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Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721.

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[Beginn Spaltensatz] Grube ein und anders sich mit ihm vermischet haben, das man durchs Gemsenfell dannoch nicht davon bringen können: oder, es kan auch Bley oder dieses und jenes Mineral und Metall darunter seyn gemenget worden, welches Betrüger und Verfälscher drein gebracht; dahero ists von nöhen, daß man ihn reinige, bevor er soll gebrauchet werden.

Der Alten ihre Art und Weise den Mercurius zu reinigen, und demselben, wie sie zu reden pflegten, seine Kälte im vierten Grade zu benehmen, war diese: sie vermischten ihn in einem Marmel- oder andern steinernen Mörsel mit Saltze und zerstossener Salbey, trieben dieses Gemenge mit einer höltzernen Mörselkeule, eine gantze Stunde lang, darinn herum, hernach druckten sie den Mercurius durch ein Leder: auf diese Weise machten sie ihn schön und hell: doch kunten sie mehr nicht, als nur den wenigen Schmutz, der äusserlich dran klebt, und wenig zu bedeuten hat, davon herunter bringen, welchen das Quecksilber, indem es stets beweget wird, von denen ledernen und irdenen Geschirren an sich nimmt, wann es darinne wird verführet und verwahret. Die angegebene Kälte des Mercurius, die ward durch diese Zubereitung im geringsten nicht geändert, vielmehr blieb das Metall also, wie es zuvorher war gewesen.

Das sicherste Mittel, den Mercurius so rein, als immer möglich, zu bekommen, ist wol, wann er von dem Zinnober auf folgende Manier gesondert wird.

Vermischet gleiche Theile zerstossenen Zinnobers und Eisenfeilig mit einander: füllet damit eine Retorte auf die Helffte an, oder auch bis auf zwey Drittheil: leget dieselbige in einen Neverberirofen, und einen mit Wasser angefülleten Recipienten, unverlutiret vor: treibet das Feuer unter der Retorte Gradweise, bis zum vierten Grad: so werdet ihr vernehmen, daß das Quecksilber in den Recipienten tröpfeln, und zu Boden fallen wird. Haltet mit dem treiben an, bis daß nichts mehr destilliret, so werdet ihr dreyzehen Untzen lauffendes Mercurius aus einem Pfund Zinnobers überkommen: den könnet ihr waschen, mit einem Tuche trocknen, und durch ein Leder drücken lassen. Dann kan man sicher seyn, daß dieser Mercurius recht reine sey: und ob sich schon solte in der Grube etwas von einem Mineral oder Metall mit dem Quecksilber vermischet haben, aus welchem der Zinnober ist bereitet worden, so wird dasselbige doch auf dem Boden der Retorte und zurücke bleiben, auch sich nicht mit dem Mercurius und Schwefel in die Höhe treiben lassen. Solte auch, nach der Sublimation, etwas nicht drein gehöriges unter den Zinnober gerathen seyn, so wird es doch bey der revivification oder destillation, davon ich alleweile gehandelt habe, sich davon sondern; es mag auch solche Unreinigkeit, wie sie nur immer wolle, beschaffen gewesen seyn. Der Recipiente muß mit Wasser angefüllet seyn, damit sich der Mercurius, der unter der Gestalt eines Dampfes, oder eines Nebels aus der Retorte übergehet, erfrischen und abkühlen, und dergestalt zusammen lauffen und zertheilet werden möge. Doch darff die Fuge des Recipienten nicht verstrichen oder verlutiret werden, weil bey der Destillation sich allezeit viel Schwefel vom Zinnober mit erhebet; der würde sonst sich mit dem Mercurius vereinigen, wann er keinen Ausgang finden solte, und würde daraus ein grauer Klumpen oder Kuchen [Spaltenumbruch] werden, den man nothwendig noch zum andern mahle übertreiben müste.

Bey dieser Gelegenheit verrichtet das Eisen, was das alkali zu thun pfleget: es sondert die sauern Theilgen des Schwefels ab, welche den Mercurius in dem Zinnober geschlossen und gebunden hielten; und dieser dergestalt seiner Bande entledigte Mercurius ist sodann in dem Stand, daß er vom Feuer dünne gemachet und getrieben werden kan. Der Kalch verrichtet zwar wol eben, was das Eisen thut, doch muß man seiner wol noch dreymahl mehr zu diesem Wercke nehmen.

