Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

[Beginn Spaltensatz] sie auch zu wachsen pfleget. Wann sie noch in der Erde steckt, so treibt sie Zweige heraus, die breiten sich auf dem Boden aus, und bringen sehr breite, grüne Blätter. Dieses Kraut wächst an feuchten Orten.

Die Spanier schneiden die Knoten von dieser Wurtzel ab, machen sie rund und ein Loch darein und alsdann Paternoster davon. Wann diese Knoten trocken worden sind, so werden sie schrumpflig und so harte als wie Horn.

Diese Wurtzel dienet zu den Wehetagen des Magens: sie eröffnet trefflich: man brauchet sie zum Reissen in den Lenden und wann man schwerlich harnen kan. Sie wird auch äusserlich gebraucht, zerquetscht und zur Stärckung auf die Glieder geleget.

Radix sanctae Helenae wird sie genannt, weil sie von Porto santa Helena gebracht wird; und Pater noster, weil sie zu Paternostern gebrauchet wird.

Raja Piscis.

Raja, frantzösisch, Raye oder Ree, teutsch, Rochen, ist ein Seefisch, der bey der Fischerey gar sehr bekannt. Sein Leib ist platt, breit und knorpelig. Sein Maul ist klein und spitzig knorpelig und gleissend. Die Kinnbacken sind von drey oder vier Reihen kleinen und harten, glatten und durchsichtigen Beinen besetzet, die ungleichseitig und als wie geschobene Viereck oder Rauten formiret, und ordentlich gestellet sind: Diese sind seine Zähne, mit denen er zermalmet, was er frisset. Sein Schwantz ist lang und mit drey Reihen Spitzen besetzet. Es giebet allerhand Sorten der Rochen, einige haben eine stachlichte Haut, über und über voller weisser Flecken und auf dem Rücken Figuren als wie Sterne: andere aber haben keine solchen Flecke, ohne auf dem Schwantze. Dieser Fisch hält sich bey den Strömen, in der See, an solchen Orten auf, wo es schlammig und morastig ist: er lebet von Fischen und vermehret sich häuffig.

Zu Marseille, wird eine Rochenart gefangen, welche Raja clavata, frantzösisch, Raye bouclee, teutsch, Schildroche genennet wird. Dieselbige ist viel kleiner, viel zärter und schmackhafter als die andern Arten. Sie siehet schwärtzlicht aus.

Der Rochen muß eingeweichet oder auch geklopfet werden, wann man ihn essen will: dann, wann er gar zu frisch ist, so ist er zähe als wie Leder und unverdaulich.

Die Rochenzähne eröffnen, sind alkalinisch und gut die scharffen Feuchtigkeiten in dem Leibe zu dämpfen. Sie müssen auf einem Reibesteine gantz subtil gerieben und einen halben Scrupel bis auf zwey Scrupel schwer eingegeben werden.

Raja kommt von radius, Strahl, weil dieser Fisch Sterne auf dem Rücken führet.

Rallus.

Rallus Italorum ist ein Wasservogel und Geschlecht der Bläslinge. Er ist so groß als ein Wasserhun, schwartz und an einigen Orten etwas weiß. Dieser Vogel findet sich in Italien und an vielen andern Orten mehr.

Sein Fett zertheilet, erweichet und stillet die Schmertzen.

Rana.

Rana, frantzösisch, Grenouille oder Rayne, teutsch, Frosch, ist ein Insectum und Gewürm, daß sich im Wasser aufzuhalten pfleget, und überall bekannt gnug ist. Es kan so wol im Wasser, als wie auf dem Lande leben; dann, es hält sich bald im Wasser, bald auf dem Lande auf. Insgemein aber steckt es im Moraste, in den Quellen, bey den Flüssen, in den Gräben und in schlammigen Gewässer. Es lebet von Gras und Kräutern, von kleinen Thieren, z.E. von Fliegen und von todten Maulwürffen.

