Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite

von 1210 bis 1211.
Häuser an, hieben die Männer nieder, zogen die Weiber und Kinder aus den1210
dicksten Wäldern hervor, und schlepten sie gefangen mit sich. Als die Rigischen
und Pilger davon Nachricht erhielten, so machten sie sich auf, und kamen nach
Thoreida. Die Heiden aber die solche Ankunft vermuthet hatten, kehrten nach
drey Tagen mit aller ihrer Beute über Hals und Kopf wieder in ihr Land.
Caupo zog ihnen mit einigen Deutschen und andern nach Saccala nach,
steckte viele Dörfer und die Schlösser Owele und Purke in Brand, nahm viele
Beute mit sich, tödtete viele Manspersonen, und führte die Weiber mit ihren
Kindern in die Gefangenschaft mit weg.

c) Die Formalien liefern wir in dem Anhang der Urkunden *).
d) Diesem Philipp, als viertem Bischof der erneuerten Residenz Ratzeburg, hat Arnold
von Lübek sein Chronicon Slavorum zugeschrieben, dessen angetretene Regirung
er libr. 7. c. 11. sehr rühmet. Er war ein guter Freund von der Familie der Wepen,
wie sein Vorfahre im Amte Jsfried, der Heinrich den Löwen auf dem Sterbebette
bedienet. Als der Pabst, Kaiser Otto den IV und dessen Freunde in Bann gethan, so
wolte Philipp diesem Bannstrahl entgehen und zog nach Liefland, brachte seine Lebens-
zeit da zu, und war in Deutschland wenig bekant; kan aber nun endlich aus dieser
Geschichte wieder erkant werden. Denn was Cranz hat Metropol. l. 7. c. 22. ist nicht
werth, daß mans nachschlägt.
e) Jso, Bischof von Verden an der Aller, ein Graf von Welpen, wird von Arnol-
den
libr. 7. c. 9. n. 7. denen Grossen beygezählet, die Alberten in seinem Unternehmen
auf Liefland hülfliche Hand geboten; gleichfals c. 19. n. 2. stehet er unter den Bischö-
fen und Fürsten, die Anno 1209 nach Würzburg zogen, sich dem Kaiser Otto dem
IVten zu unterwerfen. Als er aber auf seiner Rückreise aus Jtalien wegen Drohungen
des Pabsts selbigem aufzuwarten sich nicht getrauete: so unterließ er doch nicht dessen
Brüdern alle Ehre zu erzeigen, insonderheit, seit dem nach des Otto Tode Heinrich
von der Pfalz und Friederich der andere in so genaue Freundschaft gekommen, daß
dieser jenen zum Abgesandten des Reichs machte. Da auch dieser mit Tode abgegan-
gen, hat unser Jso für den jungen Otto, der damals zu Schwerin gefangen saß,
alle Kräfte angewendet, daß er sein väterlich Erbtheil ungekränkt behielt. Sonderlich
half er seiner Mutter Helena, daß sie dieses behauptete, und die Liebe der Nach-
baren gewinnen konte. Und weil er in seinem Ausschreiben die Helena seine Mitmutter
nennet, so glaubt man nicht ohne Grund, daß er den jungen Otto aus der Taufe ge-
hoben und sein Pathe gewesen.
f) Dieses Herrn Thaten beschreibet Schaten Annal. Paderborn. tom. 1. beym Jahr 1203
und folgenden.
g) Bernhard von der Lippe, Generalissimus der Truppen Heinrichs des Löwen, ein
braver Soldate, wurde nach dem tödlichen Hintrit seines Herrn der Welt überdrüßig,
zog in dem Cistercienser Kloster Marienfelde im Bisthum Münster die Mönchskutte
an; legte sich noch in seinen alten Tagen aufs Studiren, und fand mehr Vergnügen an
den Mönchsübungen, als an den Waffen; reiste hierauf aus heiligem Eifer nach
Liefland, und ward daselbst Abt von dem Kloster Dünemünde; solte auch nachher
*) Die Bestätigung dieses Vergleichs befindet sich unter den Bullen des Pabsts Jnnocentius III libr. 13.
ep. 141. p.
