Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

[Beginn Spaltensatz] eine Zeitlang in warmen Kleyen liegen, damit sie reine werden.

Peuce, kommt von peukhe, pinus, eine Fichte.

Piper.

Piper, frantzösisch, Poivre, teutsch, Pfeffer, ist eine kleine Frucht, von der es allerley Sorten giebet. Allhier will ich von dem schwatzen Pfeffer, als dem gemeinsten, handeln, und hernach auch von den übrigen nach ihrer Ordnung.

Den schwartzen Pfeffer nennen einige auch Melanopiper, und ist die Frucht von einem kriechenden Gewächse, das Rancken, wie der Epheu treibet, die sich an die dabey stehenden Bäume hencken, oder an die Latten und Stäbe, die man dazu stellet, wann man es mit Fleiß bauen will. Seine Blätter sind groß, breit und adrig. Die Pfefferkörner wachsen ohne Stiel, gantz dichte an einem langen Stiele; und viele bey und auf einander, wie eine Traube. Im Anfang sind sie grün, werden aber schwartz, wann sie reiff sind. Wann sie gantz reiff sind worden, werden sie abgenommen und getreuget; sodann werden sie kleiner und runtzlicht, gleichwie wir sie zu sehen kriegen. Dieses Gewächse wächst in Indien, in Java, in Malacca, und in Sumatra. Die Einwohner machen einen Unterschied darzwischen und nennen die eine Sorte das Männlein und die andere das Weiblein: allein die Körner an beyden Arten sehen einander durchaus ähnlich.

Den schwartzen Pfeffer soll man nehmen, welcher fein völlig, rein, dichte und ziemlich schwer ist, und einen sehr scharffen Geschmack hat. Er führet viel flüchtiges und fixes Saltz, nicht eben gar viel Oel.

Er zertreibet, machet dünne, zertheilet und eröffnet. Er widerstehet den bösen Feuchtigkeiten, reitzet zum Beyschlaf, zertreibet die Winde, machet niesen. Wann einem das Zäpflein geschossen ist, wird er darauf gethan, so zertheilet er die Feuchtigkeit, welche solches verursachet, und stärcket die schlaffen Fibern.

Piper kommt von peperi und dieses von pepeiros, coctus, gekocht, dieweil der Pfeffer von der Sonnenhitze hart gekochet oder ausgedörret wird.

Melanopiper kommt von melan, nigrum, schwartz, und piper, Pfeffer, als ob es heissen solte, schwartzer Pfeffer.

Piper Album.

Piper album.

Leucopiper.

frantzösisch, Poivre blanc.

teutsch, weisser Pfeffer.

Ist eine kleine runde Frucht, ein wenig grösser als der schwartze Pfeffer, glatt und gleich, aschfarben oder weißlicht, schmeckt wie der schwartze Pfeffer, iedoch nicht also starck und scharff. Wegen [Spaltenumbruch] seines Ursprunges ist man annoch nicht einig. Die Alten haben geglaubet, daß er auf einer Staude wachsen solle, welche derjenigen gleich siehet, die den schwartzen Pfeffer trägt, und daß der Unterschied zwischen beyden nur in der Farbe ihrer Früchte bestünde, gleichwie wir sehen, daß die Weinstöcke nur darinne von einander unterschieden sind, daß einer rothe oder blaue, der andre weisse Beeren trägt.

Hingegen geben die meisten unter den heutigen Scribenten an, daß der weisse Pfeffer nichts anders sey als schwartzer Pfeffer, von dem die oberste Haut herab gezogen worden, nachdem er einige Zeitlang in Seewasser geweichet hat. Sie können dergestalt gar leicht erklären, warum der weisse Pfeffer viel dicket ist als der schwartze; dieweil er von dem Seewasser, darinn er geweichet hat, ist aufgelauffen: warum er nicht so runtzlicht ist, als wie der andere; weil die oberste Schale oder Haut, welche sich beym treugen runtzeln können, abgenommen ist; warum er weißgrau sieht; dieweil der schwartze Pfeffer eben eine solche Farbe hat, wann ihm die schwartze Schale abgezogen worden: warum er linder ist und nicht so beissend, wie der schwartze Pfeffer; dieweil er in dem Seewasser sein Saltz zum Theil verlohren hat.

