Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lessing, Gotthold Ephraim: Nathan der Weise. Berlin, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite
Saladin.
Herrlich! herrlich!
Nathan.
Und also; fuhr der Richter fort, wenn ihr
Nicht meinen Rath, statt meines Spruches, wollt:
Geht nur! -- Mein Rath ist aber der: ihr nehmt
Sie Sache völlig wie sie liegt. Hat von
Euch jeder seinen Ring von seinem Vater:
So glaube jeder sicher seinen Ring
Den echten. -- Möglich; daß der Vater nun
Die Tyranney des Einen Rings nicht länger
Jn seinem Hause dulden wollen! -- Und gewiß;
Daß er euch alle drey geliebt, und gleich
Geliebt: indem er zwey nicht drücken mögen,
Um einen zu begünstigen. -- Wohlan!
Es eifre jeder seiner unbestochnen
Von Vorurtheilen freyen Liebe nach!
Es strebe von euch jeder um die Wette,
Die Kraft des Steins in seinem Ring' an Tag
Zu legen! komme dieser Kraft mit Saustmuth,
Mit herzlicher Verträglichkeit, mit Wohlthun,
Mit innigster Ergebenheit in Gott,
Zu Hülf'! Und wenn sich dann der Steine Kräfte
Bey euern Kindes-Kindeskindern äussern:
So lad' ich über tausend tausend Jahre,
Sie wiederum vor diesen Stuhl. Da wird
Ein weisrer Mann auf diesem Stuhle sitzen,
Als
Saladin.
Herrlich! herrlich!
Nathan.
Und alſo; fuhr der Richter fort, wenn ihr
Nicht meinen Rath, ſtatt meines Spruches, wollt:
Geht nur! — Mein Rath iſt aber der: ihr nehmt
Sie Sache voͤllig wie ſie liegt. Hat von
Euch jeder ſeinen Ring von ſeinem Vater:
So glaube jeder ſicher ſeinen Ring
Den echten. — Moͤglich; daß der Vater nun
Die Tyranney des Einen Rings nicht laͤnger
Jn ſeinem Hauſe dulden wollen! — Und gewiß;
Daß er euch alle drey geliebt, und gleich
Geliebt: indem er zwey nicht druͤcken moͤgen,
Um einen zu beguͤnſtigen. — Wohlan!
Es eifre jeder ſeiner unbeſtochnen
Von Vorurtheilen freyen Liebe nach!
Es ſtrebe von euch jeder um die Wette,
Die Kraft des Steins in ſeinem Ring’ an Tag
Zu legen! komme dieſer Kraft mit Sauſtmuth,
Mit herzlicher Vertraͤglichkeit, mit Wohlthun,
Mit innigſter Ergebenheit in Gott,
Zu Huͤlf’! Und wenn ſich dann der Steine Kraͤfte
Bey euern Kindes-Kindeskindern aͤuſſern:
So lad’ ich uͤber tauſend tauſend Jahre,
Sie wiederum vor dieſen Stuhl. Da wird
Ein weiſrer Mann auf dieſem Stuhle ſitzen,
Als
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0134" n="126"/>
            <sp who="#SAL">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#g">Saladin.</hi> </hi> </speaker><lb/>
              <p> <hi rendition="#et">Herrlich! herrlich!</hi> </p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#NAT">
              <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#g">Nathan.</hi> </hi> </speaker><lb/>
              <p>Und al&#x017F;o; fuhr der Richter fort, wenn ihr<lb/>
Nicht meinen Rath, &#x017F;tatt meines Spruches, wollt:<lb/>
Geht nur! &#x2014; Mein Rath i&#x017F;t aber der: ihr nehmt<lb/>
Sie Sache vo&#x0364;llig wie &#x017F;ie liegt. Hat von<lb/>
Euch jeder &#x017F;einen Ring von &#x017F;einem Vater:<lb/>
So glaube jeder &#x017F;icher &#x017F;einen Ring<lb/>
Den echten. &#x2014; Mo&#x0364;glich; daß der Vater nun<lb/>
Die Tyranney des Einen Rings nicht la&#x0364;nger<lb/>
Jn &#x017F;einem Hau&#x017F;e dulden wollen! &#x2014; Und gewiß;<lb/>
Daß er euch alle drey geliebt, und gleich<lb/>
Geliebt: indem er zwey nicht dru&#x0364;cken mo&#x0364;gen,<lb/>
Um einen zu begu&#x0364;n&#x017F;tigen. &#x2014; Wohlan!<lb/>
Es eifre jeder &#x017F;einer unbe&#x017F;tochnen<lb/>
Von Vorurtheilen freyen Liebe nach!<lb/>
Es &#x017F;trebe von euch jeder um die Wette,<lb/>
Die Kraft des Steins in &#x017F;einem Ring&#x2019; an Tag<lb/>
Zu legen! komme die&#x017F;er Kraft mit Sau&#x017F;tmuth,<lb/>
Mit herzlicher Vertra&#x0364;glichkeit, mit Wohlthun,<lb/>
Mit innig&#x017F;ter Ergebenheit in Gott,<lb/>
Zu Hu&#x0364;lf&#x2019;! Und wenn &#x017F;ich dann der Steine Kra&#x0364;fte<lb/>
Bey euern Kindes-Kindeskindern a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ern:<lb/>
So lad&#x2019; ich u&#x0364;ber tau&#x017F;end tau&#x017F;end Jahre,<lb/>
Sie wiederum vor die&#x017F;en Stuhl. Da wird<lb/>
Ein wei&#x017F;rer Mann auf die&#x017F;em Stuhle &#x017F;itzen,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Als</fw><lb/></p>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[126/0134] Saladin. Herrlich! herrlich! Nathan. Und alſo; fuhr der Richter fort, wenn ihr Nicht meinen Rath, ſtatt meines Spruches, wollt: Geht nur! — Mein Rath iſt aber der: ihr nehmt Sie Sache voͤllig wie ſie liegt. Hat von Euch jeder ſeinen Ring von ſeinem Vater: So glaube jeder ſicher ſeinen Ring Den echten. — Moͤglich; daß der Vater nun Die Tyranney des Einen Rings nicht laͤnger Jn ſeinem Hauſe dulden wollen! — Und gewiß; Daß er euch alle drey geliebt, und gleich Geliebt: indem er zwey nicht druͤcken moͤgen, Um einen zu beguͤnſtigen. — Wohlan! Es eifre jeder ſeiner unbeſtochnen Von Vorurtheilen freyen Liebe nach! Es ſtrebe von euch jeder um die Wette, Die Kraft des Steins in ſeinem Ring’ an Tag Zu legen! komme dieſer Kraft mit Sauſtmuth, Mit herzlicher Vertraͤglichkeit, mit Wohlthun, Mit innigſter Ergebenheit in Gott, Zu Huͤlf’! Und wenn ſich dann der Steine Kraͤfte Bey euern Kindes-Kindeskindern aͤuſſern: So lad’ ich uͤber tauſend tauſend Jahre, Sie wiederum vor dieſen Stuhl. Da wird Ein weiſrer Mann auf dieſem Stuhle ſitzen, Als

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_nathan_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_nathan_1779/134
Zitationshilfe: Lessing, Gotthold Ephraim: Nathan der Weise. Berlin, 1779, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_nathan_1779/134>, abgerufen am 25.11.2024.