Verbesserungen erwachsen, deren unser Theater bedarf.
An Fleiß und Kosten wird sicherlich nichts gesparet werden: ob es an Geschmack und Ein- sicht fehlen dürfte, muß die Zeit lehren. Und hat es nicht das Publikum in seiner Gewalt, was es hierinn mangelhaft finden sollte, abstellen und verbessern zu lassen? Es komme nur, und sehe und höre, und prüfe und richte. Seine Stimme soll nie geringschätzig verhöret, sein Urtheil soll nie ohne Unterwerfung vernommen werden!
Nur daß sich nicht jeder kleine Kritikaster für das Publikum halte, und derjenige, dessen Er- wartungen getäuscht werden, auch ein wenig mit sich selbst zu Rathe gehe, von welcher Art seine Erwartungen gewesen. Nicht jeder Lieb- haber ist Kenner; nicht jeder, der die Schön- heiten Eines Stücks, das richtige Spiel Eines Acteurs empfindet, kann darum auch den Werth aller andern schätzen. Man hat keinen Ge- schmack, wenn man nur einen einseitigen Ge- schmack hat; aber oft ist man desto partheyischer.
Der
Verbeſſerungen erwachſen, deren unſer Theater bedarf.
An Fleiß und Koſten wird ſicherlich nichts geſparet werden: ob es an Geſchmack und Ein- ſicht fehlen duͤrfte, muß die Zeit lehren. Und hat es nicht das Publikum in ſeiner Gewalt, was es hierinn mangelhaft finden ſollte, abſtellen und verbeſſern zu laſſen? Es komme nur, und ſehe und hoͤre, und pruͤfe und richte. Seine Stimme ſoll nie geringſchaͤtzig verhoͤret, ſein Urtheil ſoll nie ohne Unterwerfung vernommen werden!
Nur daß ſich nicht jeder kleine Kritikaſter fuͤr das Publikum halte, und derjenige, deſſen Er- wartungen getaͤuſcht werden, auch ein wenig mit ſich ſelbſt zu Rathe gehe, von welcher Art ſeine Erwartungen geweſen. Nicht jeder Lieb- haber iſt Kenner; nicht jeder, der die Schoͤn- heiten Eines Stuͤcks, das richtige Spiel Eines Acteurs empfindet, kann darum auch den Werth aller andern ſchaͤtzen. Man hat keinen Ge- ſchmack, wenn man nur einen einſeitigen Ge- ſchmack hat; aber oft iſt man deſto partheyiſcher.
Der
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[0010]
Verbeſſerungen erwachſen, deren unſer Theater
bedarf.
An Fleiß und Koſten wird ſicherlich nichts
geſparet werden: ob es an Geſchmack und Ein-
ſicht fehlen duͤrfte, muß die Zeit lehren. Und
hat es nicht das Publikum in ſeiner Gewalt,
was es hierinn mangelhaft finden ſollte, abſtellen
und verbeſſern zu laſſen? Es komme nur, und
ſehe und hoͤre, und pruͤfe und richte. Seine
Stimme ſoll nie geringſchaͤtzig verhoͤret, ſein
Urtheil ſoll nie ohne Unterwerfung vernommen
werden!
Nur daß ſich nicht jeder kleine Kritikaſter fuͤr
das Publikum halte, und derjenige, deſſen Er-
wartungen getaͤuſcht werden, auch ein wenig
mit ſich ſelbſt zu Rathe gehe, von welcher Art
ſeine Erwartungen geweſen. Nicht jeder Lieb-
haber iſt Kenner; nicht jeder, der die Schoͤn-
heiten Eines Stuͤcks, das richtige Spiel Eines
Acteurs empfindet, kann darum auch den Werth
aller andern ſchaͤtzen. Man hat keinen Ge-
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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 1. Hamburg u. a., [1769], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie01_1767/10>, abgerufen am 25.11.2024.
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