Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lenz, Jakob Michael Reinhold: Anmerkungen übers Theater, nebst angehängten übersetzten Stück Shakespears. Leipzig, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite


Prinzes. O, die Narrheiten des Nar-
ren sind beyweiten so gefährlich nicht, als
die Narrheiten des Witzes, denn alle Kräf-
te die er hat bietet er auf, seinen Rasereyen
das Ansehen der Vernunft zu geben -- da
kommt Boyet, sehr lustig --
Boyet.
Boyet. Jch wäre bald gestorben für
Lachen.
Prinz. Was bringst du?
Boyet. Rüstet euch Frauenzimmer! har-
nischt euch! die Liebe droht eurer Ruhe, nä-
hert sich euch verkleidt, bewafnet mit Kom-
plimenten, denen nicht zu wiederstehen ist.
Mustert euren Witz oder nehmt euren Kopf
in die Hand und flieht.
Prinzes. Heiliger Dyonis und heiliger
Cupido steh uns bey. Haben sie sich die
Brust mit Seufzern geladen, uns übern Hauf-
fen zu schiessen? rede Kundschafter.
Boyet. Jch lag unter jenem Maul-
beerbaume, als ich mit schon halbgeschlosse-
nen Augen auf einmal dem Schatten gegen-
über den König und seine Eidgenossen selt-
sam gekleidt erblickte. Jch schlich mich
ins Gesträuch und horchte alles ab, was sie
sich vornahmen euch zu sagen. Jhr Herold
ist ein kleiner neckischer Page, der seine Ge-
sandschaft nicht gar zu gut auswendig ge-
lernt


Prinzeſ. O, die Narrheiten des Nar-
ren ſind beyweiten ſo gefaͤhrlich nicht, als
die Narrheiten des Witzes, denn alle Kraͤf-
te die er hat bietet er auf, ſeinen Raſereyen
das Anſehen der Vernunft zu geben — da
kommt Boyet, ſehr luſtig —
Boyet.
Boyet. Jch waͤre bald geſtorben fuͤr
Lachen.
Prinz. Was bringſt du?
Boyet. Ruͤſtet euch Frauenzimmer! har-
niſcht euch! die Liebe droht eurer Ruhe, naͤ-
hert ſich euch verkleidt, bewafnet mit Kom-
plimenten, denen nicht zu wiederſtehen iſt.
Muſtert euren Witz oder nehmt euren Kopf
in die Hand und flieht.
Prinzeſ. Heiliger Dyonis und heiliger
Cupido ſteh uns bey. Haben ſie ſich die
Bruſt mit Seufzern geladen, uns uͤbern Hauf-
fen zu ſchieſſen? rede Kundſchafter.
Boyet. Jch lag unter jenem Maul-
beerbaume, als ich mit ſchon halbgeſchloſſe-
nen Augen auf einmal dem Schatten gegen-
uͤber den Koͤnig und ſeine Eidgenoſſen ſelt-
ſam gekleidt erblickte. Jch ſchlich mich
ins Geſtraͤuch und horchte alles ab, was ſie
ſich vornahmen euch zu ſagen. Jhr Herold
iſt ein kleiner neckiſcher Page, der ſeine Ge-
ſandſchaft nicht gar zu gut auswendig ge-
lernt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0136" n="130"/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#g">Prinze&#x017F;.</hi> </speaker>
              <p>O, die Narrheiten des Nar-<lb/>
ren &#x017F;ind beyweiten &#x017F;o gefa&#x0364;hrlich nicht, als<lb/>
die Narrheiten des Witzes, denn alle Kra&#x0364;f-<lb/>
te die er hat bietet er auf, &#x017F;einen Ra&#x017F;ereyen<lb/>
das An&#x017F;ehen der Vernunft zu geben &#x2014; da<lb/>
kommt Boyet, &#x017F;ehr lu&#x017F;tig &#x2014;</p>
            </sp><lb/>
            <stage> <hi rendition="#c">Boyet.</hi> </stage><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#g">Boyet.</hi> </speaker>
              <p>Jch wa&#x0364;re bald ge&#x017F;torben fu&#x0364;r<lb/>