Der Frosch kommt aus einem kleinen schwartzen Ey, welches in dem Froschleich zu ersehen. Dieses Ey wird grösser, nimmt zu und wird zu einem kleinen langen Wurme, der des halben kleinen Fingers dicke ist, der wird alsdenn lateinisch Gyrinus, frantzösisch, Nymphe oder Testar, teutsch, Kropfkeule, genennet. Sein Kopf ist groß und lang, er hat einen Schwantz, dessen Ende nahe an dem Kopfe sitzet, und immer schmäler wird, bis hinten aus, den beweget er im Wasser gantz behende, und wendet sich immerfort von einer Seite zu der andern. Seine Farbe ist braun und schwärtzlicht. Es ist ein rechter Fisch, der gar nicht ausserhalb des Wassers leben kan, als wie der Frosch. Wann dieses Thier grösser worden ist, so zerberstet der Rock oder die Haut, damit er bekleidet oder umhüllet war, alsdann erscheint der Frosch. Dabey ist dieses zu mercken, daß das Maul der Kropfkeule, so lange sie in dieser Gestalt verbleibet, dem Maule einer Schleihe viel ähnlicher siehet, als einem Froschmaule: deswegen auch der Frosch gleichsam eine Masqve ableget, wann er dieselbe Haut verläst. Die Hinterpfoten stecken in dem Schwantze der Kropfkeule, und geben sich eher hervor als die vordersten. Ausser dieser dicken Decke haben diese Pfoten gleichsam ein Paar Handschuhe, die leget die Kropfkeule gleicher Gestalt von sich, wann sie die Gestalt eines Frosches an sich nimmet. So daß eine sonderliche merckwürdige Veränderung vorgehet, wann die Kropfkeule sich in einen Frosch verwandelt, wiewol es würcklich nur ein einiger Wurm ist.

Es giebet allerhand Arten Frösche, welche gegessen und zur Artzney gebrauchet werden.

Man nimmt diejenigen, die recht vollkommen seyn, und grüne sehen. Sie führen viel phlegma und Oel, wenig flüchtig Saltz.

Sie zertheilen und eröffnen.

Ihr Samen wird auf lateinisch Sperma ranarum, seu Sperniola, frantzösisch, Frais de Granouille, teutsch, Fröschleich genennet. Er ist eine flüßige und gar sehr schleimige Materie, durchsichtig, weiß, sehr kalt, und voller kleiner schwartzer Eyer.

Er wird zum kühlen gebraucht, die Feuchtigkeiten in dem Leibe dick zu machen, die Schmertzen und die Entzündung zu lindern: er wird äusserlich gebraucht und aufgeleget. Auch wird ein Wasser daraus abgezogen, das hat eben dergleichen Kraft.

Rana ist ein Hebräisch Wort, und bedeutet so viel als schreyen: dahero ist dem Frosche dieser Titel worden, weil er gar ofters in dem Wasser zu schreyen pfleget.

[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] sie auch zu wachsen pfleget. Wann sie noch in der Erde steckt, so treibt sie Zweige heraus, die breiten sich auf dem Boden aus, und bringen sehr breite, grüne Blätter. Dieses Kraut wächst an feuchten Orten.

Die Spanier schneiden die Knoten von dieser Wurtzel ab, machen sie rund und ein Loch darein und alsdann Paternoster davon. Wann diese Knoten trocken worden sind, so werden sie schrumpflig und so harte als wie Horn.

Diese Wurtzel dienet zu den Wehetagen des Magens: sie eröffnet trefflich: man brauchet sie zum Reissen in den Lenden und wann man schwerlich harnen kan. Sie wird auch äusserlich gebraucht, zerquetscht und zur Stärckung auf die Glieder geleget.

Radix sanctæ Helenæ wird sie genannt, weil sie von Porto santa Helena gebracht wird; und Pater noster, weil sie zu Paternostern gebrauchet wird.

Raja Piscis.

Raja, frantzösisch, Raye oder Rée, teutsch, Rochen, ist ein Seefisch, der bey der Fischerey gar sehr bekannt. Sein Leib ist platt, breit und knorpelig. Sein Maul ist klein und spitzig knorpelig und gleissend. Die Kinnbacken sind von drey oder vier Reihen kleinen und harten, glatten und durchsichtigen Beinen besetzet, die ungleichseitig und als wie geschobene Viereck oder Rauten formiret, und ordentlich gestellet sind: Diese sind seine Zähne, mit denen er zermalmet, was er frisset. Sein Schwantz ist lang und mit drey Reihen Spitzen besetzet. Es giebet allerhand Sorten der Rochen, einige haben eine stachlichte Haut, über und über voller weisser Flecken und auf dem Rücken Figuren als wie Sterne: andere aber haben keine solchen Flecke, ohne auf dem Schwantze. Dieser Fisch hält sich bey den Strömen, in der See, an solchen Orten auf, wo es schlammig und morastig ist: er lebet von Fischen und vermehret sich häuffig.

