trübniß finde: vielmehr handelt jede ungefehr eben so; nur mehr oder weniger, mit dieser oder jener Veränderung. Cicero hatte auf die Na- tur der Betrübniß genauer gemerkt; er sahe da- her in dem Betragen des Heavtontimorumenos nichts mehr, als was alle Betrübte, nicht blos von dem Affekte hingerissen, thun, sondern auch bey kälterm Geblüte fortsetzen zu müssen glau- ben. (*)Haec omnia recta, vera, de- bita putantes, faciunt in dolore: maxi- meque declaratur, hoc quasi officii ju- dicio fieri, quod si qui forte, cum se in luctu esse vellent, aliquid fecerunt huma- nius, aut si hilarius locuti essent, revo- cant se rursus ad moestitiam, peccati- que se insimulant, quod dolere inter- miserint: pueros vero matres & magistri castigare etiam solent, nec verbis solum, sed etiam verberibus, si quid in dome- stico luctu hilarius ab iis factum est, aut dictum: plorare cogunt. -- Quid ille Te- rentianus ipse se puniens? u. s. w.
Menedemus aber, so heißt der Selbstpeini- ger bey dem Terenz, hält sich nicht allein so hart aus Betrübniß; sondern, warum er sich auch jeden geringen Aufwand verweigert, ist die Ur- sache und Absicht vornehmlich dieses: um desto mehr für den abwesenden Sohn zu sparen, und
dem
(*)Tusc. Quaest. lib. III. c. 27.
trübniß finde: vielmehr handelt jede ungefehr eben ſo; nur mehr oder weniger, mit dieſer oder jener Veränderung. Cicero hatte auf die Na- tur der Betrübniß genauer gemerkt; er ſahe da- her in dem Betragen des Heavtontimorumenos nichts mehr, als was alle Betrübte, nicht blos von dem Affekte hingeriſſen, thun, ſondern auch bey kälterm Geblüte fortſetzen zu müſſen glau- ben. (*)Hæc omnia recta, vera, de- bita putantes, faciunt in dolore: maxi- meque declaratur, hoc quaſi officii ju- dicio fieri, quod ſi qui forte, cum ſe in luctu eſſe vellent, aliquid fecerunt huma- nius, aut ſi hilarius locuti eſſent, revo- cant ſe rurſus ad mœſtitiam, peccati- que ſe inſimulant, quod dolere inter- miſerint: pueros vero matres & magiſtri caſtigare etiam ſolent, nec verbis ſolum, ſed etiam verberibus, ſi quid in dome- ſtico luctu hilarius ab iis factum eſt, aut dictum: plorare cogunt. — Quid ille Te- rentianus ipſe ſe puniens? u. ſ. w.
Menedemus aber, ſo heißt der Selbſtpeini- ger bey dem Terenz, hält ſich nicht allein ſo hart aus Betrübniß; ſondern, warum er ſich auch jeden geringen Aufwand verweigert, iſt die Ur- ſache und Abſicht vornehmlich dieſes: um deſto mehr für den abweſenden Sohn zu ſparen, und
dem
(*)Tuſc. Quæſt. lib. III. c. 27.
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[284/0290]
trübniß finde: vielmehr handelt jede ungefehr
eben ſo; nur mehr oder weniger, mit dieſer oder
jener Veränderung. Cicero hatte auf die Na-
tur der Betrübniß genauer gemerkt; er ſahe da-
her in dem Betragen des Heavtontimorumenos
nichts mehr, als was alle Betrübte, nicht blos
von dem Affekte hingeriſſen, thun, ſondern auch
bey kälterm Geblüte fortſetzen zu müſſen glau-
ben. (*) Hæc omnia recta, vera, de-
bita putantes, faciunt in dolore: maxi-
meque declaratur, hoc quaſi officii ju-
dicio fieri, quod ſi qui forte, cum ſe in
luctu eſſe vellent, aliquid fecerunt huma-
nius, aut ſi hilarius locuti eſſent, revo-
cant ſe rurſus ad mœſtitiam, peccati-
que ſe inſimulant, quod dolere inter-
miſerint: pueros vero matres & magiſtri
caſtigare etiam ſolent, nec verbis ſolum,
ſed etiam verberibus, ſi quid in dome-
ſtico luctu hilarius ab iis factum eſt, aut
dictum: plorare cogunt. — Quid ille Te-
rentianus ipſe ſe puniens? u. ſ. w.
Menedemus aber, ſo heißt der Selbſtpeini-
ger bey dem Terenz, hält ſich nicht allein ſo hart
aus Betrübniß; ſondern, warum er ſich auch
jeden geringen Aufwand verweigert, iſt die Ur-
ſache und Abſicht vornehmlich dieſes: um deſto
mehr für den abweſenden Sohn zu ſparen, und
dem
(*) Tuſc. Quæſt. lib. III. c. 27.
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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769], S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie02_1767/290>, abgerufen am 22.11.2024.
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