[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.Geschichte des dritten Bischof Alberts, eilftes Jahr, Des Bischof Alberts eilftes Jahr, vom Jahr Christi 1208 bis 1209. §. 1. 1208Der Bischof Albert langete im eilften Jahre seines Bisthums wieder aus a) Chytraeus Saxon. l. 1. p. 18. Jm Jahr 1208 machte Albert Rudolphen von Jeri- cho über das von ihm daselbst erbauete Schloß (nemlich Kokenhusen) zum Commen- danten. §. 2. Zu derselben Zeit war einer unter den Brüdern der Ritterschaft b), Wigbert, wuste *) Jm Manuscripte stehet medietatem, die Helfte, daß also der Bischof den vierten Theil für sich be-
halten. Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, eilftes Jahr, Des Biſchof Alberts eilftes Jahr, vom Jahr Chriſti 1208 bis 1209. §. 1. 1208Der Biſchof Albert langete im eilften Jahre ſeines Bisthums wieder aus a) Chytræus Saxon. l. 1. p. 18. Jm Jahr 1208 machte Albert Rudolphen von Jeri- cho uͤber das von ihm daſelbſt erbauete Schloß (nemlich Kokenhuſen) zum Commen- danten. §. 2. Zu derſelben Zeit war einer unter den Bruͤdern der Ritterſchaft b), Wigbert, wuſte *) Jm Manuſcripte ſtehet medietatem, die Helfte, daß alſo der Biſchof den vierten Theil fuͤr ſich be-
halten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0104" n="72"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, eilftes Jahr,</hi> </fw><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">Des Biſchof Alberts eilftes Jahr,<lb/> vom Jahr Chriſti 1208 bis 1209.</hi> </head><lb/> <div n="4"> <head>§. 1.</head><lb/> <note place="left">1208</note> <p><hi rendition="#in">D</hi>er Biſchof <hi rendition="#fr">Albert</hi> langete im eilften Jahre ſeines Bisthums wieder aus<lb/><hi rendition="#fr">Deutſchland</hi> an, und hatte in ſeiner Reiſegeſelſchaft eine zahlreiche<lb/> Menge Pilger. Unter dieſen waren <hi rendition="#fr">Rudolph</hi> von <hi rendition="#fr">Jericho</hi> und<lb/><hi rendition="#fr">Wolther</hi> von <hi rendition="#fr">Hamersleven,</hi> und andere mehrere Vornehme, Ritter und Geiſt-<lb/> liche mit allem ihrem Volke, die ſich alleſamt auf das gefaͤhrliche Meer begeben,<lb/> und in <hi rendition="#fr">Liefland</hi> ankamen. Auf ihr Anrathen berief der Biſchof alle ſchon laͤngſt<lb/> bekehrte <hi rendition="#fr">Liven</hi> und <hi rendition="#fr">Letten</hi> zuſammen, und erinnerte ſich der groſſen Kraͤn-<lb/> kung, in welche der Koͤnig <hi rendition="#fr">Veſceka</hi> von <hi rendition="#fr">Kukenois</hi> ihn und die Seinen voriges<lb/> Jahr geſetzet, als er die Ritter, und ſeine Bedienten, ſo er auf ſeine Bitte ihm<lb/> mit vielen Koſten wider die <hi rendition="#fr">Litthauer</hi> zu Huͤlfe geſchickt, mit Liſt und groſſem<lb/> Betrug niedergemacht, und wandte ſich mit allen Pilgern und ſeiner Armee nach<lb/><hi rendition="#fr">Kukenois.</hi> Da er nun den Schloßberg an ſich ſelbſt wuͤſte, und wegen Unſau-<lb/> berkeit der ehmaligen Einwohner voller Ungeziefer und Schlangen fand, befahl<lb/> und bat er dieſen Berg zu reinigen und wiederherzuſtellen, ließ ihn mit veſten Wer-<lb/> ken verſehen, bauete ein ſehr veſtes Schloß daſelbſt, hinterließ dabey Soldaten<lb/> und Steinſchuͤtzen mit ſeinen eigenen Bedienten, das Schloß zu bewahren, ließ<lb/> es auch mit vielen darauf gewandten Koſten genau bewachen, damit nicht etwan<lb/> der <hi rendition="#fr">Litthauer</hi> Geſchwindigkeit, oder der <hi rendition="#fr">Ruſſen</hi> Verſtellung und Liſt ihnen den<lb/> vorigen Poſſen ſpiele. Er uͤberließ zugleich an oberwehnten <hi rendition="#fr">Rudolph</hi> von <hi rendition="#fr">Je-<lb/> richo</hi> <note place="end" n="a)"/> zwey Theile <note place="foot" n="*)">Jm Manuſcripte ſtehet <hi rendition="#aq">medietatem,</hi> die Helfte, daß alſo der Biſchof den vierten Theil fuͤr ſich be-<lb/> halten.