479. Die Formalien bestehen darinne, daß den Brüdern der dritte Theil von Lett- und
Liefland
zugestanden wird, wofür sie in zeitl. nichts zu erlegen, sondern nur für den Schutz der Kir-
che wider die Heiden stets zu sorgen hätten. Der damalige Ordensmeister verspricht dem Rigischen
Bischof unverrückten Gehorsam, die Brüder aber und die Geistlichen, werden von Entrichtung
der Zehnden, der Erstlinge, des Opfergeldes und der Ordinationsunkosten losgesprochen. Doch
sollen die Bauren den Zehnden an ihre Kirchen zahlen, davon das Viertel dem Bischof anheim
fält, wenn ers nicht aus vernünftigen Ursachen freywillig erlassen will. Die Brüder und ihre Nach-
folger behalten das Recht Candidaten in Vorschlag zu bringen, die der Bischof so gleich annehmen wird.
Zur Kirchenvisitation sollen sie dem Bischof jährlich einmal zwanzig Fuhren stellen, wenn er ihr Haus
besucht; zweymal aber des Jahrs ihn auf die Pfarren herumschaffen. Von den auswärtigen Provin-
zen, die sie noch einbekommen möchten, sind sie an keine Rechenschaft vor dem Bischof gebunden, son-
dern haben sich, wenn wegen der Wahl der Bischöfe keine Einigkeit da ist, an den römischen Stuhl
zu wenden. Sie solten auf ihrem Kleide ein ander Zeichen, als die Tempelherren tragen, um zu zei-
gen, daß sie diesen gar nicht unterworfen wären. Sie solten dabey für sich und die ihrigen freyes Be-
gräbniß haben, auch so gar die, so sich in Riga das Grab bestellen würden, doch unbeschadet des ver-
ordneten Antheils der Kirchen, wovon die Leichen weggeführet würden. Diese ist gezeichnet im Lateran
den zwanzigsten October, im dreyzehnten Jahr seiner päbstlichen Regirung (Anno 1210) und an den
Bischof Albert selbst gerichtet. Ein ander Breve an den Ordensmeister Volquin von gleichem Tag,
Orte und Jahre datirt, befindet sich eben daselbst von eben demselben Jnhalt.
Y 2

von 1210 bis 1211.
Haͤuſer an, hieben die Maͤnner nieder, zogen die Weiber und Kinder aus den1210
dickſten Waͤldern hervor, und ſchlepten ſie gefangen mit ſich. Als die Rigiſchen
und Pilger davon Nachricht erhielten, ſo machten ſie ſich auf, und kamen nach
Thoreida. Die Heiden aber die ſolche Ankunft vermuthet hatten, kehrten nach
drey Tagen mit aller ihrer Beute uͤber Hals und Kopf wieder in ihr Land.
Caupo zog ihnen mit einigen Deutſchen und andern nach Saccala nach,
ſteckte viele Doͤrfer und die Schloͤſſer Owele und Purke in Brand, nahm viele
Beute mit ſich, toͤdtete viele Mansperſonen, und fuͤhrte die Weiber mit ihren
Kindern in die Gefangenſchaft mit weg.

c) Die Formalien liefern wir in dem Anhang der Urkunden *).
d) Dieſem Philipp, als viertem Biſchof der erneuerten Reſidenz Ratzeburg, hat Arnold
von Luͤbek ſein Chronicon Slavorum zugeſchrieben, deſſen angetretene Regirung
er libr. 7. c. 11. ſehr ruͤhmet. Er war ein guter Freund von der Familie der Wepen,
wie ſein Vorfahre im Amte Jsfried, der Heinrich den Loͤwen auf dem Sterbebette
bedienet. Als der Pabſt, Kaiſer Otto den IV und deſſen Freunde in Bann gethan, ſo
wolte Philipp dieſem Bannſtrahl entgehen und zog nach Liefland, brachte ſeine Lebens-
zeit da zu, und war in Deutſchland wenig bekant; kan aber nun endlich aus dieſer
Geſchichte wieder erkant werden. Denn was Cranz hat Metropol. l. 7. c. 22. iſt nicht
werth, daß mans nachſchlaͤgt.