Zu Marseille, wird eine Rochenart gefangen, welche Raja clavata, frantzösisch, Raye bouclée, teutsch, Schildroche genennet wird. Dieselbige ist viel kleiner, viel zärter und schmackhafter als die andern Arten. Sie siehet schwärtzlicht aus.

Der Rochen muß eingeweichet oder auch geklopfet werden, wann man ihn essen will: dann, wann er gar zu frisch ist, so ist er zähe als wie Leder und unverdaulich.

Die Rochenzähne eröffnen, sind alkalinisch und gut die scharffen Feuchtigkeiten in dem Leibe zu dämpfen. Sie müssen auf einem Reibesteine gantz subtil gerieben und einen halben Scrupel bis auf zwey Scrupel schwer eingegeben werden.

Raja kommt von radius, Strahl, weil dieser Fisch Sterne auf dem Rücken führet.

Rallus.

Rallus Italorum ist ein Wasservogel und Geschlecht der Bläslinge. Er ist so groß als ein Wasserhun, schwartz und an einigen Orten etwas weiß. Dieser Vogel findet sich in Italien und an vielen andern Orten mehr.

Sein Fett zertheilet, erweichet und stillet die Schmertzen.

Rana.

Rana, frantzösisch, Grenouille oder Rayne, teutsch, Frosch, ist ein Insectum und Gewürm, daß sich im Wasser aufzuhalten pfleget, und überall bekannt gnug ist. Es kan so wol im Wasser, als wie auf dem Lande leben; dann, es hält sich bald im Wasser, bald auf dem Lande auf. Insgemein aber steckt es im Moraste, in den Quellen, bey den Flüssen, in den Gräben und in schlammigen Gewässer. Es lebet von Gras und Kräutern, von kleinen Thieren, z.E. von Fliegen und von todten Maulwürffen.

Der Frosch kommt aus einem kleinen schwartzen Ey, welches in dem Froschleich zu ersehen. Dieses Ey wird grösser, nimmt zu und wird zu einem kleinen langen Wurme, der des halben kleinen Fingers dicke ist, der wird alsdenn lateinisch Gyrinus, frantzösisch, Nymphe oder Testar, teutsch, Kropfkeule, genennet. Sein Kopf ist groß und lang, er hat einen Schwantz, dessen Ende nahe an dem Kopfe sitzet, und immer schmäler wird, bis hinten aus, den beweget er im Wasser gantz behende, und wendet sich immerfort von einer Seite zu der andern. Seine Farbe ist braun und schwärtzlicht. Es ist ein rechter Fisch, der gar nicht ausserhalb des Wassers leben kan, als wie der Frosch. Wann dieses Thier grösser worden ist, so zerberstet der Rock oder die Haut, damit er bekleidet oder umhüllet war, alsdann erscheint der Frosch. Dabey ist dieses zu mercken, daß das Maul der Kropfkeule, so lange sie in dieser Gestalt verbleibet, dem Maule einer Schleihe viel ähnlicher siehet, als einem Froschmaule: deswegen auch der Frosch gleichsam eine Masqve ableget, wann er dieselbe Haut verläst. Die Hinterpfoten stecken in dem Schwantze der Kropfkeule, und geben sich eher hervor als die vordersten. Ausser dieser dicken Decke haben diese Pfoten gleichsam ein Paar Handschuhe, die leget die Kropfkeule gleicher Gestalt von sich, wann sie die Gestalt eines Frosches an sich nimmet. So daß eine sonderliche merckwürdige Veränderung vorgehet, wann die Kropfkeule sich in einen Frosch verwandelt, wiewol es würcklich nur ein einiger Wurm ist.