</note> des Schloſſes in ſeinem Namen, und den Bruͤdern<lb/> der Ritterſchaft gab er ihren dritten Theil. Nachdem er ſie daſelbſt gelaſſen, und<lb/> alles wohl eingerichtet, kehrte er nach <hi rendition="#fr">Riga</hi> wieder zu ſeiner Gemeine. Die<lb/><hi rendition="#fr">Letten</hi> aber fielen immittelſt mit zwey Armeen in <hi rendition="#fr">Litthauen</hi> ein, machten ver-<lb/> ſchiedene nieder, nahmen manche gefangen, und langten wieder bey unſern Leu-<lb/> ten in <hi rendition="#fr">Kukenois</hi> an, begaben ſich auch hierauf mit dem Biſchof und allen den<lb/> Jhrigen wieder nach Hauſe.</p><lb/> <note place="end" n="a)"><hi rendition="#aq">Chytræus Saxon. l. 1. p.</hi> 18. Jm Jahr 1208 machte <hi rendition="#fr">Albert Rudolphen</hi> von <hi rendition="#fr">Jeri-<lb/> cho</hi> uͤber das von ihm daſelbſt erbauete Schloß (nemlich <hi rendition="#fr">Kokenhuſen</hi>) zum Commen-<lb/> danten.</note> </div><lb/> <div n="4"> <head>§. 2.</head><lb/> <p>Zu derſelben Zeit war einer unter den Bruͤdern der Ritterſchaft <note place="end" n="b)"/>, <hi rendition="#fr">Wigbert,</hi><lb/> der vielleicht ſein Herze mehr zur Liebe der Welt als zur Ordenszucht geneiget, und<lb/> vor ſeine Perſon unter den Bruͤdern viele Mißhelligkeiten angeſtiftet hatte. Dieſer,<lb/> weil er einen rechten Abſcheu an dem Umgang der Heiligen, und einen Ueberdruß an dem<lb/> Ritterorden <hi rendition="#fr">Chriſti</hi> ſpuͤren ließ, kam zu dem Prieſter nach <hi rendition="#fr">Ydumea</hi> und gab vor, er<lb/> wolle daſelbſt warten, bis der Biſchof kaͤme und gegen denſelben in allem ſich folgſam<lb/> erweiſen. Die Bruͤder der Ritterſchaft aber, <hi rendition="#fr">Bertold</hi> von <hi rendition="#fr">Wenden</hi> und einige an-<lb/> dere Bruͤder und Bediente, ſetzten dem Bruder <hi rendition="#fr">Wigbert</hi> als einem Entlaufenen nach,<lb/> bekamen ihn in <hi rendition="#fr">Ydumea,</hi> fuͤhrten ihn wieder nach <hi rendition="#fr">Wenden</hi> und legten ihn in Ei-<lb/> ſen. Als <hi rendition="#fr">Wigbert</hi> des Biſchofs Ankunft vernommen, bat er um ſeine Loslaſ-<lb/> ſung und um die Freyheit nach <hi rendition="#fr">Riga</hi> zu gehen, verſprach auch dem Biſchof und<lb/> den Bruͤdern gehorſam zu ſeyn. Die Bruͤder freueten ſich und hoften, ihr Mit-<lb/> bruder wuͤrde nach ſo vielen widrigen Verdrießlichkeiten als der ungerathne Sohn<lb/> Buſſe thun; ſchickten ihn alſo mit allen Ehren nach <hi rendition="#fr">Riga</hi> und thaten ihn wieder<lb/> in die Bruͤderſchaft. Dieſer aber, nachdem er als ein <hi rendition="#fr">Judas</hi> unter den Bruͤdern<lb/> ſich eine kleine Zeit aufgehalten, oder beſſer, als ein Wolf unter den Schafen,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">wuſte</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [72/0104]
Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, eilftes Jahr,
Des Biſchof Alberts eilftes Jahr,
vom Jahr Chriſti 1208 bis 1209.
§. 1.
