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Lessing, Gotthold Ephraim: Nathan der Weise. Berlin, 1779.

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Sey Christinn, oder Jüdinn, oder keines!
Gleich viel! gleich viel! Jch werd' Euch weder itzt
Noch jemals sonst in meinem ganzen Leben
Darum befragen. Sey, wie's sey!
Nathan.
Jhr wähnt
Wohl gar, daß mir die Wahrheit zu verbergen
Sehr nöthig?
Tempelherr.
Sey, wie's sey!
Nathan.
Jch hab' es ja
Euch -- oder wem es sonst zu wissen ziemt --
Noch nicht geleugnet, daß sie eine Christinn,
Und nichts als meine Pflegetochter ist. --
Warum ichs aber ihr noch nicht entdeckt? --
Darüber brauch' ich nur bey ihr mich zu
Entschuldigen.
Tempelherr.
Das sollt Jhr auch bey ihr
Nicht brauchen. -- Gönnts ihr doch, daß sie Euch nie
Mit andern Augen darf betrachten! Spart
Jhr die Entdeckung doch! -- Noch habt Jhr ja,
Jhr ganz allein, mit ihr zu schalten. Gebt
Sie mir! Jch bitt' euch, Nathan; gebt sie mir!
Jch bins allein, der sie zum zweytenmale
Euch retten kann -- und will.

Nathan.
Sey Chriſtinn, oder Juͤdinn, oder keines!
Gleich viel! gleich viel! Jch werd’ Euch weder itzt
Noch jemals ſonſt in meinem ganzen Leben
Darum befragen. Sey, wie’s ſey!
Nathan.
Jhr waͤhnt
Wohl gar, daß mir die Wahrheit zu verbergen
Sehr noͤthig?
Tempelherr.
Sey, wie’s ſey!
Nathan.
Jch hab’ es ja
Euch — oder wem es ſonſt zu wiſſen ziemt —
Noch nicht geleugnet, daß ſie eine Chriſtinn,
Und nichts als meine Pflegetochter iſt. —
Warum ichs aber ihr noch nicht entdeckt? —
Daruͤber brauch’ ich nur bey ihr mich zu
Entſchuldigen.
Tempelherr.
Das ſollt Jhr auch bey ihr
Nicht brauchen. — Goͤnnts ihr doch, daß ſie Euch nie
Mit andern Augen darf betrachten! Spart
Jhr die Entdeckung doch! — Noch habt Jhr ja,
Jhr ganz allein, mit ihr zu ſchalten. Gebt
Sie mir! Jch bitt’ euch, Nathan; gebt ſie mir!
Jch bins allein, der ſie zum zweytenmale
Euch retten kann — und will.

Nathan.
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[210/0218] Sey Chriſtinn, oder Juͤdinn, oder keines! Gleich viel! gleich viel! Jch werd’ Euch weder itzt Noch jemals ſonſt in meinem ganzen Leben Darum befragen. Sey, wie’s ſey! Nathan. Jhr waͤhnt Wohl gar, daß mir die Wahrheit zu verbergen Sehr noͤthig? Tempelherr. Sey, wie’s ſey! Nathan. Jch hab’ es ja Euch — oder wem es ſonſt zu wiſſen ziemt — Noch nicht geleugnet, daß ſie eine Chriſtinn, Und nichts als meine Pflegetochter iſt. — Warum ichs aber ihr noch nicht entdeckt? — Daruͤber brauch’ ich nur bey ihr mich zu Entſchuldigen. Tempelherr. Das ſollt Jhr auch bey ihr Nicht brauchen. — Goͤnnts ihr doch, daß ſie Euch nie Mit andern Augen darf betrachten! Spart Jhr die Entdeckung doch! — Noch habt Jhr ja, Jhr ganz allein, mit ihr zu ſchalten. Gebt Sie mir! Jch bitt’ euch, Nathan; gebt ſie mir! Jch bins allein, der ſie zum zweytenmale Euch retten kann — und will. Nathan.

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Zitationshilfe: Lessing, Gotthold Ephraim: Nathan der Weise. Berlin, 1779, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_nathan_1779/218>, abgerufen am 24.11.2024.