Es giebet allerhand Arten Frösche, welche gegessen und zur Artzney gebrauchet werden.

Man nimmt diejenigen, die recht vollkommen seyn, und grüne sehen. Sie führen viel phlegma und Oel, wenig flüchtig Saltz.

Sie zertheilen und eröffnen.

Ihr Samen wird auf lateinisch Sperma ranarum, seu Sperniola, frantzösisch, Frais de Granouille, teutsch, Fröschleich genennet. Er ist eine flüßige und gar sehr schleimige Materie, durchsichtig, weiß, sehr kalt, und voller kleiner schwartzer Eyer.

Er wird zum kühlen gebraucht, die Feuchtigkeiten in dem Leibe dick zu machen, die Schmertzen und die Entzündung zu lindern: er wird äusserlich gebraucht und aufgeleget. Auch wird ein Wasser daraus abgezogen, das hat eben dergleichen Kraft.

Rana ist ein Hebräisch Wort, und bedeutet so viel als schreyen: dahero ist dem Frosche dieser Titel worden, weil er gar ofters in dem Wasser zu schreyen pfleget.

[Ende Spaltensatz]
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div type="lexiconEntry">
          <p><pb facs="#f0490"/><cb type="start"/>
sie auch zu wachsen pfleget. Wann sie noch in der Erde steckt, so treibt sie Zweige heraus, die breiten sich auf dem Boden aus, und bringen sehr breite, grüne Blätter. Dieses Kraut wächst an feuchten Orten.</p><lb/>
          <p>Die Spanier schneiden die Knoten von dieser Wurtzel ab, machen sie rund und ein Loch darein und alsdann Paternoster davon. Wann diese Knoten trocken worden sind, so werden sie schrumpflig und so harte als wie Horn.</p><lb/>
          <p>Diese Wurtzel dienet zu den Wehetagen des Magens: sie eröffnet trefflich: man brauchet sie zum Reissen in den Lenden und wann man schwerlich harnen kan. Sie wird auch äusserlich gebraucht, zerquetscht und zur Stärckung auf die Glieder geleget.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">Radix sanctæ Helenæ</hi> wird sie genannt, weil sie von <hi rendition="#i">Porto santa Helena</hi> gebracht wird; und <hi rendition="#i">Pater noster,</hi> weil sie zu Paternostern gebrauchet wird.</p>
        </div><lb/>
        <div type="lexiconEntry">
          <head>Raja Piscis.</head><lb/>
          <p><hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Raja</hi></hi>, frantzösisch, <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Raye</hi></hi> oder <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Rée</hi></hi>, teutsch, <hi rendition="#fr">Rochen,</hi> ist ein Seefisch, der bey der Fischerey gar sehr bekannt. Sein Leib ist platt, breit und knorpelig. Sein Maul ist klein und spitzig knorpelig und gleissend. Die Kinnbacken sind von drey oder vier Reihen kleinen und harten, glatten und durchsichtigen Beinen besetzet, die ungleichseitig und als wie geschobene Viereck oder Rauten formiret, und ordentlich gestellet sind: Diese sind seine Zähne, mit denen er zermalmet, was er frisset. Sein Schwantz ist lang und mit drey Reihen Spitzen besetzet. Es giebet allerhand Sorten der Rochen, einige haben eine stachlichte Haut, über und über voller weisser Flecken und auf dem Rücken Figuren als wie Sterne: andere aber haben keine solchen Flecke, ohne auf dem Schwantze. Dieser Fisch hält sich bey den Strömen, in der <hi rendition="#fr">See,</hi> an solchen Orten auf, wo es schlammig und morastig ist: er lebet von Fischen und vermehret sich häuffig.</p><lb/>
          <p>Zu <hi rendition="#fr">Marseille,</hi> wird eine Rochenart gefangen, welche <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Raja clavata</hi></hi>, frantzösisch, <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Raye bouclée</hi></hi>, teutsch, <hi rendition="#fr">Schildroche</hi> genennet wird. Dieselbige ist viel kleiner, viel zärter und schmackhafter als die andern Arten. Sie siehet schwärtzlicht aus.</p><lb/>