Lachen.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#g">Prinz.</hi> </speaker>
              <p>Was bring&#x017F;t du?</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#g">Boyet.</hi> </speaker>
              <p>Ru&#x0364;&#x017F;tet euch Frauenzimmer! har-<lb/>
ni&#x017F;cht euch! die Liebe droht eurer Ruhe, na&#x0364;-<lb/>
hert &#x017F;ich euch verkleidt, bewafnet mit Kom-<lb/>
plimenten, denen nicht zu wieder&#x017F;tehen i&#x017F;t.<lb/>
Mu&#x017F;tert euren Witz oder nehmt euren Kopf<lb/>
in die Hand und flieht.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#g">Prinze&#x017F;.</hi> </speaker>
              <p>Heiliger Dyonis und heiliger<lb/>
Cupido &#x017F;teh uns bey. Haben &#x017F;ie &#x017F;ich die<lb/>
Bru&#x017F;t mit Seufzern geladen, uns u&#x0364;bern Hauf-<lb/>
fen zu &#x017F;chie&#x017F;&#x017F;en? rede Kund&#x017F;chafter.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#g">Boyet.</hi> </speaker>
              <p>Jch lag unter jenem Maul-<lb/>
beerbaume, als ich mit &#x017F;chon halbge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;e-<lb/>
nen Augen auf einmal dem Schatten gegen-<lb/>
u&#x0364;ber den Ko&#x0364;nig und &#x017F;eine Eidgeno&#x017F;&#x017F;en &#x017F;elt-<lb/>
&#x017F;am gekleidt erblickte. Jch &#x017F;chlich mich<lb/>
ins Ge&#x017F;tra&#x0364;uch und horchte alles ab, was &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich vornahmen euch zu &#x017F;agen. Jhr Herold<lb/>
i&#x017F;t ein kleiner necki&#x017F;cher Page, der &#x017F;eine Ge-<lb/>
&#x017F;and&#x017F;chaft nicht gar zu gut auswendig ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">lernt</fw><lb/></p>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[130/0136] Prinzeſ. O, die Narrheiten des Nar- ren ſind beyweiten ſo gefaͤhrlich nicht, als die Narrheiten des Witzes, denn alle Kraͤf- te die er hat bietet er auf, ſeinen Raſereyen das Anſehen der Vernunft zu geben — da kommt Boyet, ſehr luſtig — Boyet. Boyet. Jch waͤre bald geſtorben fuͤr Lachen. Prinz. Was bringſt du? Boyet. Ruͤſtet euch Frauenzimmer! har- niſcht euch! die Liebe droht eurer Ruhe, naͤ- hert ſich euch verkleidt, bewafnet mit Kom- plimenten, denen nicht zu wiederſtehen iſt. Muſtert euren Witz oder nehmt euren Kopf in die Hand und flieht. Prinzeſ. Heiliger Dyonis und heiliger Cupido ſteh uns bey. Haben ſie ſich die Bruſt mit Seufzern geladen, uns uͤbern Hauf- fen zu ſchieſſen? rede Kundſchafter. Boyet. Jch lag unter jenem Maul- beerbaume, als ich mit ſchon halbgeſchloſſe- nen Augen auf einmal dem Schatten gegen- uͤber den Koͤnig und ſeine Eidgenoſſen ſelt- ſam gekleidt erblickte. Jch ſchlich mich ins Geſtraͤuch und horchte alles ab, was ſie ſich vornahmen euch zu ſagen. Jhr Herold iſt ein kleiner neckiſcher Page, der ſeine Ge- ſandſchaft nicht gar zu gut auswendig ge- lernt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lenz_anmerkungen_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lenz_anmerkungen_1774/136
Zitationshilfe: Lenz, Jakob Michael Reinhold: Anmerkungen übers Theater, nebst angehängten übersetzten Stück Shakespears. Leipzig, 1774, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenz_anmerkungen_1774/136>, abgerufen am 25.11.2024.