am Ende.
§. 5.

Vor ſeiner Ausreiſe zeigten die Landesaͤlteſten der Liven dem Biſchof den
Ort einer Stadt d), den ſie auch Riga hieſſen, entweder von der See Riga,
oder von der Naͤſſe, weil es von oben und von unten Qvellen hat e): ſowol von
unten, indem es an Weide, Wieſenwachs und Waſſer geſegnet iſt; als von oben,
weil in dieſer Stadt die voͤllige Vergebung der Suͤnden den Suͤndern ausgethei-
let und ſie alſo (durch dieſe Vergebung in der Taufe) von oben her**) gewaͤſſert,
und folglich das Reich GOttes mitgetheilet wird: oder Riga, weil es gleichſam
mit einem neuen Glauben bewaͤſſert, oder weil durch dieſelbe Stadt die herumwoh-
nenden Heiden mit dem Bade der heiligen Taufe beſprenget werden f).

d) Das iſt, ein Ort, wo die Stadt gebauet werden und ihren Namen von dem Orte er-
halten koͤnte, weil er ſchon damals Riga hieß.
e) Joh. 15, 19.
f) Wer ein Urtheil uͤber dieſe Einfaͤlle geben ſol, moͤchte wol noͤthig haben zu wiſſen, ob
Riga ein Lieflaͤndiſches oder Deutſches Wort ſey, oder vielleicht keins von beyden.
Wenn die Deutſchen Kaufleute an der Stelle eine Anfurt vor ihre Schiffe gehabt, wie
unſer Verfaſſer darauf zu zielen ſcheinet beym Jahre 1200 n. 1. ſo hat ihm wol von der
Reihe der Schiffe, die da nacheinander ſtunden, und in der Saͤchſiſchen Sprache
eine Rige heiſſet, der Name beygeleget werden koͤnnen, als ein eigenthuͤmlicher, der nachher
*) Das Rigiſche Manuſcript hat: an die See Rige; der Abſchreiber hat ſich aber damit nicht ſicher
gewuſt, und daher uͤber lacum, die alte Leſeart locum klein uͤbergeſchrieben.
**) Jm Lateiniſchen iſt hier ein ſehr verworrenes Wortſpiel mit dem Wort irrigua, davon Riga her-
kommen ſol. Fuͤr fiat irrigua ſuperis, muß wol angenommen werden, ſuperius; indem es ſonſt noch
unverſtaͤndlicher wird.
G 2
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[27/0059] von 1199 bis 1200 ſeinen biſchoͤflichen Habit und andre Nothwendigkeiten da her zu holen, die auch das mit ſich trugen, was ſie holen wolten, und eben den Weg zuruͤck nahmen, den ſie gekommen waren, in groſſem Vertrauen auf den gemachten Frieden. Unter We- gens aber brachen die Liven den Stilſtand, griffen ſie hinter dem Einlauf der Rumbul heftig an, und, weil das eine Schif ſich zuruͤck zog und entkam, ſo kaperten ſie das andere weg, ſchlugen faſt alle darauf todt; ruͤckten alſo weiter nach Holme, und belagerten den Biſchof und ſeine Leute. Wie nun die Belagerten ſehr geaͤngſtiget wurden, und weder fuͤr ſich noch fuͤr ihre Pferde Nahrung hatten; ſo gruben ſie endlich in die Erde, und fanden in unterſchiedenen Gruben viel Getrei- de und Eßwaaren. Die Friſen kamen inzwiſchen nur mit einem einzigen Schiffe, ſteckten die Saat der Liven in Brand, und thaten ihnen in dieſen und andern Stuͤcken allen moͤglichen Schaden. Da die Liven dis ſahen, und groͤſſerer Ge- fahr, die ſie beſorgten, entgehen wolten: ſo machten ſie von neuem Friede, und be- ſchworen ihn; zogen auch mit dem Biſchof und andern Deutſchen an den Ort *) Rige, wo Azo, und mehr andere die Gnade der Taufe empfingen. 1199 §. 4. Doch der Biſchof verließ ſich wegen Treuloſigkeit der Liven nicht auf ihren Vertrag, den ſie ſo ofte ſchon gebrochen hatten und begehrte von dem Azo und Caupo c⁾ , wie auch von den Landesaͤlteſten Geiſſeln; dieſe wurden darauf von den Deutſchen zu einem Schmauſe geladen, und, da ſie alle zuſammen gekom- men, in ein Haus geſperret. Jedoch weil ſie befurchten, man moͤchte ſie uͤber das Meer nach Deutſchland fuͤhren, ſo praͤſentireten ſie dem Herrn Biſchof un- gefaͤhr 30 ihrer jungen Burſche, welche die vornehmſten an der Duna und in Thoreida waren. Dieſer nahm ſie mit Freuden an, empfol das Land dem lie- ben GOtt und ging nach Deutſchland. c⁾ Unſer Verfaſſer iſt ſo weitlaͤufig in Erzaͤhlung der Thaten dieſes Caupo, daß man ſich wundern moͤchte, warum er verſchwiegen, wo, wenn und von wem er getauft ſey. Doch ſiehe die Geſchichte Meinhards n. 10. am Ende. §. 5. Vor ſeiner Ausreiſe zeigten die Landesaͤlteſten der Liven dem Biſchof den Ort einer Stadt d⁾ , den ſie auch Riga hieſſen, entweder von der See Riga, oder von der Naͤſſe, weil es von oben und von unten Qvellen hat e⁾ : ſowol von unten, indem es an Weide, Wieſenwachs und Waſſer geſegnet iſt; als von oben, weil in dieſer Stadt die voͤllige Vergebung der Suͤnden den Suͤndern ausgethei- let und ſie alſo (durch dieſe Vergebung in der Taufe) von oben her **) gewaͤſſert, und folglich das Reich GOttes mitgetheilet wird: oder Riga, weil es gleichſam mit einem neuen Glauben bewaͤſſert, oder weil durch dieſelbe Stadt die herumwoh- nenden Heiden mit dem Bade der heiligen Taufe beſprenget werden f⁾ . d⁾ Das iſt, ein Ort, wo die Stadt gebauet werden und ihren Namen von dem Orte er- halten koͤnte, weil er ſchon damals Riga hieß. e⁾ Joh. 15, 19. f⁾ Wer ein Urtheil uͤber dieſe Einfaͤlle geben ſol, moͤchte wol noͤthig haben zu wiſſen, ob Riga ein Lieflaͤndiſches oder Deutſches Wort ſey, oder vielleicht keins von beyden. Wenn die Deutſchen Kaufleute an der Stelle eine Anfurt vor ihre Schiffe gehabt, wie unſer Verfaſſer darauf zu zielen ſcheinet beym Jahre 1200 n. 1. ſo hat ihm wol von der Reihe der Schiffe, die da nacheinander ſtunden, und in der Saͤchſiſchen Sprache eine Rige heiſſet, der Name beygeleget werden koͤnnen, als ein eigenthuͤmlicher, der nachher ſelbſt *) Das Rigiſche Manuſcript hat: an die See Rige; der Abſchreiber hat ſich aber damit nicht ſicher gewuſt, und daher uͤber lacum, die alte Leſeart locum klein uͤbergeſchrieben. **) Jm Lateiniſchen iſt hier ein ſehr verworrenes Wortſpiel mit dem Wort irrigua, davon Riga her- kommen ſol. Fuͤr fiat irrigua ſuperis, muß wol angenommen werden, ſuperius; indem es ſonſt noch unverſtaͤndlicher wird. G 2

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik01_1747/59>, abgerufen am 23.11.2024.