In dieser Meinung bin ich selbst bestärcket worden, da ich bey den Materialisten in Pfeffer-Ballen nachgesucht und mehr dann einmahl weisse Pfefferkörner angetroffen, davon die oberste Schale nicht gäntzlich abgezogen worden, so daß das Theil, daran man sie etwan aus Versehen gelassen hatte, so schwartz und so runtzlicht war, als wie die Schale an dem schwartzen Pfeffer, der Rest hingegen war dem weissen Pfeffer gar sehr gleich. Dieser Umstand gab mir eine Probe, die mich überweisen muste, oder einen völligen Beweiß.

Dagegen verwirfft Pomet in seiner Beschreibung der Specereyen diese Meinung, und spricht, es habe die Seltsamkeit des weissen Pfeffers dazu Anlaß gegeben. Er versichert, daß es natürlichen weissen Pfeffer gäbe, beschreibet das Gewächse, das ihn trägt, und hat es auch in Kupfer stechen lassen. Es ist, meldet er, ein kriechendes Gewächse, das sich nicht selbsten aufrecht halten kan; deshalben pflantzen es die Einwohner unten an die Stämme der Areca- und Cocosbäume, oder auch an andere. Seine Blätter sehen eben also aus, wie unser Stachelbeerenlaub. Die Früchte sind die weissen Pfefferkörner, die als wie kleine Trauben bey einander stehen, sind rund, zu Anfang grün, bekommen aber eine graulichte Farbe, wann sie zeitig werden. Zum Beweiß, daß es natürlichen weissen Pfeffer giebet, führet er an, daß der Herr de Flacourt, Gouverneur auf der Insel Madagascar, in seinem Buche, mit ausdrücklichen Worten gesetzet hätte; Lale vitsit ist der wahrhaftige weisse Pfeffer, welcher auf einem kriechenden Gewächse wächst, dessen Stengel und Blätter gerade wie der Pfeffer riechen. Es giebet dessen eine solche Menge in diesem Lande, das ausser Kriegeszeiten, und wann sich die Frantzosen allhier veste gesetzet hätten, alle Jahre, mit der Zeit, man ein grosses Schiff damit belasten könte. Dann die Höltzer sind damit angefüllt, und die Turteltauben und wilden Tauben füttern sich damit. Im August, September und October wird er reiff.

[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] eine Zeitlang in warmen Kleyen liegen, damit sie reine werden.

Peuce, kommt von πέυχη, pinus, eine Fichte.

Piper.

Piper, frantzösisch, Poivre, teutsch, Pfeffer, ist eine kleine Frucht, von der es allerley Sorten giebet. Allhier will ich von dem schwatzen Pfeffer, als dem gemeinsten, handeln, und hernach auch von den übrigen nach ihrer Ordnung.

Den schwartzen Pfeffer nennen einige auch Melanopiper, und ist die Frucht von einem kriechenden Gewächse, das Rancken, wie der Epheu treibet, die sich an die dabey stehenden Bäume hencken, oder an die Latten und Stäbe, die man dazu stellet, wann man es mit Fleiß bauen will. Seine Blätter sind groß, breit und adrig. Die Pfefferkörner wachsen ohne Stiel, gantz dichte an einem langen Stiele; und viele bey und auf einander, wie eine Traube. Im Anfang sind sie grün, werden aber schwartz, wann sie reiff sind. Wann sie gantz reiff sind worden, werden sie abgenommen und getreuget; sodann werden sie kleiner und runtzlicht, gleichwie wir sie zu sehen kriegen. Dieses Gewächse wächst in Indien, in Java, in Malacca, und in Sumatra. Die Einwohner machen einen Unterschied darzwischen und nennen die eine Sorte das Mäñlein und die andere das Weiblein: allein die Körner an beyden Arten sehen einander durchaus ähnlich.