Daß der Mercurius so flüßig ist, dasselbe kommt daher, daß seine unempfindlichen Theilgen, daraus er von Natur zusammen ist gesetzet, gantz rund und sphärisch sind: dieweil sie nun um dessent willen nicht vermögen, sich an und in einander zu hängen, deshalben rollen sie beständig sott. Eben aus dieser Ursache läst sich gantz wol erklären, warum dieses Metall, ungeachtet es so sehr schwer ist, sich dannoch so behende durch das Feuer flüchtig machen lässet. Es sind nemlich seine runden Theilgen immerzu zertheilet, und von einander abgesondert, und gantz und gar nicht mit einander scharff verbunden, deshalben sind sie auch absonderlich sehr leicht, und mögen leichtlich von dem Feuer aufgetrieben und hinweggeführet werden. Daß ein Metall gantz dicht und veste ist, entstehet daheraus, daß dessen unvermerckliche Particulgen, so auf allerhand Art und Weise figuriret, sich an einander hängen, sich mit einander verbinden und aufs genaueste vereinigen; daher das Feuer auch die Macht nicht haben kan, sie von einander abzusondern und hinweg zu führen.

Das Quecksilber ist ein gut remedium und Mittel für das miserere. Man läst ein Pfund desselbigen einschlucken; ja auch wol noch viel mehr, damit durch seine Schwere, es die Fiebern der Gedärme, wann es durch sie hingeht, ausdehnen möge, dieweil sie sich bey dieser Kranckheit zu sehr eingezogen haben. Es wird durch den Stuhl wieder weggegeben, so wie es eingenommen worden.

Der rohe Mercurius wird zu Tödtung der Würmer in dem Leibe gebraucht. Er wird in Wasser starck gesotten, und dieses alsdann eingegeben: es nimmt vom Mercurius ein gar sehr wenigs an, wie lange man es auch gleich sieden lassen. Dann dieses Metall behält sein voriges Gewichte, und das Wasser bekommt keine andere Farbe, keinen andern Geschmack, und keinen andern Geruch, als wie gemeines abgesottenes Wasser: nichts desto minder thut es doch das seine unvergleichlich wol. Dabey ist wol zu mercken, daß das Gefässe, darinne des Mercurius mit Wasser soll gesotten werden, entweder irden, oder gläsern müsse seyn, durchaus nicht Metall; dann durch dasselbe würde es gar balde tringen. Das Quecksilber tödtet die Flöhe, die Läuse, und ander kleines Ungeziefer an dem Leibe. Den Kindern wird es an den Hals gehangen, und zuvorher in einen Federkiel verschlossen, das soll sie vor der bösen Luft, verwahren. Es heilet die Krätze, die Schwinden, und die Flechten, ingleichen die venerischen Kranckheiten. Die Drüsen und andere Geschwulst zertheilet und vertreibet es. Es hebet die Verstopfungen, wann es innerlich und äusserlich gebrauchet wird. Es wird zu vielen Salben und Pflastern [Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] Grube ein und anders sich mit ihm vermischet haben, das man durchs Gemsenfell dannoch nicht davon bringen können: oder, es kan auch Bley oder dieses und jenes Mineral und Metall darunter seyn gemenget worden, welches Betrüger und Verfälscher drein gebracht; dahero ists von nöhen, daß man ihn reinige, bevor er soll gebrauchet werden.

Der Alten ihre Art und Weise den Mercurius zu reinigen, und demselben, wie sie zu reden pflegten, seine Kälte im vierten Grade zu benehmen, war diese: sie vermischten ihn in einem Marmel- oder andern steinernen Mörsel mit Saltze und zerstossener Salbey, trieben dieses Gemenge mit einer höltzernen Mörselkeule, eine gantze Stunde lang, darinn herum, hernach druckten sie den Mercurius durch ein Leder: auf diese Weise machten sie ihn schön und hell: doch kunten sie mehr nicht, als nur den wenigen Schmutz, der äusserlich dran klebt, und wenig zu bedeuten hat, davon herunter bringen, welchen das Quecksilber, indem es stets beweget wird, von denen ledernen und irdenen Geschirren an sich nimmt, wann es darinne wird verführet und verwahret. Die angegebene Kälte des Mercurius, die ward durch diese Zubereitung im geringsten nicht geändert, vielmehr blieb das Metall also, wie es zuvorher war gewesen.

