Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 1. Hamburg u. a., [1769].

Bild:
<< vorherige Seite
Hamburgische
Dramaturgie.



Drey und zwanzigstes Stück.





Der Herr von Voltaire hat den Essex auf eine
sonderbare Weise kritisirt. Ich möchte
nicht gegen ihn behaupten, daß Essex ein
vorzüglich gutes Stück sey; aber das ist leicht
zu erweisen, daß die Fehler, die er daran tadelt,
Theils sich nicht darinn finden, Theils unerheb-
liche Kleinigkeiten sind, die seiner Seits eben
nicht den richtigsten und würdigsten Begriff von
der Tragödie voraussetzen.

Es gehört mit unter die Schwachheiten des
Herrn von Voltaire, daß er ein sehr profunder
Historikus seyn will. Er schwang sich also auch
bey dem Essex auf dieses sein Streitroß, und
tummelte es gewaltig herum. Schade nur,
daß alle die Thaten, die er darauf verrichtet, des
Staubes nicht werth sind, den er erregt.

Tho-
Z
Hamburgiſche
Dramaturgie.



Drey und zwanzigſtes Stuͤck.





Der Herr von Voltaire hat den Eſſex auf eine
ſonderbare Weiſe kritiſirt. Ich moͤchte
nicht gegen ihn behaupten, daß Eſſex ein
vorzuͤglich gutes Stuͤck ſey; aber das iſt leicht
zu erweiſen, daß die Fehler, die er daran tadelt,
Theils ſich nicht darinn finden, Theils unerheb-
liche Kleinigkeiten ſind, die ſeiner Seits eben
nicht den richtigſten und wuͤrdigſten Begriff von
der Tragoͤdie vorausſetzen.

Es gehoͤrt mit unter die Schwachheiten des
Herrn von Voltaire, daß er ein ſehr profunder
Hiſtorikus ſeyn will. Er ſchwang ſich alſo auch
bey dem Eſſex auf dieſes ſein Streitroß, und
tummelte es gewaltig herum. Schade nur,
daß alle die Thaten, die er darauf verrichtet, des
Staubes nicht werth ſind, den er erregt.

Tho-
Z
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0191" n="[177]"/>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#b">Hamburgi&#x017F;che<lb/><hi rendition="#g">Dramaturgie</hi>.</hi><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Drey und zwanzig&#x017F;tes Stu&#x0364;ck.</head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#c">Den 17ten Julius, 1767.</hi> </dateline><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p><hi rendition="#in">D</hi>er Herr von Voltaire hat den E&#x017F;&#x017F;ex auf eine<lb/>
&#x017F;onderbare Wei&#x017F;e kriti&#x017F;irt. Ich mo&#x0364;chte<lb/>
nicht gegen ihn behaupten, daß E&#x017F;&#x017F;ex ein<lb/>
vorzu&#x0364;glich gutes Stu&#x0364;ck &#x017F;ey; aber das i&#x017F;t leicht<lb/>
zu erwei&#x017F;en, daß die Fehler, die er daran tadelt,<lb/>
Theils &#x017F;ich nicht darinn finden, Theils unerheb-<lb/>
liche Kleinigkeiten &#x017F;ind, die &#x017F;einer Seits eben<lb/>
nicht den richtig&#x017F;ten und wu&#x0364;rdig&#x017F;ten Begriff von<lb/>
der Trago&#x0364;die voraus&#x017F;etzen.</p><lb/>
        <p>Es geho&#x0364;rt mit unter die Schwachheiten des<lb/>
Herrn von Voltaire, daß er ein &#x017F;ehr profunder<lb/>
Hi&#x017F;torikus &#x017F;eyn will. Er &#x017F;chwang &#x017F;ich al&#x017F;o auch<lb/>
bey dem E&#x017F;&#x017F;ex auf die&#x017F;es &#x017F;ein Streitroß, und<lb/>
tummelte es gewaltig herum. Schade nur,<lb/>
daß alle die Thaten, die er darauf verrichtet, des<lb/>
Staubes nicht werth &#x017F;ind, den er erregt.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">Z</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">Tho-</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[177]/0191] Hamburgiſche Dramaturgie. Drey und zwanzigſtes Stuͤck. Den 17ten Julius, 1767. Der Herr von Voltaire hat den Eſſex auf eine ſonderbare Weiſe kritiſirt. Ich moͤchte nicht gegen ihn behaupten, daß Eſſex ein vorzuͤglich gutes Stuͤck ſey; aber das iſt leicht zu erweiſen, daß die Fehler, die er daran tadelt, Theils ſich nicht darinn finden, Theils unerheb- liche Kleinigkeiten ſind, die ſeiner Seits eben nicht den richtigſten und wuͤrdigſten Begriff von der Tragoͤdie vorausſetzen. Es gehoͤrt mit unter die Schwachheiten des Herrn von Voltaire, daß er ein ſehr profunder Hiſtorikus ſeyn will. Er ſchwang ſich alſo auch bey dem Eſſex auf dieſes ſein Streitroß, und tummelte es gewaltig herum. Schade nur, daß alle die Thaten, die er darauf verrichtet, des Staubes nicht werth ſind, den er erregt. Tho- Z

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie01_1767
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie01_1767/191
Zitationshilfe: [Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 1. Hamburg u. a., [1769], S. [177]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie01_1767/191>, abgerufen am 25.11.2024.