Den schwartzen Pfeffer soll man nehmen, welcher fein völlig, rein, dichte und ziemlich schwer ist, und einen sehr scharffen Geschmack hat. Er führet viel flüchtiges und fixes Saltz, nicht eben gar viel Oel.

Er zertreibet, machet dünne, zertheilet und eröffnet. Er widerstehet den bösen Feuchtigkeiten, reitzet zum Beyschlaf, zertreibet die Winde, machet niesen. Wann einem das Zäpflein geschossen ist, wird er darauf gethan, so zertheilet er die Feuchtigkeit, welche solches verursachet, und stärcket die schlaffen Fibern.

Piper kommt von πἐπερι und dieses von πέπειρος, coctus, gekocht, dieweil der Pfeffer von der Sonnenhitze hart gekochet oder ausgedörret wird.

Melanopiper kommt von μέλαν, nigrum, schwartz, und piper, Pfeffer, als ob es heissen solte, schwartzer Pfeffer.

Piper Album.

Piper album.

Leucopiper.

frantzösisch, Poivre blanc.

teutsch, weisser Pfeffer.

Ist eine kleine runde Frucht, ein wenig grösser als der schwartze Pfeffer, glatt und gleich, aschfarben oder weißlicht, schmeckt wie der schwartze Pfeffer, iedoch nicht also starck und scharff. Wegen [Spaltenumbruch] seines Ursprunges ist man annoch nicht einig. Die Alten haben geglaubet, daß er auf einer Staude wachsen solle, welche derjenigen gleich siehet, die den schwartzen Pfeffer trägt, und daß der Unterschied zwischen beyden nur in der Farbe ihrer Früchte bestünde, gleichwie wir sehen, daß die Weinstöcke nur darinne von einander unterschieden sind, daß einer rothe oder blaue, der andre weisse Beeren trägt.

Hingegen geben die meisten unter den heutigen Scribenten an, daß der weisse Pfeffer nichts anders sey als schwartzer Pfeffer, von dem die oberste Haut herab gezogen worden, nachdem er einige Zeitlang in Seewasser geweichet hat. Sie können dergestalt gar leicht erklären, warum der weisse Pfeffer viel dicket ist als der schwartze; dieweil er von dem Seewasser, darinn er geweichet hat, ist aufgelauffen: warum er nicht so runtzlicht ist, als wie der andere; weil die oberste Schale oder Haut, welche sich beym treugen runtzeln können, abgenommen ist; warum er weißgrau sieht; dieweil der schwartze Pfeffer eben eine solche Farbe hat, wann ihm die schwartze Schale abgezogen worden: warum er linder ist und nicht so beissend, wie der schwartze Pfeffer; dieweil er in dem Seewasser sein Saltz zum Theil verlohren hat.

In dieser Meinung bin ich selbst bestärcket worden, da ich bey den Materialisten in Pfeffer-Ballen nachgesucht und mehr dann einmahl weisse Pfefferkörner angetroffen, davon die oberste Schale nicht gäntzlich abgezogen worden, so daß das Theil, daran man sie etwan aus Versehen gelassen hatte, so schwartz und so runtzlicht war, als wie die Schale an dem schwartzen Pfeffer, der Rest hingegen war dem weissen Pfeffer gar sehr gleich. Dieser Umstand gab mir eine Probe, die mich überweisen muste, oder einen völligen Beweiß.