Das sicherste Mittel, den Mercurius so rein, als immer möglich, zu bekommen, ist wol, wann er von dem Zinnober auf folgende Manier gesondert wird.

Vermischet gleiche Theile zerstossenen Zinnobers und Eisenfeilig mit einander: füllet damit eine Retorte auf die Helffte an, oder auch bis auf zwey Drittheil: leget dieselbige in einen Neverberirofen, und einen mit Wasser angefülleten Recipienten, unverlutiret vor: treibet das Feuer unter der Retorte Gradweise, bis zum vierten Grad: so werdet ihr vernehmen, daß das Quecksilber in den Recipienten tröpfeln, und zu Boden fallen wird. Haltet mit dem treiben an, bis daß nichts mehr destilliret, so werdet ihr dreyzehen Untzen lauffendes Mercurius aus einem Pfund Zinnobers überkommen: den könnet ihr waschen, mit einem Tuche trocknen, und durch ein Leder drücken lassen. Dann kan man sicher seyn, daß dieser Mercurius recht reine sey: und ob sich schon solte in der Grube etwas von einem Mineral oder Metall mit dem Quecksilber vermischet haben, aus welchem der Zinnober ist bereitet worden, so wird dasselbige doch auf dem Boden der Retorte und zurücke bleiben, auch sich nicht mit dem Mercurius und Schwefel in die Höhe treiben lassen. Solte auch, nach der Sublimation, etwas nicht drein gehöriges unter den Zinnober gerathen seyn, so wird es doch bey der revivification oder destillation, davon ich alleweile gehandelt habe, sich davon sondern; es mag auch solche Unreinigkeit, wie sie nur immer wolle, beschaffen gewesen seyn. Der Recipiente muß mit Wasser angefüllet seyn, damit sich der Mercurius, der unter der Gestalt eines Dampfes, oder eines Nebels aus der Retorte übergehet, erfrischen und abkühlen, und dergestalt zusammen lauffen und zertheilet werden möge. Doch darff die Fuge des Recipienten nicht verstrichen oder verlutiret werden, weil bey der Destillation sich allezeit viel Schwefel vom Zinnober mit erhebet; der würde sonst sich mit dem Mercurius vereinigen, wann er keinen Ausgang finden solte, und würde daraus ein grauer Klumpen oder Kuchen [Spaltenumbruch] werden, den man nothwendig noch zum andern mahle übertreiben müste.

Bey dieser Gelegenheit verrichtet das Eisen, was das alkali zu thun pfleget: es sondert die sauern Theilgen des Schwefels ab, welche den Mercurius in dem Zinnober geschlossen und gebunden hielten; und dieser dergestalt seiner Bande entledigte Mercurius ist sodann in dem Stand, daß er vom Feuer dünne gemachet und getrieben werden kan. Der Kalch verrichtet zwar wol eben, was das Eisen thut, doch muß man seiner wol noch dreymahl mehr zu diesem Wercke nehmen.

Daß der Mercurius so flüßig ist, dasselbe kommt daher, daß seine unempfindlichen Theilgen, daraus er von Natur zusammen ist gesetzet, gantz rund und sphärisch sind: dieweil sie nun um dessent willen nicht vermögen, sich an und in einander zu hängen, deshalben rollen sie beständig sott. Eben aus dieser Ursache läst sich gantz wol erklären, warum dieses Metall, ungeachtet es so sehr schwer ist, sich dannoch so behende durch das Feuer flüchtig machen lässet. Es sind nemlich seine runden Theilgen immerzu zertheilet, und von einander abgesondert, und gantz und gar nicht mit einander scharff verbunden, deshalben sind sie auch absonderlich sehr leicht, und mögen leichtlich von dem Feuer aufgetrieben und hinweggeführet werden. Daß ein Metall gantz dicht und veste ist, entstehet daheraus, daß dessen unvermerckliche Particulgen, so auf allerhand Art und Weise figuriret, sich an einander hängen, sich mit einander verbinden und aufs genaueste vereinigen; daher das Feuer auch die Macht nicht haben kan, sie von einander abzusondern und hinweg zu führen.

Das Quecksilber ist ein gut remedium und Mittel für das miserere. Man läst ein Pfund desselbigen einschlucken; ja auch wol noch viel mehr, damit durch seine Schwere, es die Fiebern der Gedärme, wann es durch sie hingeht, ausdehnen möge, dieweil sie sich bey dieser Kranckheit zu sehr eingezogen haben. Es wird durch den Stuhl wieder weggegeben, so wie es eingenommen worden.