e) Jſo, Biſchof von Verden an der Aller, ein Graf von Welpen, wird von Arnol-
den
libr. 7. c. 9. n. 7. denen Groſſen beygezaͤhlet, die Alberten in ſeinem Unternehmen
auf Liefland huͤlfliche Hand geboten; gleichfals c. 19. n. 2. ſtehet er unter den Biſchoͤ-
fen und Fuͤrſten, die Anno 1209 nach Wuͤrzburg zogen, ſich dem Kaiſer Otto dem
IVten zu unterwerfen. Als er aber auf ſeiner Ruͤckreiſe aus Jtalien wegen Drohungen
des Pabſts ſelbigem aufzuwarten ſich nicht getrauete: ſo unterließ er doch nicht deſſen
Bruͤdern alle Ehre zu erzeigen, inſonderheit, ſeit dem nach des Otto Tode Heinrich
von der Pfalz und Friederich der andere in ſo genaue Freundſchaft gekommen, daß
dieſer jenen zum Abgeſandten des Reichs machte. Da auch dieſer mit Tode abgegan-
gen, hat unſer Jſo fuͤr den jungen Otto, der damals zu Schwerin gefangen ſaß,
alle Kraͤfte angewendet, daß er ſein vaͤterlich Erbtheil ungekraͤnkt behielt. Sonderlich
half er ſeiner Mutter Helena, daß ſie dieſes behauptete, und die Liebe der Nach-
baren gewinnen konte. Und weil er in ſeinem Ausſchreiben die Helena ſeine Mitmutter
nennet, ſo glaubt man nicht ohne Grund, daß er den jungen Otto aus der Taufe ge-
hoben und ſein Pathe geweſen.
f) Dieſes Herrn Thaten beſchreibet Schaten Annal. Paderborn. tom. 1. beym Jahr 1203
und folgenden.
g) Bernhard von der Lippe, Generaliſſimus der Truppen Heinrichs des Loͤwen, ein
braver Soldate, wurde nach dem toͤdlichen Hintrit ſeines Herrn der Welt uͤberdruͤßig,
zog in dem Ciſtercienſer Kloſter Marienfelde im Bisthum Muͤnſter die Moͤnchskutte
an; legte ſich noch in ſeinen alten Tagen aufs Studiren, und fand mehr Vergnuͤgen an
den Moͤnchsuͤbungen, als an den Waffen; reiſte hierauf aus heiligem Eifer nach
Liefland, und ward daſelbſt Abt von dem Kloſter Duͤnemuͤnde; ſolte auch nachher
*) Die Beſtaͤtigung dieſes Vergleichs befindet ſich unter den Bullen des Pabſts Jnnocentius III libr. 13.
ep. 141. p.
479. Die Formalien beſtehen darinne, daß den Bruͤdern der dritte Theil von Lett- und
Liefland
zugeſtanden wird, wofuͤr ſie in zeitl. nichts zu erlegen, ſondern nur fuͤr den Schutz der Kir-
che wider die Heiden ſtets zu ſorgen haͤtten. Der damalige Ordensmeiſter verſpricht dem Rigiſchen
Biſchof unverruͤckten Gehorſam, die Bruͤder aber und die Geiſtlichen, werden von Entrichtung
der Zehnden, der Erſtlinge, des Opfergeldes und der Ordinationsunkoſten losgeſprochen. Doch
ſollen die Bauren den Zehnden an ihre Kirchen zahlen, davon das Viertel dem Biſchof anheim
faͤlt, wenn ers nicht aus vernuͤnftigen Urſachen freywillig erlaſſen will. Die Bruͤder und ihre Nach-
folger behalten das Recht Candidaten in Vorſchlag zu bringen, die der Biſchof ſo gleich annehmen wird.
