Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lenz, Jakob Michael Reinhold: Anmerkungen übers Theater, nebst angehängten übersetzten Stück Shakespears. Leipzig, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite


Catharine. Der junge Dumain, ein
vollkommener Jüngling, von allen die Tu-
gend lieben geliebt, viel Gewalt viel Scha-
den anzurichten, aber kein Herz dazu. Witz
die häßlichste Gestalt gelten zu machen, und
eine Gestalt, auch allen Mangel an Witz zu
ersetzen. Jch sah ihn beym Herzoge Alfonso
und er übertrift meine Beschreibung weit.
Rosaline. Wenn man mir die Wahr-
heit gesagt hat, so war damals noch einer
von den vornehmen Studenten mit ihm. Sie
nennen ihn Biron, aber einen lustigern Mann,
doch mit Anstand, hab ich noch nie gesehen. Jch
lernt' ihn in einer Stunde kennen. Sein
Auge ist der Gelegenheitmacher seines Wi-
tzes, alles was jenem nur auffällt, weiß die-
ser in Scherz zu kehren, und hat einen so
netten Dollmetscher an seiner Zunge, daß
Greisenohren begierig an seinem Munde
hängen bleiben.
Prinzeßin. Gnade Gott Lädies! seyd
ihr denn alle verliebt. Jhr überschüttet ja
die Leute mit einem Berg von Lobeserhe-
bungen.
(Boyet kommt.)
Prinzeßin. Nun was für einen Be-
scheid, Boyet.
Boyet. Navarra hatte schon Nachricht
von Eurer schönen Anherokunft, er und seine
Mit-
Anm. üb. Theat. F


