Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lenz, Jakob Michael Reinhold: Die Soldaten. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite


Mary. Warum denn? -- Grausame
Mademoiselle! ist das erlaubt, Freunden
so zu begegnen.
Marie. Es kann nun schon nicht an-
ders seyn -- Ach Herr Gott, ich höre
jemand im Garten unten. Adieu, Adieu --
Flattiren Sie sich nur nicht --
(kommt
herunter.
)
Gräfin. So, Marie! ihr gebt euch
Rendevous?
Marie (äußerst erschrocken.) Ach, gnädige
Frau -- es war ein Verwandter von
mir -- mein Vetter, und der hat nun
erst erfahren, wo ich bin --
Gräfin (sehr ernsthaft.) Jch habe alles
gehört.
Marie (halb auf den Knieen.) Ach Gott!
so verzeihen Sie mir nur diesmal.
Gräfin. Mädchen, du bist wie das
Bäumchen hier im Abendwinde, jeder
Hauch verändert dich. Was denkst du
denn, daß du hier unter meinen Augen
den Faden mit dem Desportes wieder
anzuspinnen denkst, dir Rendevous mit
seinen guten Freunden giebst. Hätt' ich
das


Mary. Warum denn? — Grauſame
Mademoiſelle! iſt das erlaubt, Freunden
ſo zu begegnen.
Marie. Es kann nun ſchon nicht an-
ders ſeyn — Ach Herr Gott, ich hoͤre
jemand im Garten unten. Adieu, Adieu —
Flattiren Sie ſich nur nicht —
(kommt
herunter.
)
Graͤfin. So, Marie! ihr gebt euch
Rendevous?
Marie (aͤußerſt erſchrocken.) Ach, gnaͤdige
Frau — es war ein Verwandter von
mir — mein Vetter, und der hat nun
erſt erfahren, wo ich bin —
Graͤfin (ſehr ernſthaft.) Jch habe alles
gehoͤrt.
Marie (halb auf den Knieen.) Ach Gott!
ſo verzeihen Sie mir nur diesmal.
Graͤfin. Maͤdchen, du biſt wie das
Baͤumchen hier im Abendwinde, jeder
Hauch veraͤndert dich. Was denkſt du
denn, daß du hier unter meinen Augen
den Faden mit dem Desportes wieder
anzuſpinnen denkſt, dir Rendevous mit
ſeinen guten Freunden giebſt. Haͤtt’ ich
das
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0099" n="95"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <sp who="#MARY">
            <speaker>Mary.</speaker>
            <p>Warum denn? &#x2014; Grau&#x017F;ame<lb/>
Mademoi&#x017F;elle! i&#x017F;t das erlaubt, Freunden<lb/>
&#x017F;o zu begegnen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MAR">
            <speaker>Marie.</speaker>
            <p>Es kann nun &#x017F;chon nicht an-<lb/>
ders &#x017F;eyn &#x2014; Ach Herr Gott, ich ho&#x0364;re<lb/>
jemand im Garten unten. Adieu, Adieu &#x2014;<lb/>
Flattiren Sie &#x017F;ich nur nicht &#x2014;</p>
            <stage>(<hi rendition="#fr">kommt<lb/>
herunter.</hi>)</stage>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GRAE">
            <speaker>Gra&#x0364;fin.</speaker>
            <p>So, Marie! ihr gebt euch<lb/>
Rendevous?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MAR">
            <speaker>Marie</speaker>
            <stage>(<hi rendition="#fr">a&#x0364;ußer&#x017F;t er&#x017F;chrocken.</hi>)</stage>
            <p>Ach, gna&#x0364;dige<lb/>
Frau &#x2014; es war ein Verwandter von<lb/>
mir &#x2014; mein Vetter, und der hat nun<lb/>
er&#x017F;t erfahren, wo ich bin &#x2014;</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GRAE">
            <speaker>Gra&#x0364;fin</speaker>
            <stage>(<hi rendition="#fr">&#x017F;ehr ern&#x017F;thaft.</hi>)</stage>
            <p>Jch habe alles<lb/>
geho&#x0364;rt.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MAR">
            <speaker>Marie</speaker>
            <stage>(<hi rendition="#fr">halb auf den Knieen.</hi>)</stage>
            <p>Ach Gott!<lb/>
&#x017F;o verzeihen Sie mir nur diesmal.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GRAE">
            <speaker>Gra&#x0364;fin.</speaker>
            <p>Ma&#x0364;dchen, du bi&#x017F;t wie das<lb/>
Ba&#x0364;umchen hier im Abendwinde, jeder<lb/>
Hauch vera&#x0364;ndert dich. Was denk&#x017F;t du<lb/>
denn, daß du hier unter meinen Augen<lb/>
den Faden mit dem Desportes wieder<lb/>
anzu&#x017F;pinnen denk&#x017F;t, dir Rendevous mit<lb/>
&#x017F;einen guten Freunden gieb&#x017F;t. Ha&#x0364;tt&#x2019; ich<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">das</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[95/0099] Mary. Warum denn? — Grauſame Mademoiſelle! iſt das erlaubt, Freunden ſo zu begegnen. Marie. Es kann nun ſchon nicht an- ders ſeyn — Ach Herr Gott, ich hoͤre jemand im Garten unten. Adieu, Adieu — Flattiren Sie ſich nur nicht — (kommt herunter.) Graͤfin. So, Marie! ihr gebt euch Rendevous? Marie (aͤußerſt erſchrocken.) Ach, gnaͤdige Frau — es war ein Verwandter von mir — mein Vetter, und der hat nun erſt erfahren, wo ich bin — Graͤfin (ſehr ernſthaft.) Jch habe alles gehoͤrt. Marie (halb auf den Knieen.) Ach Gott! ſo verzeihen Sie mir nur diesmal. Graͤfin. Maͤdchen, du biſt wie das Baͤumchen hier im Abendwinde, jeder Hauch veraͤndert dich. Was denkſt du denn, daß du hier unter meinen Augen den Faden mit dem Desportes wieder anzuſpinnen denkſt, dir Rendevous mit ſeinen guten Freunden giebſt. Haͤtt’ ich das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lenz_soldaten_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lenz_soldaten_1776/99
Zitationshilfe: Lenz, Jakob Michael Reinhold: Die Soldaten. Leipzig, 1776, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenz_soldaten_1776/99>, abgerufen am 23.11.2024.