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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769].

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des Hrn. von Voltaire, die Frau die Recht hat,
gespielt, und zum Beschluße des L'Affichard
Jst er von Familie? (*) wiederholt.

Die Frau, die Recht hat, ist eines von den
Stücken, welche der Hr. von Voltaire für sein
Haustheater gemacht hat. Dafür war es nun
auch gut genug. Es ist schon 1758 zu Carouge
gespielt worden: aber noch nicht zu Paris; so
viel ich weiß. Nicht als ob sie da, seit der Zeit,
keine schlechtern Stücke gespielt hätten: denn
dafür haben die Marins und Le Brets wohl
gesorgt. Sondern weil -- ich weiß selbst nicht.
Denn ich wenigstens möchte doch noch lieber ein
großen Mann in seinem Schlafrocke und seiner
Nachtmütze, als einen Stümper in seinem Fey-
erkleide sehen.

Charaktere und Jnteresse hat das Stück nicht;
aber verschiedne Situationen, die komisch ge-
nug sind. Zwar ist auch das Komische aus dem
allergemeinsten Fache, da es sich auf nichts als
aufs Jncognito, auf Verkennungen und Miß-
verständnisse gründet. Doch die Lacher sind
nicht eckel; am wenigsten würden es unsre deut-
schen Lacher seyn, wenn ihnen das reinde der
Sitten und die elende Uebersetzung das mot
pour rire
nur nicht meistens so unverständ-
lich machte.

Den
(*) S. den 17ten Abend Seite 131.

des Hrn. von Voltaire, die Frau die Recht hat,
geſpielt, und zum Beſchluße des L’Affichard
Jſt er von Familie? (*) wiederholt.

Die Frau, die Recht hat, iſt eines von den
Stücken, welche der Hr. von Voltaire für ſein
Haustheater gemacht hat. Dafür war es nun
auch gut genug. Es iſt ſchon 1758 zu Carouge
geſpielt worden: aber noch nicht zu Paris; ſo
viel ich weiß. Nicht als ob ſie da, ſeit der Zeit,
keine ſchlechtern Stücke geſpielt hätten: denn
dafür haben die Marins und Le Brets wohl
geſorgt. Sondern weil — ich weiß ſelbſt nicht.
Denn ich wenigſtens möchte doch noch lieber ein
großen Mann in ſeinem Schlafrocke und ſeiner
Nachtmütze, als einen Stümper in ſeinem Fey-
erkleide ſehen.

Charaktere und Jntereſſe hat das Stück nicht;
aber verſchiedne Situationen, die komiſch ge-
nug ſind. Zwar iſt auch das Komiſche aus dem
allergemeinſten Fache, da es ſich auf nichts als
aufs Jncognito, auf Verkennungen und Miß-
verſtändniſſe gründet. Doch die Lacher ſind
nicht eckel; am wenigſten würden es unſre deut-
ſchen Lacher ſeyn, wenn ihnen das reinde der
Sitten und die elende Ueberſetzung das mot
pour rire
nur nicht meiſtens ſo unverſtänd-
lich machte.

Den
(*) S. den 17ten Abend Seite 131.
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[246/0252] des Hrn. von Voltaire, die Frau die Recht hat, geſpielt, und zum Beſchluße des L’Affichard Jſt er von Familie? (*) wiederholt. Die Frau, die Recht hat, iſt eines von den Stücken, welche der Hr. von Voltaire für ſein Haustheater gemacht hat. Dafür war es nun auch gut genug. Es iſt ſchon 1758 zu Carouge geſpielt worden: aber noch nicht zu Paris; ſo viel ich weiß. Nicht als ob ſie da, ſeit der Zeit, keine ſchlechtern Stücke geſpielt hätten: denn dafür haben die Marins und Le Brets wohl geſorgt. Sondern weil — ich weiß ſelbſt nicht. Denn ich wenigſtens möchte doch noch lieber ein großen Mann in ſeinem Schlafrocke und ſeiner Nachtmütze, als einen Stümper in ſeinem Fey- erkleide ſehen. Charaktere und Jntereſſe hat das Stück nicht; aber verſchiedne Situationen, die komiſch ge- nug ſind. Zwar iſt auch das Komiſche aus dem allergemeinſten Fache, da es ſich auf nichts als aufs Jncognito, auf Verkennungen und Miß- verſtändniſſe gründet. Doch die Lacher ſind nicht eckel; am wenigſten würden es unſre deut- ſchen Lacher ſeyn, wenn ihnen das reinde der Sitten und die elende Ueberſetzung das mot pour rire nur nicht meiſtens ſo unverſtänd- lich machte. Den (*) S. den 17ten Abend Seite 131.

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Zitationshilfe: [Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769], S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie02_1767/252>, abgerufen am 22.11.2024.