          <p>Der Rochen muß eingeweichet oder auch geklopfet werden, wann man ihn essen will: dann, wann er gar zu frisch ist, so ist er zähe als wie Leder und unverdaulich.</p><lb/>
          <p>Die Rochenzähne eröffnen, sind alkalinisch und gut die scharffen Feuchtigkeiten in dem Leibe zu dämpfen. Sie müssen auf einem Reibesteine gantz subtil gerieben und einen halben Scrupel bis auf zwey Scrupel schwer eingegeben werden.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">Raja</hi> kommt von <hi rendition="#i">radius,</hi> <hi rendition="#fr">Strahl,</hi> weil dieser Fisch Sterne auf dem Rücken führet.</p>
        </div><lb/>
        <div type="lexiconEntry">
          <head>Rallus.</head><lb/>
          <p><hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Rallus Italorum</hi></hi> ist ein Wasservogel und Geschlecht der Bläslinge. Er ist so groß als ein Wasserhun, schwartz und an einigen Orten etwas weiß. Dieser Vogel findet sich in Italien und an vielen andern Orten mehr.</p><lb/>
          <p>Sein Fett zertheilet, erweichet und stillet die Schmertzen.</p>
        </div><lb/>
        <div type="lexiconEntry">
          <head>Rana.</head><lb/>
          <p><hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Rana</hi></hi>, frantzösisch, <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Grenouille</hi></hi> oder <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Rayne</hi></hi>, teutsch, <hi rendition="#fr">Frosch,</hi> ist ein <hi rendition="#i">Insectum</hi> und Gewürm, daß sich im Wasser aufzuhalten pfleget, und überall bekannt gnug ist. Es kan so wol im Wasser, als wie auf dem Lande leben; dann, es hält sich bald im Wasser, bald auf dem Lande auf. Insgemein aber steckt es im Moraste, in den Quellen, bey den Flüssen, in den Gräben und in schlammigen Gewässer. Es lebet von Gras und Kräutern, von kleinen Thieren, z.E. von Fliegen und von todten Maulwürffen.</p><lb/>
          <p>Der Frosch kommt aus einem kleinen schwartzen Ey, welches in dem Froschleich zu ersehen. Dieses Ey wird grösser, nimmt zu und wird zu einem kleinen langen Wurme, der des halben kleinen Fingers dicke ist, der wird alsdenn lateinisch <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Gyrinus</hi></hi>, frantzösisch, <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Nymphe</hi></hi> oder <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Testar</hi></hi>, teutsch, <hi rendition="#fr">Kropfkeule,</hi> genennet. Sein Kopf ist groß und lang, er hat einen Schwantz, dessen Ende nahe an dem Kopfe sitzet, und immer schmäler wird, bis hinten aus, den beweget er im Wasser gantz behende, und wendet sich immerfort von einer Seite zu der andern. Seine Farbe ist braun und schwärtzlicht. Es ist ein rechter Fisch, der gar nicht ausserhalb des Wassers leben kan, als wie der Frosch. Wann dieses Thier grösser worden ist, so zerberstet der Rock oder die Haut, damit er bekleidet oder umhüllet war, alsdann erscheint der Frosch. Dabey ist dieses zu mercken, daß das Maul der Kropfkeule, so lange sie in dieser Gestalt verbleibet, dem Maule einer Schleihe viel ähnlicher siehet, als einem Froschmaule: deswegen auch der Frosch gleichsam eine Masqve ableget, wann er dieselbe Haut verläst. Die Hinterpfoten stecken in dem Schwantze der Kropfkeule, und geben sich eher hervor als die vordersten. Ausser dieser dicken Decke haben diese Pfoten gleichsam ein Paar Handschuhe, die leget die Kropfkeule gleicher Gestalt von sich, wann sie die Gestalt eines Frosches an sich nimmet. So daß eine sonderliche merckwürdige Veränderung vorgehet, wann die Kropfkeule sich in einen Frosch verwandelt, wiewol es würcklich nur ein einiger Wurm ist.</p><lb/>
          <p>Es giebet allerhand Arten Frösche, welche gegessen und zur Artzney gebrauchet werden.</p><lb/>