Dagegen verwirfft Pomet in seiner Beschreibung der Specereyen diese Meinung, und spricht, es habe die Seltsamkeit des weissen Pfeffers dazu Anlaß gegeben. Er versichert, daß es natürlichen weissen Pfeffer gäbe, beschreibet das Gewächse, das ihn trägt, und hat es auch in Kupfer stechen lassen. Es ist, meldet er, ein kriechendes Gewächse, das sich nicht selbsten aufrecht halten kan; deshalben pflantzen es die Einwohner unten an die Stämme der Areca- und Cocosbäume, oder auch an andere. Seine Blätter sehen eben also aus, wie unser Stachelbeerenlaub. Die Früchte sind die weissen Pfefferkörner, die als wie kleine Trauben bey einander stehen, sind rund, zu Anfang grün, bekommen aber eine graulichte Farbe, wann sie zeitig werden. Zum Beweiß, daß es natürlichen weissen Pfeffer giebet, führet er an, daß der Herr de Flacourt, Gouverneur auf der Insel Madagascar, in seinem Buche, mit ausdrücklichen Worten gesetzet hätte; Lalé vitsit ist der wahrhaftige weisse Pfeffer, welcher auf einem kriechenden Gewächse wächst, dessen Stengel und Blätter gerade wie der Pfeffer riechen. Es giebet dessen eine solche Menge in diesem Lande, das ausser Kriegeszeiten, und wann sich die Frantzosen allhier veste gesetzet hätten, alle Jahre, mit der Zeit, man ein grosses Schiff damit belasten könte. Dann die Höltzer sind damit angefüllt, und die Turteltauben und wilden Tauben füttern sich damit. Im August, September und October wird er reiff.

