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Lessing, Gotthold Ephraim: Emilia Galotti. Berlin, 1772.

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Emilia Galotti.


Marinelli. Woran?
Orsina. Schwören Sie! -- Nein, schwö-
ren Sie nicht. Sie möchten eine Sünde mehr
begehen -- Oder ja; schwören Sie nur. Eine
Sünde mehr oder weniger für einen, der doch ver-
dammt ist! -- Haben Sie keinen Antheil daran?
Marinelli. Sie erschrecken mich, Gräfinn.
Orsina. Gewiß? -- Nun, Marinelli, arg-
wohnet Jhr gutes Herz auch nichts?
Marinelli. Was? worüber?
Orsina. Wohl, -- so will ich Jhnen etwas
vertrauen; -- etwas, das Jhnen jedes Haar auf
dem Kopfe zu Berge sträuben soll. -- Aber hier,
so nahe an der Thüre, möchte uns jemand hören.
Kommen Sie hierher. -- Und! (indem sie den Fin-
ger auf den Mund legt)
Hören Sie! ganz in geheim!
ganz in geheim! (und ihren Mund seinem Ohre nahert,
als ob sie ihm zuflüstern wollte, was sie aber sehr laut ihm
zuschreyet)
Der Prinz ist ein Mörder!
Marinelli. Gräsinn, -- Gräfinn -- sind
Sie ganz von Sinnen?
Orsina. Von Sinnen? Ha! ha! ha! (aus
vollem Halse lachend)
Jch bin selten, oder nie, mit
meinem
H
Emilia Galotti.


Marinelli. Woran?
Orſina. Schwoͤren Sie! — Nein, ſchwoͤ-
ren Sie nicht. Sie moͤchten eine Suͤnde mehr
begehen — Oder ja; ſchwoͤren Sie nur. Eine
Suͤnde mehr oder weniger fuͤr einen, der doch ver-
dammt iſt! — Haben Sie keinen Antheil daran?
Marinelli. Sie erſchrecken mich, Graͤfinn.
Orſina. Gewiß? — Nun, Marinelli, arg-
wohnet Jhr gutes Herz auch nichts?
Marinelli. Was? woruͤber?
Orſina. Wohl, — ſo will ich Jhnen etwas
vertrauen; — etwas, das Jhnen jedes Haar auf
dem Kopfe zu Berge ſtraͤuben ſoll. — Aber hier,
ſo nahe an der Thuͤre, moͤchte uns jemand hoͤren.
Kommen Sie hierher. — Und! (indem ſie den Fin-
ger auf den Mund legt)
Hoͤren Sie! ganz in geheim!
ganz in geheim! (und ihren Mund ſeinem Ohre nahert,
als ob ſie ihm zufluͤſtern wollte, was ſie aber ſehr laut ihm
zuſchreyet)
Der Prinz iſt ein Moͤrder!
Marinelli. Graͤſinn, — Graͤfinn — ſind
Sie ganz von Sinnen?
Orſina. Von Sinnen? Ha! ha! ha! (aus
vollem Halſe lachend)
Jch bin ſelten, oder nie, mit
meinem
H
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[113/0117] Emilia Galotti. Marinelli. Woran? Orſina. Schwoͤren Sie! — Nein, ſchwoͤ- ren Sie nicht. Sie moͤchten eine Suͤnde mehr begehen — Oder ja; ſchwoͤren Sie nur. Eine Suͤnde mehr oder weniger fuͤr einen, der doch ver- dammt iſt! — Haben Sie keinen Antheil daran? Marinelli. Sie erſchrecken mich, Graͤfinn. Orſina. Gewiß? — Nun, Marinelli, arg- wohnet Jhr gutes Herz auch nichts? Marinelli. Was? woruͤber? Orſina. Wohl, — ſo will ich Jhnen etwas vertrauen; — etwas, das Jhnen jedes Haar auf dem Kopfe zu Berge ſtraͤuben ſoll. — Aber hier, ſo nahe an der Thuͤre, moͤchte uns jemand hoͤren. Kommen Sie hierher. — Und! (indem ſie den Fin- ger auf den Mund legt) Hoͤren Sie! ganz in geheim! ganz in geheim! (und ihren Mund ſeinem Ohre nahert, als ob ſie ihm zufluͤſtern wollte, was ſie aber ſehr laut ihm zuſchreyet) Der Prinz iſt ein Moͤrder! Marinelli. Graͤſinn, — Graͤfinn — ſind Sie ganz von Sinnen? Orſina. Von Sinnen? Ha! ha! ha! (aus vollem Halſe lachend) Jch bin ſelten, oder nie, mit meinem H

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Zitationshilfe: Lessing, Gotthold Ephraim: Emilia Galotti. Berlin, 1772, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_emilia_1772/117>, abgerufen am 21.11.2024.