          <p>Man nimmt diejenigen, die recht vollkommen seyn, und grüne sehen. Sie führen viel <hi rendition="#i">phlegma</hi> und Oel, wenig flüchtig Saltz.</p><lb/>
          <p>Sie zertheilen und eröffnen.</p><lb/>
          <p>Ihr Samen wird auf lateinisch <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Sperma ranarum, seu Sperniola</hi></hi>, frantzösisch, <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Frais de Granouille</hi></hi>, teutsch, <hi rendition="#fr">Fröschleich</hi> genennet. Er ist eine flüßige und gar sehr schleimige Materie, durchsichtig, weiß, sehr kalt, und voller kleiner schwartzer Eyer.</p><lb/>
          <p>Er wird zum kühlen gebraucht, die Feuchtigkeiten in dem Leibe dick zu machen, die Schmertzen und die Entzündung zu lindern: er wird äusserlich gebraucht und aufgeleget. Auch wird ein Wasser daraus abgezogen, das hat eben dergleichen Kraft.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">Rana</hi> ist ein Hebräisch Wort, und bedeutet so viel als <hi rendition="#fr">schreyen:</hi> dahero ist dem Frosche dieser Titel worden, weil er gar ofters in dem Wasser zu schreyen pfleget.</p>
          <cb type="end"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0490] sie auch zu wachsen pfleget. Wann sie noch in der Erde steckt, so treibt sie Zweige heraus, die breiten sich auf dem Boden aus, und bringen sehr breite, grüne Blätter. Dieses Kraut wächst an feuchten Orten. Die Spanier schneiden die Knoten von dieser Wurtzel ab, machen sie rund und ein Loch darein und alsdann Paternoster davon. Wann diese Knoten trocken worden sind, so werden sie schrumpflig und so harte als wie Horn. Diese Wurtzel dienet zu den Wehetagen des Magens: sie eröffnet trefflich: man brauchet sie zum Reissen in den Lenden und wann man schwerlich harnen kan. Sie wird auch äusserlich gebraucht, zerquetscht und zur Stärckung auf die Glieder geleget. Radix sanctæ Helenæ wird sie genannt, weil sie von Porto santa Helena gebracht wird; und Pater noster, weil sie zu Paternostern gebrauchet wird. Raja Piscis. Raja, frantzösisch, Raye oder Rée, teutsch, Rochen, ist ein Seefisch, der bey der Fischerey gar sehr bekannt. Sein Leib ist platt, breit und knorpelig. Sein Maul ist klein und spitzig knorpelig und gleissend. Die Kinnbacken sind von drey oder vier Reihen kleinen und harten, glatten und durchsichtigen Beinen besetzet, die ungleichseitig und als wie geschobene Viereck oder Rauten formiret, und ordentlich gestellet sind: Diese sind seine Zähne, mit denen er zermalmet, was er frisset. Sein Schwantz ist lang und mit drey Reihen Spitzen besetzet. Es giebet allerhand Sorten der Rochen, einige haben eine stachlichte Haut, über und über voller weisser Flecken und auf dem Rücken Figuren als wie Sterne: andere aber haben keine solchen Flecke, ohne auf dem Schwantze. Dieser Fisch hält sich bey den Strömen, in der See, an solchen Orten auf, wo es schlammig und morastig ist: er lebet von Fischen und vermehret sich häuffig. Zu Marseille, wird eine Rochenart gefangen, welche Raja clavata, frantzösisch, Raye bouclée, teutsch, Schildroche genennet wird. Dieselbige ist viel kleiner, viel zärter und schmackhafter als die andern Arten. Sie siehet schwärtzlicht aus. Der Rochen muß eingeweichet oder auch geklopfet werden, wann man ihn essen will: dann, wann er gar zu frisch ist, so ist er zähe als wie Leder und unverdaulich. Die Rochenzähne eröffnen, sind alkalinisch und gut die scharffen Feuchtigkeiten in dem Leibe zu dämpfen. Sie müssen auf einem Reibesteine gantz subtil gerieben und einen halben Scrupel bis auf zwey Scrupel schwer eingegeben werden. Raja kommt von radius, Strahl, weil dieser Fisch Sterne auf dem Rücken führet. Rallus. Rallus Italorum ist ein Wasservogel und Geschlecht der Bläslinge. Er