[Ende Spaltensatz]
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div type="lexiconEntry">
          <p><pb facs="#f0461"/><cb type="start"/>
eine Zeitlang in warmen Kleyen liegen, damit sie reine werden.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">Peuce,</hi> kommt von <hi rendition="#i">&#x03C0;&#x1F73;&#x03C5;&#x03C7;&#x03B7;, pinus,</hi> eine <hi rendition="#fr">Fichte.</hi></p>
        </div><lb/>
        <div type="lexiconEntry">
          <head>Piper.</head><lb/>
          <p><hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Piper</hi></hi>, frantzösisch, <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Poivre</hi></hi>, teutsch, <hi rendition="#fr">Pfeffer,</hi> ist eine kleine Frucht, von der es allerley Sorten giebet. Allhier will ich von dem schwatzen Pfeffer, als dem gemeinsten, handeln, und hernach auch von den übrigen nach ihrer Ordnung.</p><lb/>
          <p>Den schwartzen Pfeffer nennen einige auch <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Melanopiper</hi></hi>, und ist die Frucht von einem kriechenden Gewächse, das Rancken, wie der Epheu treibet, die sich an die dabey stehenden Bäume hencken, oder an die Latten und Stäbe, die man dazu stellet, wann man es mit Fleiß bauen will. Seine Blätter sind groß, breit und adrig. Die Pfefferkörner wachsen ohne Stiel, gantz dichte an einem langen Stiele; und viele bey und auf einander, wie eine Traube. Im Anfang sind sie grün, werden aber schwartz, wann sie reiff sind. Wann sie gantz reiff sind worden, werden sie abgenommen und getreuget; sodann werden sie kleiner und runtzlicht, gleichwie wir sie zu sehen kriegen. Dieses Gewächse wächst in <hi rendition="#fr">Indien,</hi> in <hi rendition="#fr">Java,</hi> in <hi rendition="#fr">Malacca,</hi> und in <hi rendition="#fr">Sumatra.</hi> Die Einwohner machen einen Unterschied darzwischen und nennen die eine Sorte das Mäñlein und die andere das Weiblein: allein die Körner an beyden Arten sehen einander durchaus ähnlich.</p><lb/>
          <p>Den schwartzen Pfeffer soll man nehmen, welcher fein völlig, rein, dichte und ziemlich schwer ist, und einen sehr scharffen Geschmack hat. Er führet viel flüchtiges und fixes Saltz, nicht eben gar viel Oel.</p><lb/>
          <p>Er zertreibet, machet dünne, zertheilet und eröffnet. Er widerstehet den bösen Feuchtigkeiten, reitzet zum Beyschlaf, zertreibet die Winde, machet niesen. Wann einem das Zäpflein geschossen ist, wird er darauf gethan, so zertheilet er die Feuchtigkeit, welche solches verursachet, und stärcket die schlaffen Fibern.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">Piper</hi> kommt von <hi rendition="#i">&#x03C0;&#x1F10;&#x03C0;&#x03B5;&#x03C1;&#x03B9;</hi> und dieses von <hi rendition="#i">&#x03C0;&#x1F73;&#x03C0;&#x03B5;&#x03B9;&#x03C1;&#x03BF;&#x03C2;, coctus,</hi> <hi rendition="#fr">gekocht,</hi> dieweil der Pfeffer von der Sonnenhitze hart gekochet oder ausgedörret wird.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">Melanopiper</hi> kommt von <hi rendition="#i">&#x03BC;&#x1F73;&#x03BB;&#x03B1;&#x03BD;, nigrum,</hi> <hi rendition="#fr">schwartz,</hi> und <hi rendition="#i">piper,</hi> <hi rendition="#fr">Pfeffer,</hi> als ob es heissen solte, schwartzer Pfeffer.</p>
        </div><lb/>
        <div type="lexiconEntry">
          <head>Piper Album.</head><lb/>
          <p> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#i">Piper album.</hi> </hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#i">Leucopiper.</hi> </hi> </p><lb/>
          <p>frantzösisch, <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Poivre blanc.</hi></hi></p><lb/>
          <p>teutsch, <hi rendition="#fr">weisser Pfeffer.</hi></p><lb/>
          <p>Ist eine kleine runde Frucht, ein wenig grösser als der schwartze Pfeffer, glatt und gleich, aschfarben oder weißlicht, schmeckt wie der schwartze Pfeffer, iedoch nicht also starck und scharff. Wegen <cb/>
seines Ursprunges ist man annoch nicht einig. Die Alten haben geglaubet, daß er auf einer Staude wachsen solle, welche derjenigen gleich siehet, die den schwartzen Pfeffer trägt, und daß der Unterschied zwischen beyden nur in der Farbe ihrer Früchte bestünde, gleichwie wir sehen, daß die Weinstöcke nur darinne von einander unterschieden sind, daß einer rothe oder blaue, der andre weisse Beeren trägt.</p><lb/>