Zur Kirchenviſitation ſollen ſie dem Biſchof jaͤhrlich einmal zwanzig Fuhren ſtellen, wenn er ihr Haus
beſucht; zweymal aber des Jahrs ihn auf die Pfarren herumſchaffen. Von den auswaͤrtigen Provin-
zen, die ſie noch einbekommen moͤchten, ſind ſie an keine Rechenſchaft vor dem Biſchof gebunden, ſon-
dern haben ſich, wenn wegen der Wahl der Biſchoͤfe keine Einigkeit da iſt, an den roͤmiſchen Stuhl
zu wenden. Sie ſolten auf ihrem Kleide ein ander Zeichen, als die Tempelherren tragen, um zu zei-
gen, daß ſie dieſen gar nicht unterworfen waͤren. Sie ſolten dabey fuͤr ſich und die ihrigen freyes Be-
graͤbniß haben, auch ſo gar die, ſo ſich in Riga das Grab beſtellen wuͤrden, doch unbeſchadet des ver-
ordneten Antheils der Kirchen, wovon die Leichen weggefuͤhret wuͤrden. Dieſe iſt gezeichnet im Lateran
den zwanzigſten October, im dreyzehnten Jahr ſeiner paͤbſtlichen Regirung (Anno 1210) und an den
Biſchof Albert ſelbſt gerichtet. Ein ander Breve an den Ordensmeiſter Volquin von gleichem Tag,
Orte und Jahre datirt, befindet ſich eben daſelbſt von eben demſelben Jnhalt.
Y 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0119" n="87"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von 1210 bis 1211.</hi></fw><lb/>
Ha&#x0364;u&#x017F;er an, hieben die Ma&#x0364;nner nieder, zogen die Weiber und Kinder aus den<note place="right">1210</note><lb/>
dick&#x017F;ten Wa&#x0364;ldern hervor, und &#x017F;chlepten &#x017F;ie gefangen mit &#x017F;ich. Als die <hi rendition="#fr">Rigi&#x017F;chen</hi><lb/>
und Pilger davon Nachricht erhielten, &#x017F;o machten &#x017F;ie &#x017F;ich auf, und kamen nach<lb/><hi rendition="#fr">Thoreida.</hi> Die <hi rendition="#fr">Heiden</hi> aber die &#x017F;olche Ankunft vermuthet hatten, kehrten nach<lb/>
drey Tagen mit aller ihrer Beute u&#x0364;ber Hals und Kopf wieder in ihr Land.<lb/><hi rendition="#fr">Caupo</hi> zog ihnen mit einigen <hi rendition="#fr">Deut&#x017F;chen</hi> und andern nach <hi rendition="#fr">Saccala</hi> nach,<lb/>
&#x017F;teckte viele Do&#x0364;rfer und die Schlo&#x0364;&#x017F;&#x017F;er <hi rendition="#fr">Owele</hi> und <hi rendition="#fr">Purke</hi> in Brand, nahm viele<lb/>
Beute mit &#x017F;ich, to&#x0364;dtete viele Mansper&#x017F;onen, und fu&#x0364;hrte die Weiber mit ihren<lb/>
Kindern in die Gefangen&#x017F;chaft mit weg.</p><lb/>
              <note place="end" n="c)">Die Formalien liefern wir in dem Anhang der Urkunden <note place="foot" n="*)">Die Be&#x017F;ta&#x0364;tigung die&#x017F;es Vergleichs befindet &#x017F;ich unter den Bullen des Pab&#x017F;ts <hi rendition="#fr">Jnnocentius</hi> <hi rendition="#aq">III libr. 13.<lb/>
ep. 141. p.</hi> 479. Die Formalien be&#x017F;tehen darinne, daß den Bru&#x0364;dern der dritte Theil von <hi rendition="#fr">Lett- und<lb/>
Liefland</hi> zuge&#x017F;tanden wird, wofu&#x0364;r &#x017F;ie in zeitl. nichts zu erlegen, &#x017F;ondern nur fu&#x0364;r den Schutz der Kir-<lb/>
che wider die <hi rendition="#fr">Heiden</hi> &#x017F;tets zu &#x017F;orgen ha&#x0364;tten. Der damalige Ordensmei&#x017F;ter ver&#x017F;pricht dem <hi rendition="#fr">Rigi&#x017F;chen</hi><lb/>
