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Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721.

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[Beginn Spaltensatz] Blüten stehen beysammen in Gestalt der Aehren, sind klein, und bestehen iedwede insgemein aus zwey purperhaften oder licht violbraunen, zuweilen auch gantz weissen Blätterlein. Wann die Blüte vergangen, so erscheinet eine häutige Hülse, die ist gantz oder ovalrund, und beschliesset ein oder zwey dünne, runde Samenkörnlein. Das gantze Gewächse ist von Geschmacke etwas bitter und unangenehm. Die Wurtzel ist nicht eben gar zu dicke, weiß und mit einigen Zasern besetzet. Es wächset auf dem Felde, in den Weinbergen, und in den Gärten: führet viel Sal essentiale, Oel und phlegma.

Es reiniget das Geblüte, treibt den Urin: wird zu der Miltzbeschwerung, zum Scharbock und der Krätze wol gebraucht.

Fumaria kommt von fumus, Rauch: dieweil der Saft, wann man ihn in die Augen thut, dieselben thränend macht, als wie der Rauch.

Fungus.

Fungus, frantzösisch, Champignon und Potiron, teutsch, Biltz, Schwamm, Erdschwamm, Pfifferling ist eine Art Gewächse ohne Blätter, ohne Blüten und ohne mercklichen Samen. Es treibet einen kurtz und dicken, schwammigen Stiel, und oben auf demselben steht ein dicker, fleischiger und schwammiger Kopf oder Hut, der ist rundlicht oder platt, oder zugespitzt und blätterig, unten bisweilen mit einem Hauffen Röhrlein besetzet, die wie die Pfeiffen an einer Orgel aussehen.

Es giebet mancherley Arten Schwämme: sie wachsen in gar weniger Zeit auf der Erde, auf dem Miste, an den Bäumen und Sträuchern, auch in den Wiesen. Sie werden durch ihre Beschaffenheit, und woraus sie entstanden, unterschieden. Durchgehends aber führen sie viel Oel, flüchtiges und fixes Saltz bey sich.

Obgleich die Schwämme sehr viel zur Speise gebrauchet werden, so hat man doch gar oft erfahren müssen, daß sie nicht wenig Unglück angerichtet. Dann, etlichen haben sie sehr schwere Kranckheiten über den Hals gezogen, andere sind wol gar dem Tode zugeschicket worden: dahero dann genau will drauf gesehen seyn, wann man die schädlichen soll von den guten unterscheiden. Die guten und die ohne Schaden mögen gebrauchet werden, sind die, welche in einer Nacht auf den Mistbeeten aufzuschiessen pflegen, und sollen von mittelmäßiger Grösse seyn, etwa wie eine Kastanie, fleischig und fein völlig, obenher weiß, unten röthlicht, fein veste, die dannoch leichtlich brechen, innewendig voll Marck, und lieblich von Geschmack und Geruch.

Sie nähren wol, sie stärcken und geben gute Kraft, machen Appetit und Lust zum essen, machen einen auch munter und frölich.

Die Pariser Gärtner haben ein Mittel ersonnen, daß sie das gantze Jahr hindurch die Biltze wachsen machen können, die sie sodann des Morgens abzunehmen pflegen. Wer aber absonderlich will unterrichtet seyn, welchergestalt mit ihrer Wartung umzugehen, auch wie sie etwan wachsen, der mag nachsehen, was der Herr Tournefort dabey in Acht genommen, und in der Historie der königlichen Academie der Wissenschaften im Jahr 1707. pag. 72. nach der Amsterdamischen Edition, davon hat mitgetheilet.

[Spaltenumbruch]

Die bösen, und schädlichen Biltze sind, welche, weil sie zu lange gestanden haben, schwärtzlicht, blau oder roth sind worden. In diesen sind die saltzigen Theillen gar zu sehre exaltiret und geschärffet, dahero sie im Magen gantz corrosivisch, etzend und zerfressend werden, wann die Verdauung soll geschehen: zu gleicher Zeit schwellen sie auf, und ist, als ob der Patiente dran ersticken solte. Das beste und geschwindeste Mittel, das bey dieser Gelegenheit gebrauchet werden kan, ist dieses, man gebe dem Patienten ein emeticum und brechenmachend Mittel, sofort als man nur etwas übels mercket, damit der Magen, so viel immer möglich, sich von diesen ungefunden Schwämmen möge entledigen, und daß man nachgehends ihrer schädlichen Wirckung mit salibus alkalinis, auch andern absorbirenden und lindernden Mitteln desto besser entgegen gehen könne. Bey solcher Gelegenheit bediene ich mich eines Spiritus volatilis oleosi aromatici.