          <p>Hingegen geben die meisten unter den heutigen Scribenten an, daß der weisse Pfeffer nichts anders sey als schwartzer Pfeffer, von dem die oberste Haut herab gezogen worden, nachdem er einige Zeitlang in Seewasser geweichet hat. Sie können dergestalt gar leicht erklären, warum der weisse Pfeffer viel dicket ist als der schwartze; dieweil er von dem Seewasser, darinn er geweichet hat, ist aufgelauffen: warum er nicht so runtzlicht ist, als wie der andere; weil die oberste Schale oder Haut, welche sich beym treugen runtzeln können, abgenommen ist; warum er weißgrau sieht; dieweil der schwartze Pfeffer eben eine solche Farbe hat, wann ihm die schwartze Schale abgezogen worden: warum er linder ist und nicht so beissend, wie der schwartze Pfeffer; dieweil er in dem Seewasser sein Saltz zum Theil verlohren hat.</p><lb/>
          <p>In dieser Meinung bin ich selbst bestärcket worden, da ich bey den Materialisten in Pfeffer-Ballen nachgesucht und mehr dann einmahl weisse Pfefferkörner angetroffen, davon die oberste Schale nicht gäntzlich abgezogen worden, so daß das Theil, daran man sie etwan aus Versehen gelassen hatte, so schwartz und so runtzlicht war, als wie die Schale an dem schwartzen Pfeffer, der Rest hingegen war dem weissen Pfeffer gar sehr gleich. Dieser Umstand gab mir eine Probe, die mich überweisen muste, oder einen völligen Beweiß.</p><lb/>
          <p>Dagegen verwirfft Pomet in seiner Beschreibung der Specereyen diese Meinung, und spricht, es habe die Seltsamkeit des weissen Pfeffers dazu Anlaß gegeben. Er versichert, daß es natürlichen weissen Pfeffer gäbe, beschreibet das Gewächse, das ihn trägt, und hat es auch in Kupfer stechen lassen. Es ist, meldet er, ein kriechendes Gewächse, das sich nicht selbsten aufrecht halten kan; deshalben pflantzen es die Einwohner unten an die Stämme der Areca- und Cocosbäume, oder auch an andere. Seine Blätter sehen eben also aus, wie unser Stachelbeerenlaub. Die Früchte sind die weissen Pfefferkörner, die als wie kleine Trauben bey einander stehen, sind rund, zu Anfang grün, bekommen aber eine graulichte Farbe, wann sie zeitig werden. Zum Beweiß, daß es natürlichen weissen Pfeffer giebet, führet er an, daß der Herr <hi rendition="#i">de Flacourt, Gouverneur</hi> auf der Insel Madagascar, in seinem Buche, mit ausdrücklichen Worten gesetzet hätte; <hi rendition="#i">Lalé vitsit</hi> ist der wahrhaftige weisse Pfeffer, welcher auf einem kriechenden Gewächse wächst, dessen Stengel und Blätter gerade wie der Pfeffer riechen. Es giebet dessen eine solche Menge in diesem Lande, das ausser Kriegeszeiten, und wann sich die Frantzosen allhier veste gesetzet hätten, alle Jahre, mit der Zeit, man ein grosses Schiff damit belasten könte. Dann die Höltzer sind damit angefüllt, und die Turteltauben und wilden Tauben füttern sich damit. Im August, September und October wird er reiff.</p>
          <cb type="end"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0461] eine Zeitlang in warmen Kleyen liegen, damit sie reine werden. Peuce, kommt von πέυχη, pinus, eine Fichte. Piper. Piper, frantzösisch, Poivre, teutsch, Pfeffer, ist eine kleine Frucht, von der es allerley Sorten giebet. Allhier will ich von dem schwatzen Pfeffer, als dem gemeinsten, handeln, und hernach auch von den übrigen nach ihrer Ordnung. Den schwartzen Pfeffer nennen einige auch Melanopiper, und ist die Frucht von einem kriechenden Gewächse, das Rancken, wie der Epheu treibet, die sich an die dabey stehenden Bäume hencken, oder an die Latten und Stäbe, die man dazu stellet, wann man es mit Fleiß bauen will. Seine Blätter sind groß, breit und adrig. Die Pfefferkörner wachsen ohne Stiel, gantz dichte an einem langen Stiele; und viele bey und auf einander, wie eine Traube. Im Anfang sind sie grün, werden aber schwartz, wann sie reiff sind. Wann sie gantz reiff sind worden, werden sie abgenommen und getreuget; sodann werden sie kleiner und runtzlicht, gleichwie wir sie zu sehen kriegen. Dieses Gewächse wächst in Indien, in Java, in Malacca, und in Sumatra. Die Einwohner machen einen Unterschied darzwischen und nennen die eine Sorte das Mäñlein und die andere das Weiblein: allein die Körner an beyden Arten sehen einander durchaus ähnlich. Den schwartzen Pfeffer soll man nehmen, welcher fein völlig, rein, dichte und ziemlich schwer ist, und einen sehr scharffen Geschmack hat. Er führet viel flüchtiges und fixes Saltz, nicht eben gar viel Oel. Er zertreibet, machet dünne, zertheilet und eröffnet. Er widerstehet den bösen Feuchtigkeiten, reitzet zum Beyschlaf, zertreibet die Winde, machet niesen. Wann einem das Zäpflein geschossen ist, wird er darauf gethan, so