Der rohe Mercurius wird zu Tödtung der Würmer in dem Leibe gebraucht. Er wird in Wasser starck gesotten, und dieses alsdann eingegeben: es nimmt vom Mercurius ein gar sehr wenigs an, wie lange man es auch gleich sieden lassen. Dann dieses Metall behält sein voriges Gewichte, und das Wasser bekommt keine andere Farbe, keinen andern Geschmack, und keinen andern Geruch, als wie gemeines abgesottenes Wasser: nichts desto minder thut es doch das seine unvergleichlich wol. Dabey ist wol zu mercken, daß das Gefässe, darinne des Mercurius mit Wasser soll gesotten werden, entweder irden, oder gläsern müsse seyn, durchaus nicht Metall; dann durch dasselbe würde es gar balde tringen. Das Quecksilber tödtet die Flöhe, die Läuse, und ander kleines Ungeziefer an dem Leibe. Den Kindern wird es an den Hals gehangen, und zuvorher in einen Federkiel verschlossen, das soll sie vor der bösen Luft, verwahren. Es heilet die Krätze, die Schwinden, und die Flechten, ingleichen die venerischen Kranckheiten. Die Drüsen und andere Geschwulst zertheilet und vertreibet es. Es hebet die Verstopfungen, wann es innerlich und äusserlich gebrauchet wird. Es wird zu vielen Salben und Pflastern [Ende Spaltensatz]

