[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 1. Hamburg u. a., [1769].Hamburgische Dramaturgie. Zwölftes Stück. Den 9ten Junius, 1767. Ich bemerke noch einen Unterschied, der sich Dieser Unterschied entsprang, ohne Zweifel, Ni- M
Hamburgiſche Dramaturgie. Zwoͤlftes Stuͤck. Den 9ten Junius, 1767. Ich bemerke noch einen Unterſchied, der ſich Dieſer Unterſchied entſprang, ohne Zweifel, Ni- M
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Hamburgiſche
Dramaturgie.
Zwoͤlftes Stuͤck.
Den 9ten Junius, 1767.
Ich bemerke noch einen Unterſchied, der ſich
zwiſchen den Geſpenſtern des engliſchen
und franzoͤſiſchen Dichters findet. Vol-
tairs Geſpenſt iſt nichts als eine poetiſche Ma-
ſchine, die nur des Knotens wegen da iſt; es
intereſſirt uns fuͤr ſich ſelbſt nicht im geringſten.
Shakeſpears Geſpenſt hingegen iſt eine wirklich
handelnde Perſon, an deſſen Schickſale wir An-
theil nehmen; es erweckt Schauder, aber auch
Mitleid.
Dieſer Unterſchied entſprang, ohne Zweifel,
aus der verſchiedenen Denkungsart beider Dich-
ter von den Geſpenſtern uͤberhaupt. Voltaire
betrachtet die Erſcheinung eines Verſtorbenen
als ein Wunder; Shakeſpear als eine ganz na-
tuͤrliche Begebenheit. Wer von beiden philo-
ſophiſcher denkt, duͤrfte keine Frage ſeyn; aber
Shakeſpear dachte poetiſcher. Der Geiſt des
Ni-
M
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