zertheilet er die Feuchtigkeit, welche solches verursachet, und stärcket die schlaffen Fibern. Piper kommt von πἐπερι und dieses von πέπειρος, coctus, gekocht, dieweil der Pfeffer von der Sonnenhitze hart gekochet oder ausgedörret wird. Melanopiper kommt von μέλαν, nigrum, schwartz, und piper, Pfeffer, als ob es heissen solte, schwartzer Pfeffer. Piper Album. Piper album. Leucopiper. frantzösisch, Poivre blanc. teutsch, weisser Pfeffer. Ist eine kleine runde Frucht, ein wenig grösser als der schwartze Pfeffer, glatt und gleich, aschfarben oder weißlicht, schmeckt wie der schwartze Pfeffer, iedoch nicht also starck und scharff. Wegen seines Ursprunges ist man annoch nicht einig. Die Alten haben geglaubet, daß er auf einer Staude wachsen solle, welche derjenigen gleich siehet, die den schwartzen Pfeffer trägt, und daß der Unterschied zwischen beyden nur in der Farbe ihrer Früchte bestünde, gleichwie wir sehen, daß die Weinstöcke nur darinne von einander unterschieden sind, daß einer rothe oder blaue, der andre weisse Beeren trägt. Hingegen geben die meisten unter den heutigen Scribenten an, daß der weisse Pfeffer nichts anders sey als schwartzer Pfeffer, von dem die oberste Haut herab gezogen worden, nachdem er einige Zeitlang in Seewasser geweichet hat. Sie können dergestalt gar leicht erklären, warum der weisse Pfeffer viel dicket ist als der schwartze; dieweil er von dem Seewasser, darinn er geweichet hat, ist aufgelauffen: warum er nicht so runtzlicht ist, als wie der andere; weil die oberste Schale oder Haut, welche sich beym treugen runtzeln können, abgenommen ist; warum er weißgrau sieht; dieweil der schwartze Pfeffer eben eine solche Farbe hat, wann ihm die schwartze Schale abgezogen worden: warum er linder ist und nicht so beissend, wie der schwartze Pfeffer; dieweil er in dem Seewasser sein Saltz zum Theil verlohren hat. In dieser Meinung bin ich selbst bestärcket worden, da ich bey den Materialisten in Pfeffer-Ballen nachgesucht und mehr dann einmahl weisse Pfefferkörner angetroffen, davon die oberste Schale nicht gäntzlich abgezogen worden, so daß das Theil, daran man sie etwan aus Versehen gelassen hatte, so schwartz und so runtzlicht war, als wie die Schale an dem schwartzen Pfeffer, der Rest hingegen war dem weissen Pfeffer gar sehr gleich. Dieser Umstand gab mir eine Probe, die mich überweisen muste, oder einen völligen Beweiß. Dagegen verwirfft Pomet in seiner Beschreibung der Specereyen diese Meinung, und spricht, es habe die Seltsamkeit des weissen Pfeffers dazu Anlaß gegeben. Er versichert, daß es natürlichen weissen Pfeffer gäbe, beschreibet das Gewächse, das ihn trägt, und hat es auch in Kupfer stechen lassen. Es ist, meldet er, ein kriechendes Gewächse, das sich nicht selbsten aufrecht halten kan; deshalben pflantzen es die Einwohner unten an die Stämme der Areca- und Cocosbäume, oder auch an andere. Seine Blätter sehen eben also aus, wie unser Stachelbeerenlaub. Die Früchte sind die weissen Pfefferkörner, die als wie kleine Trauben bey einander stehen, sind rund, zu Anfang grün, bekommen aber eine graulichte Farbe, wann sie zeitig werden. Zum Beweiß, daß es natürlichen weissen Pfeffer giebet, führet er an, daß der Herr de Flacourt, Gouverneur auf der Insel Madagascar, in seinem Buche, mit ausdrücklichen Worten gesetzet hätte; Lalé vitsit ist der wahrhaftige weisse Pfeffer, welcher auf einem kriechenden Gewächse wächst, dessen Stengel und Blätter gerade wie der Pfeffer riechen. Es giebet dessen eine solche Menge in diesem Lande, das ausser Kriegeszeiten, und wann sich die Frantzosen allhier veste gesetzet hätten, alle Jahre, mit der Zeit, man ein grosses Schiff damit belasten könte. Dann die Höltzer sind damit angefüllt, und die Turteltauben und wilden Tauben füttern sich damit. Im August, September und October wird er reiff.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

TextGrid: Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-02-19T20:05:58Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-02-19T20:05:58Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: dokumentiert; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: nein;

Abbildungen innerhalb des Textteils wurden nicht markiert. Die Stichwörter der einzelnen Einträge innerhalb des Textteils sind, abweichend von der Vorlage, nicht in Versalien gesetzt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/461
Zitationshilfe: Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/461>, abgerufen am 21.11.2024.