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[0297] Grube ein und anders sich mit ihm vermischet haben, das man durchs Gemsenfell dannoch nicht davon bringen können: oder, es kan auch Bley oder dieses und jenes Mineral und Metall darunter seyn gemenget worden, welches Betrüger und Verfälscher drein gebracht; dahero ists von nöhen, daß man ihn reinige, bevor er soll gebrauchet werden. Der Alten ihre Art und Weise den Mercurius zu reinigen, und demselben, wie sie zu reden pflegten, seine Kälte im vierten Grade zu benehmen, war diese: sie vermischten ihn in einem Marmel- oder andern steinernen Mörsel mit Saltze und zerstossener Salbey, trieben dieses Gemenge mit einer höltzernen Mörselkeule, eine gantze Stunde lang, darinn herum, hernach druckten sie den Mercurius durch ein Leder: auf diese Weise machten sie ihn schön und hell: doch kunten sie mehr nicht, als nur den wenigen Schmutz, der äusserlich dran klebt, und wenig zu bedeuten hat, davon herunter bringen, welchen das Quecksilber, indem es stets beweget wird, von denen ledernen und irdenen Geschirren an sich nimmt, wann es darinne wird verführet und verwahret. Die angegebene Kälte des Mercurius, die ward durch diese Zubereitung im geringsten nicht geändert, vielmehr blieb das Metall also, wie es zuvorher war gewesen. Das sicherste Mittel, den Mercurius so rein, als immer möglich, zu bekommen, ist wol, wann er von dem Zinnober auf folgende Manier gesondert wird. Vermischet gleiche Theile zerstossenen Zinnobers und Eisenfeilig mit einander: füllet damit eine Retorte auf die Helffte an, oder auch bis auf zwey Drittheil: leget dieselbige in einen Neverberirofen, und einen mit Wasser angefülleten Recipienten, unverlutiret vor: treibet das Feuer unter der Retorte Gradweise, bis zum vierten Grad: so werdet ihr vernehmen, daß das Quecksilber in den Recipienten tröpfeln, und zu Boden fallen wird. Haltet mit dem treiben an, bis daß nichts mehr destilliret, so werdet ihr dreyzehen Untzen lauffendes Mercurius aus einem Pfund Zinnobers überkommen: den könnet ihr waschen, mit einem Tuche trocknen, und durch ein Leder drücken lassen. Dann kan man sicher seyn, daß dieser Mercurius recht reine sey: und ob sich schon solte in der Grube etwas von einem Mineral oder Metall mit dem Quecksilber vermischet haben, aus welchem der Zinnober ist bereitet worden, so wird dasselbige doch auf dem Boden der Retorte und zurücke bleiben, auch sich nicht mit dem Mercurius und Schwefel in die Höhe treiben lassen. Solte auch, nach der Sublimation, etwas nicht drein gehöriges unter den Zinnober gerathen seyn, so wird es doch bey der revivification oder destillation, davon ich alleweile gehandelt habe, sich davon sondern; es mag auch solche Unreinigkeit, wie sie nur immer wolle, beschaffen gewesen seyn. Der Recipiente muß mit Wasser angefüllet seyn, damit sich der Mercurius, der unter der Gestalt eines Dampfes, oder eines Nebels aus der Retorte übergehet, erfrischen und abkühlen, und dergestalt zusammen lauffen und zertheilet werden möge. Doch darff die Fuge des Recipienten nicht verstrichen oder verlutiret werden, weil bey der Destillation sich allezeit viel Schwefel vom Zinnober mit erhebet; der würde sonst sich mit dem Mercurius vereinigen, wann er keinen Ausgang finden solte, und würde daraus ein grauer Klumpen oder Kuchen werden, den man nothwendig noch zum andern mahle übertreiben müste. Bey dieser Gelegenheit verrichtet das Eisen, was das alkali zu thun pfleget: es sondert die sauern Theilgen des Schwefels ab, welche den Mercurius in dem Zinnober geschlossen und gebunden hielten; und dieser dergestalt seiner Bande entledigte Mercurius ist sodann in dem Stand, daß er vom Feuer dünne gemachet und getrieben werden kan. Der Kalch verrichtet zwar wol eben, was das Eisen thut, doch muß man seiner wol noch dreymahl mehr zu diesem Wercke nehmen. Daß der Mercurius so flüßig ist, dasselbe kommt daher, daß seine unempfindlichen Theilgen, daraus er von Natur zusammen ist gesetzet, gantz rund und sphärisch sind: dieweil sie nun um dessent willen nicht vermögen, sich an und in einander zu hängen, deshalben rollen sie beständig sott. Eben aus dieser Ursache läst sich gantz wol erklären, warum dieses Metall, ungeachtet es so sehr schwer ist, sich dannoch so behende durch das Feuer flüchtig machen lässet. Es sind nemlich seine runden Theilgen immerzu zertheilet, und von einander abgesondert, und gantz und gar nicht mit einander scharff verbunden, deshalben sind sie auch absonderlich sehr leicht, und mögen leichtlich von dem Feuer aufgetrieben und hinweggeführet werden. Daß ein Metall gantz dicht und veste ist, entstehet daheraus, daß dessen unvermerckliche Particulgen, so auf allerhand Art und Weise figuriret, sich an einander hängen, sich mit einander verbinden und aufs genaueste vereinigen; daher das Feuer auch die Macht nicht haben kan, sie von einander abzusondern und hinweg zu führen. Das Quecksilber ist ein gut remedium und Mittel für das miserere. Man läst ein Pfund desselbigen einschlucken; ja auch wol noch viel mehr, damit durch seine Schwere, es die Fiebern der Gedärme, wann es durch sie hingeht, ausdehnen möge, dieweil sie sich bey dieser Kranckheit zu sehr eingezogen haben. Es wird durch den Stuhl wieder weggegeben, so wie es eingenommen worden. Der rohe Mercurius wird zu Tödtung der Würmer in dem Leibe gebraucht. Er wird in Wasser starck gesotten, und dieses alsdann eingegeben: es nimmt vom Mercurius ein gar sehr wenigs an, wie lange man es auch gleich sieden lassen. Dann dieses Metall behält sein voriges Gewichte, und das Wasser bekommt keine andere Farbe, keinen andern Geschmack, und keinen andern Geruch, als wie gemeines abgesottenes Wasser: nichts desto minder thut es doch das seine unvergleichlich wol. Dabey ist wol zu mercken, daß das Gefässe, darinne des Mercurius mit Wasser soll gesotten werden, entweder irden, oder gläsern müsse seyn, durchaus nicht Metall; dann durch dasselbe würde es gar balde tringen. Das Quecksilber tödtet die Flöhe, die Läuse, und ander kleines Ungeziefer an dem Leibe. Den Kindern wird es an den Hals gehangen, und zuvorher in einen Federkiel verschlossen, das soll sie vor der bösen Luft, verwahren. Es heilet die Krätze, die Schwinden, und die Flechten, ingleichen die venerischen Kranckheiten. Die Drüsen und andere Geschwulst zertheilet und vertreibet es. Es hebet die Verstopfungen, wann es innerlich und äusserlich gebrauchet wird. Es wird zu vielen Salben und Pflastern

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Zitationshilfe: Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/297>, abgerufen am 14.08.2024.