nien einerley Veränderung der Instrumente an- wendet. Es ist allemal besser und angenehmer, wenn man diesen Uebelstand vermeidet."
Dieses sind die wichtigsten Regeln, um auch hier die Tonkunst und Poesie in eine genauere Verbindung zu bringen. Ich habe sie lieber mit den Worten eines Tonkünstlers, und zwar desjenigen vortragen wollen, der sich die Ehre der Erfindung anmaßen kann, als mit meinen. Denn die Dichter und Kunstrichter bekommen nicht selten von den Musicis den Vorwurf, daß sie weit mehr von ihnen erwarten und verlangen, als die Kunst zu leisten im Stande sey. Die mehresten müssen es von ihren Kunstverwandten erst hören, daß die Sache zu bewerkstelligen ist, ehe sie die geringste Aufmerksamkeit darauf wen- den.
Zwar die Regeln selbst waren leicht zu machen; sie lehren nur was geschehen soll, ohne zu sagen, wie es geschehen kann. Der Ausdruck der Lei- denschaften, auf welchen alles dabey ankömmt, ist noch einzig das Werk des Genies. Denn ob es schon Tonkünstler giebt und gegeben, die bis zur Bewunderung darinn glücklich sind, so man- gelt es doch unstreitig noch an einem Philosophen, der ihnen die Wege abgelernt, und allgemeine Grundsätze aus ihren Beyspielen hergeleitet hätte. Aber je häufiger diese Beyspiele werden, je mehr sich die Materialien zu dieser Herleitung
sam-
nien einerley Veraͤnderung der Inſtrumente an- wendet. Es iſt allemal beſſer und angenehmer, wenn man dieſen Uebelſtand vermeidet.〟
Dieſes ſind die wichtigſten Regeln, um auch hier die Tonkunſt und Poeſie in eine genauere Verbindung zu bringen. Ich habe ſie lieber mit den Worten eines Tonkuͤnſtlers, und zwar desjenigen vortragen wollen, der ſich die Ehre der Erfindung anmaßen kann, als mit meinen. Denn die Dichter und Kunſtrichter bekommen nicht ſelten von den Muſicis den Vorwurf, daß ſie weit mehr von ihnen erwarten und verlangen, als die Kunſt zu leiſten im Stande ſey. Die mehreſten muͤſſen es von ihren Kunſtverwandten erſt hoͤren, daß die Sache zu bewerkſtelligen iſt, ehe ſie die geringſte Aufmerkſamkeit darauf wen- den.
Zwar die Regeln ſelbſt waren leicht zu machen; ſie lehren nur was geſchehen ſoll, ohne zu ſagen, wie es geſchehen kann. Der Ausdruck der Lei- denſchaften, auf welchen alles dabey ankoͤmmt, iſt noch einzig das Werk des Genies. Denn ob es ſchon Tonkuͤnſtler giebt und gegeben, die bis zur Bewunderung darinn gluͤcklich ſind, ſo man- gelt es doch unſtreitig noch an einem Philoſophen, der ihnen die Wege abgelernt, und allgemeine Grundſaͤtze aus ihren Beyſpielen hergeleitet haͤtte. Aber je haͤufiger dieſe Beyſpiele werden, je mehr ſich die Materialien zu dieſer Herleitung
ſam-
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[207/0221]
nien einerley Veraͤnderung der Inſtrumente an-
wendet. Es iſt allemal beſſer und angenehmer,
wenn man dieſen Uebelſtand vermeidet.〟
Dieſes ſind die wichtigſten Regeln, um auch
hier die Tonkunſt und Poeſie in eine genauere
Verbindung zu bringen. Ich habe ſie lieber
mit den Worten eines Tonkuͤnſtlers, und zwar
desjenigen vortragen wollen, der ſich die Ehre
der Erfindung anmaßen kann, als mit meinen.
Denn die Dichter und Kunſtrichter bekommen
nicht ſelten von den Muſicis den Vorwurf, daß
ſie weit mehr von ihnen erwarten und verlangen,
als die Kunſt zu leiſten im Stande ſey. Die
mehreſten muͤſſen es von ihren Kunſtverwandten
erſt hoͤren, daß die Sache zu bewerkſtelligen iſt,
ehe ſie die geringſte Aufmerkſamkeit darauf wen-
den.
Zwar die Regeln ſelbſt waren leicht zu machen;
ſie lehren nur was geſchehen ſoll, ohne zu ſagen,
wie es geſchehen kann. Der Ausdruck der Lei-
denſchaften, auf welchen alles dabey ankoͤmmt,
iſt noch einzig das Werk des Genies. Denn ob
es ſchon Tonkuͤnſtler giebt und gegeben, die bis
zur Bewunderung darinn gluͤcklich ſind, ſo man-
gelt es doch unſtreitig noch an einem Philoſophen,
der ihnen die Wege abgelernt, und allgemeine
Grundſaͤtze aus ihren Beyſpielen hergeleitet
haͤtte. Aber je haͤufiger dieſe Beyſpiele werden,
je mehr ſich die Materialien zu dieſer Herleitung
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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 1. Hamburg u. a., [1769], S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie01_1767/221>, abgerufen am 25.11.2024.
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