ist so groß als ein Wasserhun, schwartz und an einigen Orten etwas weiß. Dieser Vogel findet sich in Italien und an vielen andern Orten mehr. Sein Fett zertheilet, erweichet und stillet die Schmertzen. Rana. Rana, frantzösisch, Grenouille oder Rayne, teutsch, Frosch, ist ein Insectum und Gewürm, daß sich im Wasser aufzuhalten pfleget, und überall bekannt gnug ist. Es kan so wol im Wasser, als wie auf dem Lande leben; dann, es hält sich bald im Wasser, bald auf dem Lande auf. Insgemein aber steckt es im Moraste, in den Quellen, bey den Flüssen, in den Gräben und in schlammigen Gewässer. Es lebet von Gras und Kräutern, von kleinen Thieren, z.E. von Fliegen und von todten Maulwürffen. Der Frosch kommt aus einem kleinen schwartzen Ey, welches in dem Froschleich zu ersehen. Dieses Ey wird grösser, nimmt zu und wird zu einem kleinen langen Wurme, der des halben kleinen Fingers dicke ist, der wird alsdenn lateinisch Gyrinus, frantzösisch, Nymphe oder Testar, teutsch, Kropfkeule, genennet. Sein Kopf ist groß und lang, er hat einen Schwantz, dessen Ende nahe an dem Kopfe sitzet, und immer schmäler wird, bis hinten aus, den beweget er im Wasser gantz behende, und wendet sich immerfort von einer Seite zu der andern. Seine Farbe ist braun und schwärtzlicht. Es ist ein rechter Fisch, der gar nicht ausserhalb des Wassers leben kan, als wie der Frosch. Wann dieses Thier grösser worden ist, so zerberstet der Rock oder die Haut, damit er bekleidet oder umhüllet war, alsdann erscheint der Frosch. Dabey ist dieses zu mercken, daß das Maul der Kropfkeule, so lange sie in dieser Gestalt verbleibet, dem Maule einer Schleihe viel ähnlicher siehet, als einem Froschmaule: deswegen auch der Frosch gleichsam eine Masqve ableget, wann er dieselbe Haut verläst. Die Hinterpfoten stecken in dem Schwantze der Kropfkeule, und geben sich eher hervor als die vordersten. Ausser dieser dicken Decke haben diese Pfoten gleichsam ein Paar Handschuhe, die leget die Kropfkeule gleicher Gestalt von sich, wann sie die Gestalt eines Frosches an sich nimmet. So daß eine sonderliche merckwürdige Veränderung vorgehet, wann die Kropfkeule sich in einen Frosch verwandelt, wiewol es würcklich nur ein einiger Wurm ist. Es giebet allerhand Arten Frösche, welche gegessen und zur Artzney gebrauchet werden. Man nimmt diejenigen, die recht vollkommen seyn, und grüne sehen. Sie führen viel phlegma und Oel, wenig flüchtig Saltz. Sie zertheilen und eröffnen. Ihr Samen wird auf lateinisch Sperma ranarum, seu Sperniola, frantzösisch, Frais de Granouille, teutsch, Fröschleich genennet. Er ist eine flüßige und gar sehr schleimige Materie, durchsichtig, weiß, sehr kalt, und voller kleiner schwartzer Eyer. Er wird zum kühlen gebraucht, die Feuchtigkeiten in dem Leibe dick zu machen, die Schmertzen und die Entzündung zu lindern: er wird äusserlich gebraucht und aufgeleget. Auch wird ein Wasser daraus abgezogen, das hat eben dergleichen Kraft. Rana ist ein Hebräisch Wort, und bedeutet so viel als schreyen: dahero ist dem Frosche dieser Titel worden, weil er gar ofters in dem Wasser zu schreyen pfleget.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

TextGrid: Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-02-19T20:05:58Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-02-19T20:05:58Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: dokumentiert; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: nein;

Abbildungen innerhalb des Textteils wurden nicht markiert. Die Stichwörter der einzelnen Einträge innerhalb des Textteils sind, abweichend von der Vorlage, nicht in Versalien gesetzt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/490
Zitationshilfe: Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/490>, abgerufen am 03.12.2024.