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Leskien, August: Die Declination im Slavisch-Litauischen und Germanischen. Leipzig, 1876.

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b. Declination der Pronomina.
Grunde liegt; aber welche ist die richtige, wie die eigentliche Lautgestalt? Von
der Beantwortung dieser Frage hängt es ab, ob das ursprüngliche j noch darin
enthalten und in seiner Nachwirkung merkbar ist oder nicht, also auch, ob Sla-
visch und Litauisch eine gemeinsame vom alten -sja lautlich abweichende Form
erzeugt haben. Dem slav. -so käme ainessa am nächsten, aber dies ist ganz ver-
einzelt (nur III. 24) und kawydsa (III. 59) ist wegen der falschen Uebersetzung
der Stelle zu zweifelhaft. Ausser diesen beiden Stellen schwankt die Schreibung
zwischen ei, e, i. Dieselbe Schwankung findet sich bei den contrahirbaren femi-
ninalen ja-stämmen auch (lit. nom. sg. -e = -ja), z. B. heisst es:

semme = lit. zeme, acc. semmien (lit. zeme = zemia) wo man die Wirkung
des j auf das folgende a sieht; in I. dafür semmin. -- Im Dialekt des El-
binger Vocabulars sind zum Theil die Formen den litauischen ganz gleich,
z. B. gerwe = gerve (Kranich), saule = saule;
supauni = lit. ziupone, ebenso im Vocabular vereinzelter, z. B. pelki = pelke
(Sumpf), asy = eze (Rain); damit zu vergleichen ist, dass den lit. mote
dukte
in den Katechismen mauti, duckti (im Vocab. mothe) entsprechen.

Wenn nun giwei III. 24 den nom. sg. zu geiwin (I), geywien (II), gywin
(III. 80) bildet, so ist der richtige nom. sicher einem zu erschliessenden lit. *gyve
(Leben), dem vorhandenen lett. dfiwe gleichzusetzen, und ich halte es für völlig
möglich, dass das auslautende ei in der Vorstellung und nach dem Gehör des
Schreibers nichts anderes bedeuten soll, als ein dem i sich näherendes e. Die
Feminina auf e kommen in den Katechismen selten vor (packe, semme, aulause),
sonst würden wir vielleicht mehr Beispiele des -ei haben; es ist aber sehr mög-
lich, dass die unter dem nominalen nom. sg. unerklärt gelassenen Formen wie
deiwutiskai eigentlich = deiwutiskei sind (nach dem sonstigen Wechsel von ai
und ei in der Schreibung auslautender Silben); das hiesse also -iske = -iskja,
und jene Adjectiva auf -iska- wären zur Abstractbildung sowohl mit Suffix -va
(s. oben beim nom. sg.) wie mit -ja erweitert; vgl. in Betreff letzterer ähnliche
litauische Bildungen wie teviszke (Erbe) zu teviszkas (väterlich).

Einen ähnlichen Wechsel von e, ei, i finden wir ferner in wackeitwei (rufen,
III. 19), enwackeimai (wir rufen an, III. 2), enwackemai (III. 84); zwischen e und
i in druwe (ich glaube) III, drowe I, drowy II; vgl. auch turreitwei (haben) III,
turrettwey I, turryetwey II. Die meist -twei geschriebene Infinitivendung
kommt auch als -twi vor (biatwi, fürchten, III. 12) und als -twe (istwe, essen, III.
72), anderer Fälle ähnlicher Art zu geschweigen. Es geht daraus also her-
vor, dass die Laute ei, e (das tiefe i-artige e) und ei (dafür auch mit Vernach-
lässigung der Quantitätsbezeichnung e, i) einander wenigstens für das Ohr des
Schreibers in der Aussprache sehr nahe gelegen haben müssen und sicher oft
den gleichen Laut ausdrücken. Die Beispiele, in denen so ei, e, i wechseln, ent-
halten alle ursprünglich entweder ai oder ja oder ein irgendwie entstandenes
langes e (wackemai); wie im Litauischen e als Contractionsproduct nur aus ja
entsteht, während ja zu je, e, i wird. Demnach müsste man genau genommen
für den Auslaut von stessei, steise, steisi als Endung -sja zu Grunde legen. Die
Länge des Vocals wird aber durch die übrigen Sprachen widerlegt. Es lässt sich