Catharine. Der junge Dumain, ein
vollkommener Juͤngling, von allen die Tu-
gend lieben geliebt, viel Gewalt viel Scha-
den anzurichten, aber kein Herz dazu. Witz
die haͤßlichſte Geſtalt gelten zu machen, und
eine Geſtalt, auch allen Mangel an Witz zu
erſetzen. Jch ſah ihn beym Herzoge Alfonſo
und er uͤbertrift meine Beſchreibung weit.
Roſaline. Wenn man mir die Wahr-
heit geſagt hat, ſo war damals noch einer
von den vornehmen Studenten mit ihm. Sie
nennen ihn Biron, aber einen luſtigern Mann,
doch mit Anſtand, hab ich noch nie geſehen. Jch
lernt’ ihn in einer Stunde kennen. Sein
Auge iſt der Gelegenheitmacher ſeines Wi-
tzes, alles was jenem nur auffaͤllt, weiß die-
ſer in Scherz zu kehren, und hat einen ſo
netten Dollmetſcher an ſeiner Zunge, daß
Greiſenohren begierig an ſeinem Munde
haͤngen bleiben.
Prinzeßin. Gnade Gott Laͤdies! ſeyd
ihr denn alle verliebt. Jhr uͤberſchuͤttet ja
die Leute mit einem Berg von Lobeserhe-
bungen.
(Boyet kommt.)
Prinzeßin. Nun was fuͤr einen Be-
ſcheid, Boyet.
Boyet. Navarra hatte ſchon Nachricht
von Eurer ſchoͤnen Anherokunft, er und ſeine
Mit-
Anm. uͤb. Theat. F
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0087" n="81"/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <sp>
              <speaker><hi rendition="#g">Catharine</hi>.</speaker>
              <p>Der junge Dumain, ein<lb/>
vollkommener Ju&#x0364;ngling, von allen die Tu-<lb/>
gend lieben geliebt, viel Gewalt viel Scha-<lb/>
den anzurichten, aber kein Herz dazu. Witz<lb/>
die ha&#x0364;ßlich&#x017F;te Ge&#x017F;talt gelten zu machen, und<lb/>
eine Ge&#x017F;talt, auch allen Mangel an Witz zu<lb/>
er&#x017F;etzen. Jch &#x017F;ah ihn beym Herzoge Alfon&#x017F;o<lb/>
und er u&#x0364;bertrift meine Be&#x017F;chreibung weit.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker><hi rendition="#g">Ro&#x017F;aline</hi>.</speaker>
              <p>Wenn man mir die Wahr-<lb/>
heit ge&#x017F;agt hat, &#x017F;o war damals noch einer<lb/>
von den vornehmen Studenten mit ihm. Sie<lb/>
nennen ihn Biron, aber einen lu&#x017F;tigern Mann,<lb/>
doch mit An&#x017F;tand, hab ich noch nie ge&#x017F;ehen. Jch<lb/>
lernt&#x2019; ihn in einer Stunde kennen. Sein<lb/>
Auge i&#x017F;t der Gelegenheitmacher &#x017F;eines Wi-<lb/>
tzes, alles was jenem nur auffa&#x0364;llt, weiß die-<lb/>
&#x017F;er in Scherz zu kehren, und hat einen &#x017F;o<lb/>
netten Dollmet&#x017F;cher an &#x017F;einer Zunge, daß<lb/>
Grei&#x017F;enohren begierig an &#x017F;einem Munde<lb/>
ha&#x0364;ngen bleiben.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker><hi rendition="#g">Prinzeßin</hi>.</speaker>
              <p>Gnade Gott La&#x0364;dies! &#x017F;eyd<lb/>
ihr denn alle verliebt. Jhr u&#x0364;ber&#x017F;chu&#x0364;ttet ja<lb/>
die Leute mit einem Berg von Lobeserhe-<lb/>
bungen.</p>
            </sp><lb/>
            <stage> <hi rendition="#c">(Boyet <hi rendition="#fr">kommt.</hi>)</hi> </stage><lb/>
            <sp>
              <speaker><hi rendition="#g">Prinzeßin</hi>.</speaker>
              <p>Nun was fu&#x0364;r einen Be-<lb/>
&#x017F;cheid, Boyet.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker><hi rendition="#g">Boyet</hi>.</speaker>
              <p>Navarra hatte &#x017F;chon Nachricht<lb/>
von Eurer &#x017F;cho&#x0364;nen Anherokunft, er und &#x017F;eine<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">Anm. u&#x0364;b. Theat.</hi> F</fw><fw place="bottom" type="catch">Mit-</fw><lb/></p>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[81/0087] Catharine. Der junge Dumain, ein vollkommener Juͤngling, von allen die Tu- gend lieben geliebt, viel Gewalt viel Scha- den anzurichten, aber kein Herz dazu. Witz die haͤßlichſte Geſtalt gelten zu machen, und eine Geſtalt, auch allen Mangel an Witz zu erſetzen. Jch ſah ihn beym Herzoge Alfonſo und er uͤbertrift meine Beſchreibung weit. Roſaline. Wenn man mir die Wahr- heit geſagt hat, ſo war damals noch einer von den vornehmen Studenten mit ihm. Sie nennen ihn Biron, aber einen luſtigern Mann, doch mit Anſtand, hab ich noch nie geſehen. Jch lernt’ ihn in einer Stunde kennen. Sein Auge iſt der Gelegenheitmacher ſeines Wi- tzes, alles was jenem nur auffaͤllt, weiß die- ſer in Scherz zu kehren, und hat einen ſo netten Dollmetſcher an ſeiner Zunge, daß Greiſenohren begierig an ſeinem Munde haͤngen bleiben. Prinzeßin. Gnade Gott Laͤdies! ſeyd ihr denn alle verliebt. Jhr uͤberſchuͤttet ja die Leute mit einem Berg von Lobeserhe- bungen. (Boyet kommt.) Prinzeßin. Nun was fuͤr einen Be- ſcheid, Boyet. Boyet. Navarra hatte ſchon Nachricht von Eurer ſchoͤnen Anherokunft, er und ſeine Mit- Anm. uͤb. Theat. F

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lenz_anmerkungen_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lenz_anmerkungen_1774/87
Zitationshilfe: Lenz, Jakob Michael Reinhold: Anmerkungen übers Theater, nebst angehängten übersetzten Stück Shakespears. Leipzig, 1774, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenz_anmerkungen_1774/87>, abgerufen am 25.11.2024.