Bi&#x017F;chof unverru&#x0364;ckten Gehor&#x017F;am, die Bru&#x0364;der aber und die Gei&#x017F;tlichen, werden von Entrichtung<lb/>
der Zehnden, der Er&#x017F;tlinge, des Opfergeldes und der Ordinationsunko&#x017F;ten losge&#x017F;prochen. Doch<lb/>
&#x017F;ollen die Bauren den Zehnden an ihre Kirchen zahlen, davon das Viertel dem Bi&#x017F;chof anheim<lb/>
fa&#x0364;lt, wenn ers nicht aus vernu&#x0364;nftigen Ur&#x017F;achen freywillig erla&#x017F;&#x017F;en will. Die Bru&#x0364;der und ihre Nach-<lb/>
folger behalten das Recht Candidaten in Vor&#x017F;chlag zu bringen, die der Bi&#x017F;chof &#x017F;o gleich annehmen wird.<lb/>
Zur Kirchenvi&#x017F;itation &#x017F;ollen &#x017F;ie dem Bi&#x017F;chof ja&#x0364;hrlich einmal zwanzig Fuhren &#x017F;tellen, wenn er ihr Haus<lb/>
be&#x017F;ucht; zweymal aber des Jahrs ihn auf die Pfarren herum&#x017F;chaffen. Von den auswa&#x0364;rtigen Provin-<lb/>
zen, die &#x017F;ie noch einbekommen mo&#x0364;chten, &#x017F;ind &#x017F;ie an keine Rechen&#x017F;chaft vor dem Bi&#x017F;chof gebunden, &#x017F;on-<lb/>
dern haben &#x017F;ich, wenn wegen der Wahl der Bi&#x017F;cho&#x0364;fe keine Einigkeit da i&#x017F;t, an den <hi rendition="#fr">ro&#x0364;mi&#x017F;chen</hi> Stuhl<lb/>
zu wenden. Sie &#x017F;olten auf ihrem Kleide ein ander Zeichen, als die Tempelherren tragen, um zu zei-<lb/>
gen, daß &#x017F;ie die&#x017F;en gar nicht unterworfen wa&#x0364;ren. Sie &#x017F;olten dabey fu&#x0364;r &#x017F;ich und die ihrigen freyes Be-<lb/>
gra&#x0364;bniß haben, auch &#x017F;o gar die, &#x017F;o &#x017F;ich in <hi rendition="#fr">Riga</hi> das Grab be&#x017F;tellen wu&#x0364;rden, doch unbe&#x017F;chadet des ver-<lb/>
ordneten Antheils der Kirchen, wovon die Leichen weggefu&#x0364;hret wu&#x0364;rden. Die&#x017F;e i&#x017F;t gezeichnet im Lateran<lb/>
den zwanzig&#x017F;ten October, im dreyzehnten Jahr &#x017F;einer pa&#x0364;b&#x017F;tlichen Regirung (Anno 1210) und an den<lb/>
Bi&#x017F;chof <hi rendition="#fr">Albert</hi> &#x017F;elb&#x017F;t gerichtet. Ein ander Breve an den Ordensmei&#x017F;ter <hi rendition="#fr">Volquin</hi> von gleichem Tag,<lb/>
Orte und Jahre datirt, befindet &#x017F;ich eben da&#x017F;elb&#x017F;t von eben dem&#x017F;elben Jnhalt.</note>.</note><lb/>
              <note place="end" n="d)">Die&#x017F;em <hi rendition="#fr">Philipp,</hi> als viertem Bi&#x017F;chof der erneuerten Re&#x017F;idenz <hi rendition="#fr">Ratzeburg,</hi> hat <hi rendition="#fr">Arnold</hi><lb/>
von <hi rendition="#fr">Lu&#x0364;bek</hi> &#x017F;ein <hi rendition="#aq">Chronicon Slavorum</hi> zuge&#x017F;chrieben, de&#x017F;&#x017F;en angetretene Regirung<lb/>
er <hi rendition="#aq">libr. 7. c.</hi> 11. &#x017F;ehr ru&#x0364;hmet. Er war ein guter Freund von der Familie der <hi rendition="#fr">Wepen,</hi><lb/>
wie &#x017F;ein Vorfahre im Amte <hi rendition="#fr">Jsfried,</hi> der <hi rendition="#fr">Heinrich</hi> den <hi rendition="#fr">Lo&#x0364;wen</hi> auf dem Sterbebette<lb/>
bedienet. Als der Pab&#x017F;t, Kai&#x017F;er <hi rendition="#fr">Otto</hi> den <hi rendition="#aq">IV</hi> und de&#x017F;&#x017F;en Freunde in Bann gethan, &#x017F;o<lb/>