b. Declination der Pronomina.
Grunde liegt; aber welche ist die richtige, wie die eigentliche Lautgestalt? Von
der Beantwortung dieser Frage hängt es ab, ob das ursprüngliche j noch darin
enthalten und in seiner Nachwirkung merkbar ist oder nicht, also auch, ob Sla-
visch und Litauisch eine gemeinsame vom alten -sja lautlich abweichende Form
erzeugt haben. Dem slav. -so käme ainessa am nächsten, aber dies ist ganz ver-
einzelt (nur III. 24) und kawydsa (III. 59) ist wegen der falschen Uebersetzung
der Stelle zu zweifelhaft. Ausser diesen beiden Stellen schwankt die Schreibung
zwischen ei, e, i. Dieselbe Schwankung findet sich bei den contrahirbaren femi-
ninalen -stämmen auch (lit. nom. sg. -ė = -), z. B. heisst es:

semmê = lit. żémė, acc. semmien (lit. żémę = zemią) wo man die Wirkung
des j auf das folgende a sieht; in I. dafür semmin. — Im Dialekt des El-
binger Vocabulars sind zum Theil die Formen den litauischen ganz gleich,
z. B. gerwe = gérvė (Kranich), saule = sáulė;
supûni = lit. żiupónė, ebenso im Vocabular vereinzelter, z. B. pelki = pelkė
(Sumpf), asy = eżë́ (Rain); damit zu vergleichen ist, dass den lit. motë́
duktë́
in den Katechismen mûti, duckti (im Vocab. mothe) entsprechen.

Wenn nun giwei III. 24 den nom. sg. zu geiwin (I), geywien (II), gywin
(III. 80) bildet, so ist der richtige nom. sicher einem zu erschliessenden lit. *gyvė
(Leben), dem vorhandenen lett. dfiwe gleichzusetzen, und ich halte es für völlig
möglich, dass das auslautende ei in der Vorstellung und nach dem Gehör des
Schreibers nichts anderes bedeuten soll, als ein dem i sich näherendes e. Die
Feminina auf e kommen in den Katechismen selten vor (packe, semmê, aulausê),
sonst würden wir vielleicht mehr Beispiele des -ei haben; es ist aber sehr mög-
lich, dass die unter dem nominalen nom. sg. unerklärt gelassenen Formen wie
deiwutiskai eigentlich = deiwutiskei sind (nach dem sonstigen Wechsel von ai
und ei in der Schreibung auslautender Silben); das hiesse also -iskė = -iskjā,
und jene Adjectiva auf -iska- wären zur Abstractbildung sowohl mit Suffix -
(s. oben beim nom. sg.) wie mit - erweitert; vgl. in Betreff letzterer ähnliche
litauische Bildungen wie të́viszkė (Erbe) zu të́viszkas (väterlich).

Einen ähnlichen Wechsel von ê, êi, i finden wir ferner in wackîtwei (rufen,
III. 19), enwackêimai (wir rufen an, III. 2), enwackêmai (III. 84); zwischen ê und
i in druwê (ich glaube) III, drowe I, drowy II; vgl. auch turrîtwei (haben) III,
turrettwey I, turryetwey II. Die meist -twei geschriebene Infinitivendung
kommt auch als -twi vor (biâtwi, fürchten, III. 12) und als -twe (istwe, essen, III.
72), anderer Fälle ähnlicher Art zu geschweigen. Es geht daraus also her-
vor, dass die Laute ei, ê (das tiefe ī-artige e) und î (dafür auch mit Vernach-
lässigung der Quantitätsbezeichnung e, i) einander wenigstens für das Ohr des
Schreibers in der Aussprache sehr nahe gelegen haben müssen und sicher oft
den gleichen Laut ausdrücken. Die Beispiele, in denen so ei, ē̆, ī̆ wechseln, ent-
halten alle ursprünglich entweder ai oder oder ein irgendwie entstandenes
langes ē (wackêmai); wie im Litauischen ė als Contractionsproduct nur aus
entsteht, während ja zu je, e, i wird. Demnach müsste man genau genommen
für den Auslaut von stessei, steise, steisi als Endung -sjā zu Grunde legen. Die
Länge des Vocals wird aber durch die übrigen Sprachen widerlegt. Es lässt sich

