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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769].

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kömmt Blanca dazu. Cosme will sie geschwind
verstecken: aber es kann so geschwind nicht ge-
schehen, daß es Blanca nicht merken sollte.
Blanca nimt den Grafen mit sich zur Königinn;
und Essex ermahnt im Abgehen den Cosme,
wegen der Schärpe reinen Mund zu halten, und
sie niemanden zu zeigen.

Cosme hat, unter seinen andern guten Eigen-
schaften, auch diese, daß er ein Erzplauderer
ist. Er kann kein Geheimniß eine Stunde be-
wahren; er fürchtet ein Geschwär im Leibe da-
von zu bekommen; und das Verboth des Grafen
hat ihn zu rechter Zeit erinnert, daß er sich die-
ser Gefahr bereits sechs und dreyßig Stunden
ausgesetzt habe. (*) Er giebt Floren die Pi-
stolen, und hat den Mund schon auf, ihr auch
die ganze Geschichte, von der maskirten Dame
und der Schärpe, zu erzehlen. Doch eben be-
sinnt er sich, daß es wohl eine würdigere Person
seyn müsse, der er sein Geheimniß zuerst mit-
theile. Es würde nicht lassen, wenn sich
Flora rühmen könnte, ihn dessen deflorirt zu

haben.
(*) -- Yo no me acordaba
De decirlo, y lo callaba,
Y como me lo entrego,
Ya por decirlo rebiento,
Que tengo tal propriedad,
Que en un hora, o la mitad,
Se me hace postema un cuento.

kömmt Blanca dazu. Coſme will ſie geſchwind
verſtecken: aber es kann ſo geſchwind nicht ge-
ſchehen, daß es Blanca nicht merken ſollte.
Blanca nimt den Grafen mit ſich zur Königinn;
und Eſſex ermahnt im Abgehen den Coſme,
wegen der Schärpe reinen Mund zu halten, und
ſie niemanden zu zeigen.

Coſme hat, unter ſeinen andern guten Eigen-
ſchaften, auch dieſe, daß er ein Erzplauderer
iſt. Er kann kein Geheimniß eine Stunde be-
wahren; er fürchtet ein Geſchwär im Leibe da-
von zu bekommen; und das Verboth des Grafen
hat ihn zu rechter Zeit erinnert, daß er ſich die-
ſer Gefahr bereits ſechs und dreyßig Stunden
ausgeſetzt habe. (*) Er giebt Floren die Pi-
ſtolen, und hat den Mund ſchon auf, ihr auch
die ganze Geſchichte, von der maſkirten Dame
und der Schärpe, zu erzehlen. Doch eben be-
ſinnt er ſich, daß es wohl eine würdigere Perſon
ſeyn müſſe, der er ſein Geheimniß zuerſt mit-
theile. Es würde nicht laſſen, wenn ſich
Flora rühmen könnte, ihn deſſen deflorirt zu

haben.
(*) Yo no me acordaba
De decirlo, y lo callaba,
Y como me lo entrego,
Ya por decirlo rebiento,
Que tengo tal propriedad,
Que en un hora, ô la mitad,
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[82/0088] kömmt Blanca dazu. Coſme will ſie geſchwind verſtecken: aber es kann ſo geſchwind nicht ge- ſchehen, daß es Blanca nicht merken ſollte. Blanca nimt den Grafen mit ſich zur Königinn; und Eſſex ermahnt im Abgehen den Coſme, wegen der Schärpe reinen Mund zu halten, und ſie niemanden zu zeigen. Coſme hat, unter ſeinen andern guten Eigen- ſchaften, auch dieſe, daß er ein Erzplauderer iſt. Er kann kein Geheimniß eine Stunde be- wahren; er fürchtet ein Geſchwär im Leibe da- von zu bekommen; und das Verboth des Grafen hat ihn zu rechter Zeit erinnert, daß er ſich die- ſer Gefahr bereits ſechs und dreyßig Stunden ausgeſetzt habe. (*) Er giebt Floren die Pi- ſtolen, und hat den Mund ſchon auf, ihr auch die ganze Geſchichte, von der maſkirten Dame und der Schärpe, zu erzehlen. Doch eben be- ſinnt er ſich, daß es wohl eine würdigere Perſon ſeyn müſſe, der er ſein Geheimniß zuerſt mit- theile. Es würde nicht laſſen, wenn ſich Flora rühmen könnte, ihn deſſen deflorirt zu haben. (*) — Yo no me acordaba De decirlo, y lo callaba, Y como me lo entrego, Ya por decirlo rebiento, Que tengo tal propriedad, Que en un hora, ô la mitad, Se me hace poſtema un cuento.

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Zitationshilfe: [Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769], S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie02_1767/88>, abgerufen am 27.04.2024.