wolte <hi rendition="#fr">Philipp</hi> die&#x017F;em Bann&#x017F;trahl entgehen und zog nach <hi rendition="#fr">Liefland,</hi> brachte &#x017F;eine Lebens-<lb/>
zeit da zu, und war in <hi rendition="#fr">Deut&#x017F;chland</hi> wenig bekant; kan aber nun endlich aus die&#x017F;er<lb/>
Ge&#x017F;chichte wieder erkant werden. Denn was <hi rendition="#fr">Cranz</hi> hat <hi rendition="#aq">Metropol. l. 7. c.</hi> 22. i&#x017F;t nicht<lb/>
werth, daß mans nach&#x017F;chla&#x0364;gt.</note><lb/>
              <note place="end" n="e)"><hi rendition="#fr">J&#x017F;o,</hi> Bi&#x017F;chof von <hi rendition="#fr">Verden</hi> an der <hi rendition="#fr">Aller,</hi> ein Graf von <hi rendition="#fr">Welpen,</hi> wird von <hi rendition="#fr">Arnol-<lb/>
den</hi> <hi rendition="#aq">libr. 7. c. 9. n.</hi> 7. denen Gro&#x017F;&#x017F;en beygeza&#x0364;hlet, die <hi rendition="#fr">Alberten</hi> in &#x017F;einem Unternehmen<lb/>
auf <hi rendition="#fr">Liefland</hi> hu&#x0364;lfliche Hand geboten; gleichfals <hi rendition="#aq">c. 19. n.</hi> 2. &#x017F;tehet er unter den Bi&#x017F;cho&#x0364;-<lb/>
fen und Fu&#x0364;r&#x017F;ten, die Anno 1209 nach <hi rendition="#fr">Wu&#x0364;rzburg</hi> zogen, &#x017F;ich dem Kai&#x017F;er <hi rendition="#fr">Otto</hi> dem<lb/><hi rendition="#aq">IV</hi>ten zu unterwerfen. Als er aber auf &#x017F;einer Ru&#x0364;ckrei&#x017F;e aus <hi rendition="#fr">Jtalien</hi> wegen Drohungen<lb/>
des Pab&#x017F;ts &#x017F;elbigem aufzuwarten &#x017F;ich nicht getrauete: &#x017F;o unterließ er doch nicht de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Bru&#x0364;dern alle Ehre zu erzeigen, in&#x017F;onderheit, &#x017F;eit dem nach des <hi rendition="#fr">Otto</hi> Tode <hi rendition="#fr">Heinrich</hi><lb/>
von der <hi rendition="#fr">Pfalz</hi> und <hi rendition="#fr">Friederich</hi> der andere in &#x017F;o genaue Freund&#x017F;chaft gekommen, daß<lb/>
die&#x017F;er jenen zum Abge&#x017F;andten des Reichs machte. Da auch die&#x017F;er mit Tode abgegan-<lb/>
gen, hat un&#x017F;er <hi rendition="#fr">J&#x017F;o</hi> fu&#x0364;r den jungen <hi rendition="#fr">Otto,</hi> der damals zu <hi rendition="#fr">Schwerin</hi> gefangen &#x017F;aß,<lb/>
alle Kra&#x0364;fte angewendet, daß er &#x017F;ein va&#x0364;terlich Erbtheil ungekra&#x0364;nkt behielt. Sonderlich<lb/>
half er &#x017F;einer Mutter <hi rendition="#fr">Helena,</hi> daß &#x017F;ie die&#x017F;es behauptete, und die Liebe der Nach-<lb/>
baren gewinnen konte. Und weil er in &#x017F;einem Aus&#x017F;chreiben die <hi rendition="#fr">Helena</hi> &#x017F;eine Mitmutter<lb/>
nennet, &#x017F;o glaubt man nicht ohne Grund, daß er den jungen <hi rendition="#fr">Otto</hi> aus der Taufe ge-<lb/>
hoben und &#x017F;ein Pathe gewe&#x017F;en.</note><lb/>
              <note place="end" n="f)">Die&#x017F;es Herrn Thaten be&#x017F;chreibet <hi rendition="#fr">Schaten</hi> <hi rendition="#aq">Annal. Paderborn. tom.</hi> 1. beym Jahr 1203<lb/>
und folgenden.</note><lb/>
              <note place="end" n="g)"><hi rendition="#fr">Bernhard</hi> von der <hi rendition="#fr">Lippe,</hi> Generali&#x017F;&#x017F;imus der Truppen <hi rendition="#fr">Heinrichs</hi> des <hi rendition="#fr">Lo&#x0364;wen,</hi> ein<lb/>
braver Soldate, wurde nach dem to&#x0364;dlichen Hintrit &#x017F;eines Herrn der Welt u&#x0364;berdru&#x0364;ßig,<lb/>
zog in dem <hi rendition="#fr">Ci&#x017F;tercien&#x017F;er</hi> Klo&#x017F;ter <hi rendition="#fr">Marienfelde</hi> im Bisthum <hi rendition="#fr">Mu&#x0364;n&#x017F;ter</hi> die Mo&#x0364;nchskutte<lb/>
an; legte &#x017F;ich noch in &#x017F;einen alten Tagen aufs Studiren, und fand mehr Vergnu&#x0364;gen an<lb/>
den Mo&#x0364;nchsu&#x0364;bungen, als an den Waffen; rei&#x017F;te hierauf aus heiligem Eifer nach<lb/><hi rendition="#fr">Liefland,</hi> und ward da&#x017F;elb&#x017F;t Abt von dem Klo&#x017F;ter <hi rendition="#fr">Du&#x0364;nemu&#x0364;nde;</hi> &#x017F;olte auch nachher<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Y 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Bi&#x017F;chof</fw><lb/></note>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[87/0119] von 1210 bis 1211. Haͤuſer an, hieben die Maͤnner nieder, zogen die Weiber und Kinder aus den dickſten Waͤldern hervor, und ſchlepten ſie gefangen mit ſich. Als die Rigiſchen und Pilger davon Nachricht erhielten, ſo machten ſie ſich auf, und kamen nach Thoreida. Die Heiden aber die ſolche Ankunft vermuthet hatten, kehrten nach drey Tagen mit aller ihrer Beute uͤber Hals und Kopf wieder in ihr Land. Caupo zog ihnen mit einigen Deutſchen und andern nach Saccala nach, ſteckte viele Doͤrfer und die Schloͤſſer Owele und Purke in Brand, nahm viele Beute mit ſich, toͤdtete viele Mansperſonen, und fuͤhrte die Weiber mit ihren Kindern in die Gefangenſchaft mit weg. 1210 c⁾ Die Formalien liefern wir in dem Anhang der Urkunden *). d⁾ Dieſem Philipp, als viertem Biſchof der erneuerten Reſidenz Ratzeburg, hat Arnold von Luͤbek ſein Chronicon Slavorum zugeſchrieben, deſſen angetretene Regirung er libr. 7. c. 11. ſehr ruͤhmet. Er war ein guter Freund von der Familie der Wepen, wie ſein Vorfahre im Amte Jsfried, der Heinrich den Loͤwen auf dem Sterbebette bedienet. Als der Pabſt, Kaiſer Otto den IV und deſſen Freunde in Bann gethan, ſo wolte Philipp dieſem Bannſtrahl entgehen und zog nach Liefland, brachte ſeine Lebens- zeit da zu, und war in Deutſchland wenig bekant; kan aber nun endlich aus dieſer Geſchichte wieder erkant werden. Denn was Cranz hat Metropol. l. 7. c. 22. iſt nicht werth, daß mans nachſchlaͤgt. e⁾ Jſo, Biſchof von Verden an der Aller, ein Graf von Welpen, wird von Arnol- den libr. 7. c. 9. n. 7. denen Groſſen beygezaͤhlet, die Alberten in ſeinem Unternehmen auf Liefland huͤlfliche Hand geboten; gleichfals c. 19. n. 2. ſtehet er unter den Biſchoͤ- fen und Fuͤrſten, die Anno 1209 nach Wuͤrzburg zogen, ſich dem Kaiſer Otto dem IVten zu unterwerfen. Als er aber auf ſeiner Ruͤckreiſe aus Jtalien wegen Drohungen des Pabſts ſelbigem aufzuwarten ſich nicht getrauete: ſo unterließ er doch nicht deſſen Bruͤdern alle Ehre zu erzeigen, inſonderheit, ſeit dem nach des Otto Tode Heinrich von der Pfalz und Friederich der andere in ſo genaue Freundſchaft gekommen, daß dieſer jenen zum Abgeſandten des Reichs machte. Da auch dieſer mit Tode abgegan- gen, hat unſer Jſo fuͤr den jungen Otto, der damals zu Schwerin gefangen ſaß, alle Kraͤfte angewendet, daß er ſein vaͤterlich Erbtheil ungekraͤnkt behielt. Sonderlich half er ſeiner Mutter Helena, daß ſie dieſes behauptete, und die Liebe der Nach- baren gewinnen konte. Und weil er in ſeinem Ausſchreiben die Helena ſeine Mitmutter nennet, ſo glaubt man nicht ohne Grund, daß er den jungen Otto aus der Taufe ge- hoben und ſein Pathe geweſen. f⁾ Dieſes Herrn Thaten beſchreibet Schaten Annal. Paderborn. tom. 1. beym Jahr 1203 und folgenden. g⁾ Bernhard von der Lippe, Generaliſſimus der Truppen Heinrichs des Loͤwen, ein braver Soldate, wurde nach dem toͤdlichen Hintrit ſeines Herrn der Welt uͤberdruͤßig, zog in dem Ciſtercienſer Kloſter Marienfelde im Bisthum Muͤnſter die Moͤnchskutte an; legte ſich noch in ſeinen alten Tagen aufs Studiren, und fand mehr Vergnuͤgen an den Moͤnchsuͤbungen, als an den Waffen; reiſte hierauf aus heiligem Eifer nach Liefland, und ward daſelbſt Abt von dem Kloſter Duͤnemuͤnde; ſolte auch nachher Biſchof *) Die Beſtaͤtigung dieſes Vergleichs befindet ſich unter den Bullen des Pabſts Jnnocentius III libr. 13. ep. 141. p. 479. Die Formalien beſtehen darinne, daß den Bruͤdern der dritte Theil von Lett- und Liefland zugeſtanden wird, wofuͤr ſie in zeitl. nichts zu erlegen, ſondern nur fuͤr den Schutz der Kir- che wider die Heiden ſtets zu ſorgen haͤtten. Der damalige Ordensmeiſter verſpricht dem Rigiſchen Biſchof unverruͤckten Gehorſam, die Bruͤder aber und die Geiſtlichen, werden von Entrichtung der Zehnden, der Erſtlinge, des Opfergeldes und der Ordinationsunkoſten losgeſprochen. Doch ſollen die Bauren den Zehnden an ihre Kirchen zahlen, davon das Viertel dem Biſchof anheim faͤlt, wenn ers nicht aus vernuͤnftigen Urſachen freywillig erlaſſen will. Die Bruͤder und ihre Nach- folger behalten das Recht Candidaten in Vorſchlag zu bringen, die der Biſchof ſo gleich annehmen wird. Zur Kirchenviſitation ſollen ſie dem Biſchof jaͤhrlich einmal zwanzig Fuhren ſtellen, wenn er ihr Haus beſucht; zweymal aber des Jahrs ihn auf die Pfarren herumſchaffen. Von den auswaͤrtigen Provin- zen, die ſie noch einbekommen moͤchten, ſind ſie an keine Rechenſchaft vor dem Biſchof gebunden, ſon- dern haben ſich, wenn wegen der Wahl der Biſchoͤfe keine Einigkeit da iſt, an den roͤmiſchen Stuhl zu wenden. Sie ſolten auf ihrem Kleide ein ander Zeichen, als die Tempelherren tragen, um zu zei- gen, daß ſie dieſen gar nicht unterworfen waͤren. Sie ſolten dabey fuͤr ſich und die ihrigen freyes Be- graͤbniß haben, auch ſo gar die, ſo ſich in Riga das Grab beſtellen wuͤrden, doch unbeſchadet des ver- ordneten Antheils der Kirchen, wovon die Leichen weggefuͤhret wuͤrden. Dieſe iſt gezeichnet im Lateran den zwanzigſten October, im dreyzehnten Jahr ſeiner paͤbſtlichen Regirung (Anno 1210) und an den Biſchof Albert ſelbſt gerichtet. Ein ander Breve an den Ordensmeiſter Volquin von gleichem Tag, Orte und Jahre datirt, befindet ſich eben daſelbſt von eben demſelben Jnhalt. Y 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik01_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik01_1747/119
Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik01_1747/119>, abgerufen am 23.11.2024.