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[114/0150] b. Declination der Pronomina. Grunde liegt; aber welche ist die richtige, wie die eigentliche Lautgestalt? Von der Beantwortung dieser Frage hängt es ab, ob das ursprüngliche j noch darin enthalten und in seiner Nachwirkung merkbar ist oder nicht, also auch, ob Sla- visch und Litauisch eine gemeinsame vom alten -sja lautlich abweichende Form erzeugt haben. Dem slav. -so käme ainessa am nächsten, aber dies ist ganz ver- einzelt (nur III. 24) und kawydsa (III. 59) ist wegen der falschen Uebersetzung der Stelle zu zweifelhaft. Ausser diesen beiden Stellen schwankt die Schreibung zwischen ei, e, i. Dieselbe Schwankung findet sich bei den contrahirbaren femi- ninalen jā-stämmen auch (lit. nom. sg. -ė = -jā), z. B. heisst es: semmê = lit. żémė, acc. semmien (lit. żémę = zemią) wo man die Wirkung des j auf das folgende a sieht; in I. dafür semmin. — Im Dialekt des El- binger Vocabulars sind zum Theil die Formen den litauischen ganz gleich, z. B. gerwe = gérvė (Kranich), saule = sáulė; supûni = lit. żiupónė, ebenso im Vocabular vereinzelter, z. B. pelki = pelkė (Sumpf), asy = eżë́ (Rain); damit zu vergleichen ist, dass den lit. motë́ duktë́ in den Katechismen mûti, duckti (im Vocab. mothe) entsprechen. Wenn nun giwei III. 24 den nom. sg. zu geiwin (I), geywien (II), gywin (III. 80) bildet, so ist der richtige nom. sicher einem zu erschliessenden lit. *gyvė (Leben), dem vorhandenen lett. dfiwe gleichzusetzen, und ich halte es für völlig möglich, dass das auslautende ei in der Vorstellung und nach dem Gehör des Schreibers nichts anderes bedeuten soll, als ein dem i sich näherendes e. Die Feminina auf e kommen in den Katechismen selten vor (packe, semmê, aulausê), sonst würden wir vielleicht mehr Beispiele des -ei haben; es ist aber sehr mög- lich, dass die unter dem nominalen nom. sg. unerklärt gelassenen Formen wie deiwutiskai eigentlich = deiwutiskei sind (nach dem sonstigen Wechsel von ai und ei in der Schreibung auslautender Silben); das hiesse also -iskė = -iskjā, und jene Adjectiva auf -iska- wären zur Abstractbildung sowohl mit Suffix -vā (s. oben beim nom. sg.) wie mit -jā erweitert; vgl. in Betreff letzterer ähnliche litauische Bildungen wie të́viszkė (Erbe) zu të́viszkas (väterlich). Einen ähnlichen Wechsel von ê, êi, i finden wir ferner in wackîtwei (rufen, III. 19), enwackêimai (wir rufen an, III. 2), enwackêmai (III. 84); zwischen ê und i in druwê (ich glaube) III, drowe I, drowy II; vgl. auch turrîtwei (haben) III, turrettwey I, turryetwey II. Die meist -twei geschriebene Infinitivendung kommt auch als -twi vor (biâtwi, fürchten, III. 12) und als -twe (istwe, essen, III. 72), anderer Fälle ähnlicher Art zu geschweigen. Es geht daraus also her- vor, dass die Laute ei, ê (das tiefe ī-artige e) und î (dafür auch mit Vernach- lässigung der Quantitätsbezeichnung e, i) einander wenigstens für das Ohr des Schreibers in der Aussprache sehr nahe gelegen haben müssen und sicher oft den gleichen Laut ausdrücken. Die Beispiele, in denen so ei, ē̆, ī̆ wechseln, ent- halten alle ursprünglich entweder ai oder jā oder ein irgendwie entstandenes langes ē (wackêmai); wie im Litauischen ė als Contractionsproduct nur aus jā entsteht, während ja zu je, e, i wird. Demnach müsste man genau genommen für den Auslaut von stessei, steise, steisi als Endung -sjā zu Grunde legen. Die Länge des Vocals wird aber durch die übrigen Sprachen widerlegt. Es lässt sich

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Zitationshilfe: Leskien, August: Die Declination im Slavisch-Litauischen und Germanischen. Leipzig, 1876, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/leskien_declination_1876/150>, abgerufen am 27.04.2024.