Der Biſchof Albert langete im eilften Jahre ſeines Bisthums wieder aus
Deutſchland an, und hatte in ſeiner Reiſegeſelſchaft eine zahlreiche
Menge Pilger. Unter dieſen waren Rudolph von Jericho und
Wolther von Hamersleven, und andere mehrere Vornehme, Ritter und Geiſt-
liche mit allem ihrem Volke, die ſich alleſamt auf das gefaͤhrliche Meer begeben,
und in Liefland ankamen. Auf ihr Anrathen berief der Biſchof alle ſchon laͤngſt
bekehrte Liven und Letten zuſammen, und erinnerte ſich der groſſen Kraͤn-
kung, in welche der Koͤnig Veſceka von Kukenois ihn und die Seinen voriges
Jahr geſetzet, als er die Ritter, und ſeine Bedienten, ſo er auf ſeine Bitte ihm
mit vielen Koſten wider die Litthauer zu Huͤlfe geſchickt, mit Liſt und groſſem
Betrug niedergemacht, und wandte ſich mit allen Pilgern und ſeiner Armee nach
Kukenois. Da er nun den Schloßberg an ſich ſelbſt wuͤſte, und wegen Unſau-
berkeit der ehmaligen Einwohner voller Ungeziefer und Schlangen fand, befahl
und bat er dieſen Berg zu reinigen und wiederherzuſtellen, ließ ihn mit veſten Wer-
ken verſehen, bauete ein ſehr veſtes Schloß daſelbſt, hinterließ dabey Soldaten
und Steinſchuͤtzen mit ſeinen eigenen Bedienten, das Schloß zu bewahren, ließ
es auch mit vielen darauf gewandten Koſten genau bewachen, damit nicht etwan
der Litthauer Geſchwindigkeit, oder der Ruſſen Verſtellung und Liſt ihnen den
vorigen Poſſen ſpiele. Er uͤberließ zugleich an oberwehnten Rudolph von Je-
richo
a⁾
zwey Theile *) des Schloſſes in ſeinem Namen, und den Bruͤdern
der Ritterſchaft gab er ihren dritten Theil. Nachdem er ſie daſelbſt gelaſſen, und
alles wohl eingerichtet, kehrte er nach Riga wieder zu ſeiner Gemeine. Die
Letten aber fielen immittelſt mit zwey Armeen in Litthauen ein, machten ver-
ſchiedene nieder, nahmen manche gefangen, und langten wieder bey unſern Leu-
ten in Kukenois an, begaben ſich auch hierauf mit dem Biſchof und allen den
Jhrigen wieder nach Hauſe.
a⁾ Chytræus Saxon. l. 1. p. 18. Jm Jahr 1208 machte Albert Rudolphen von Jeri-
cho uͤber das von ihm daſelbſt erbauete Schloß (nemlich Kokenhuſen) zum Commen-
danten.
§. 2.
Zu derſelben Zeit war einer unter den Bruͤdern der Ritterſchaft
b⁾
, Wigbert,
der vielleicht ſein Herze mehr zur Liebe der Welt als zur Ordenszucht geneiget, und
vor ſeine Perſon unter den Bruͤdern viele Mißhelligkeiten angeſtiftet hatte. Dieſer,
weil er einen rechten Abſcheu an dem Umgang der Heiligen, und einen Ueberdruß an dem
Ritterorden Chriſti ſpuͤren ließ, kam zu dem Prieſter nach Ydumea und gab vor, er
wolle daſelbſt warten, bis der Biſchof kaͤme und gegen denſelben in allem ſich folgſam
erweiſen. Die Bruͤder der Ritterſchaft aber, Bertold von Wenden und einige an-
dere Bruͤder und Bediente, ſetzten dem Bruder Wigbert als einem Entlaufenen nach,
bekamen ihn in Ydumea, fuͤhrten ihn wieder nach Wenden und legten ihn in Ei-
ſen. Als Wigbert des Biſchofs Ankunft vernommen, bat er um ſeine Loslaſ-
ſung und um die Freyheit nach Riga zu gehen, verſprach auch dem Biſchof und
den Bruͤdern gehorſam zu ſeyn. Die Bruͤder freueten ſich und hoften, ihr Mit-
bruder wuͤrde nach ſo vielen widrigen Verdrießlichkeiten als der ungerathne Sohn
Buſſe thun; ſchickten ihn alſo mit allen Ehren nach Riga und thaten ihn wieder
in die Bruͤderſchaft. Dieſer aber, nachdem er als ein Judas unter den Bruͤdern
ſich eine kleine Zeit aufgehalten, oder beſſer, als ein Wolf unter den Schafen,
wuſte
*) Jm Manuſcripte ſtehet medietatem, die Helfte, daß alſo der Biſchof den vierten Theil fuͤr ſich be-
halten.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |