Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832.Wildfrohlockend ruft der Hauptmann: "Heute muß das Werk vollbracht seyn, "Und zur Freude des Ministers "Dies des Polen lezte Nacht seyn! "Reich an Hasse ist der Priester, "Dessen mag manch Grab ihn loben; "Doch des Hasses herbste Fülle "Kocht sein Herz für den da oben. "Denn der hat sich kühn vermessen, "Einst in hoher Fürsten Kreise "Dem Gefürchteten zu nahen "Auf verächtlich kalte Weise. "Und er wäre längst verblichen; "Doch der König selbst, der schwache, "Hat Gewalt verboten, fürchtend "Oesterreichs und Polens Rache. "Heute will mit eigner Faust ich
"Nach der rechten Stunde haschen, "Und mit dem, was wir vollbringen, "Selbst den Teufel überraschen. Wildfrohlockend ruft der Hauptmann: „Heute muß das Werk vollbracht ſeyn, „Und zur Freude des Miniſters „Dies des Polen lezte Nacht ſeyn! „Reich an Haſſe iſt der Prieſter, „Deſſen mag manch Grab ihn loben; „Doch des Haſſes herbſte Fuͤlle „Kocht ſein Herz fuͤr den da oben. „Denn der hat ſich kuͤhn vermeſſen, „Einſt in hoher Fuͤrſten Kreiſe „Dem Gefuͤrchteten zu nahen „Auf veraͤchtlich kalte Weiſe. „Und er waͤre laͤngſt verblichen; „Doch der Koͤnig ſelbſt, der ſchwache, „Hat Gewalt verboten, fuͤrchtend „Oeſterreichs und Polens Rache. „Heute will mit eigner Fauſt ich
„Nach der rechten Stunde haſchen, „Und mit dem, was wir vollbringen, „Selbſt den Teufel uͤberraſchen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0263" n="249"/> <lg n="20"> <l>Wildfrohlockend ruft der Hauptmann:</l><lb/> <l>„Heute muß das Werk vollbracht ſeyn,</l><lb/> <l>„Und zur Freude des Miniſters</l><lb/> <l>„Dies des Polen lezte Nacht ſeyn!</l><lb/> </lg> <lg n="21"> <l>„Reich an Haſſe iſt der Prieſter,</l><lb/> <l>„Deſſen mag manch Grab ihn loben;</l><lb/> <l>„Doch des Haſſes herbſte Fuͤlle</l><lb/> <l>„Kocht ſein Herz fuͤr den da oben.</l><lb/> </lg> <lg n="22"> <l>„Denn der hat ſich kuͤhn vermeſſen,</l><lb/> <l>„Einſt in hoher Fuͤrſten Kreiſe</l><lb/> <l>„Dem Gefuͤrchteten zu nahen</l><lb/> <l>„Auf veraͤchtlich kalte Weiſe.</l><lb/> </lg> <lg n="23"> <l>„Und er waͤre laͤngſt verblichen;</l><lb/> <l>„Doch der Koͤnig ſelbſt, der ſchwache,</l><lb/> <l>„Hat Gewalt verboten, fuͤrchtend</l><lb/> <l>„Oeſterreichs und Polens Rache.</l><lb/> </lg> <lg n="24"> <l>„Heute will mit eigner Fauſt ich</l><lb/> <l>„Nach der rechten Stunde haſchen,</l><lb/> <l>„Und mit dem, was wir vollbringen,</l><lb/> <l>„Selbſt den Teufel uͤberraſchen.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [249/0263]
Wildfrohlockend ruft der Hauptmann:
„Heute muß das Werk vollbracht ſeyn,
„Und zur Freude des Miniſters
„Dies des Polen lezte Nacht ſeyn!
„Reich an Haſſe iſt der Prieſter,
„Deſſen mag manch Grab ihn loben;
„Doch des Haſſes herbſte Fuͤlle
„Kocht ſein Herz fuͤr den da oben.
„Denn der hat ſich kuͤhn vermeſſen,
„Einſt in hoher Fuͤrſten Kreiſe
„Dem Gefuͤrchteten zu nahen
„Auf veraͤchtlich kalte Weiſe.
„Und er waͤre laͤngſt verblichen;
„Doch der Koͤnig ſelbſt, der ſchwache,
„Hat Gewalt verboten, fuͤrchtend
„Oeſterreichs und Polens Rache.
„Heute will mit eigner Fauſt ich
„Nach der rechten Stunde haſchen,
„Und mit dem, was wir vollbringen,
„Selbſt den Teufel uͤberraſchen.
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Zitationshilfe: | Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832/263>, abgerufen am 16.02.2025. |