Die Keimen der Biltze und kleine weisse Fasen, deren oberste Enden auflauffen, und sich wie Biltze aus einander breiten. Der ältere Herr Marchand ist der erste gewesen, welcher diese ihre erste Bildung in verfaulten Pferdeäpfeln, der königlichen Academie der Wissenschaften, im Jahr 1678, hat gewiesen.

Es werden auch auf den Felsen und Klippen Biltze, die zu Steine worden, gefunden, und Champignons de mer, Seebiltze, Seeschwämme, genannt.

Von den Biltzen habe ich etwas gantz ausserordentliches gesehen. Ein junges Kind in Paris, welches an der Rhachitide darnieder lag, hatte gantz krumme Schenckel: demselbigen wurden Schienen angeleget, ob sie dadurch zurechte gebracht möchten werden. Allein, der Chirurgus, welcher es verband, wurde nicht wenig entstellet, wie er unter dem Verbande eine ziemliche Anzahl Schwämme fande, die so dicke waren als ein Finger: dieselben nahme er hinweg, legte die Schienen, nebst dem Bande wiederum, und kam nach vier und zwantzig Stunden abermahls es zu verbinden; siehe, da fande er auf eben derselbigen Stelle andre Biltze: er fuhre alle Tage zu verbinden fort, und nahm auch viele Tage nach einander Schwämme weg. Welche ungemeine Erzielung dieser Biltze, an einem solchen Orte, da sichs wol niemand nicht vermuthen dürften, Gelegenheit zu vielen disputiren unter den Naturkündigern gegeben. Man legte uns auch den Zufall, bey dem Herren Abte Bourdelot, bey dem die physicalischen Unterredungen damahls gehalten wurden, vor: nachdem wir nun der Wahrheit durchs Gesichte und Gefühle überzeuget wurden, stunden wir dessen wahrhaftige Ursache. Es waren nemlich die Schienen, welche sie dem Kinde umgeleget hatten, von apfelbäumenen Holtze gemacht, an dem die Biltze gern und leicht zu wachsen pflegen, und musten allein Vermuthen nach, einige Samen von Biltzen andernselbigen sich befunden haben. Dann, ob schon gantz kein Samen an dieser Art der Gewächse zu verspüren ist, dannoch darff man deswegen gar nicht schliessen, als wann gantz keiner dran vorhanden wäre. Der Biltze Samen ist dermassen zart und so subtil, daß man ihn nimmermehr wahrnehmen wird. Es kunte drum leichte seyn, daß die Wärme des Kindes, [Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] Blüten stehen beysammen in Gestalt der Aehren, sind klein, und bestehen iedwede insgemein aus zwey purperhaften oder licht violbraunen, zuweilen auch gantz weissen Blätterlein. Wann die Blüte vergangen, so erscheinet eine häutige Hülse, die ist gantz oder ovalrund, und beschliesset ein oder zwey dünne, runde Samenkörnlein. Das gantze Gewächse ist von Geschmacke etwas bitter und unangenehm. Die Wurtzel ist nicht eben gar zu dicke, weiß und mit einigen Zasern besetzet. Es wächset auf dem Felde, in den Weinbergen, und in den Gärten: führet viel Sal essentiale, Oel und phlegma.

Es reiniget das Geblüte, treibt den Urin: wird zu der Miltzbeschwerung, zum Scharbock und der Krätze wol gebraucht.

Fumaria kommt von fumus, Rauch: dieweil der Saft, wann man ihn in die Augen thut, dieselben thränend macht, als wie der Rauch.

Fungus.

Fungus, frantzösisch, Champignon und Potiron, teutsch, Biltz, Schwamm, Erdschwamm, Pfifferling ist eine Art Gewächse ohne Blätter, ohne Blüten und ohne mercklichen Samen. Es treibet einen kurtz und dicken, schwammigen Stiel, und oben auf demselben steht ein dicker, fleischiger und schwammiger Kopf oder Hut, der ist rundlicht oder platt, oder zugespitzt und blätterig, unten bisweilen mit einem Hauffen Röhrlein besetzet, die wie die Pfeiffen an einer Orgel aussehen.

Es giebet mancherley Arten Schwämme: sie wachsen in gar weniger Zeit auf der Erde, auf dem Miste, an den Bäumen und Sträuchern, auch in den Wiesen. Sie werden durch ihre Beschaffenheit, und woraus sie entstanden, unterschieden. Durchgehends aber führen sie viel Oel, flüchtiges und fixes Saltz bey sich.

Obgleich die Schwämme sehr viel zur Speise gebrauchet werden, so hat man doch gar oft erfahren müssen, daß sie nicht wenig Unglück angerichtet. Dann, etlichen haben sie sehr schwere Kranckheiten über den Hals gezogen, andere sind wol gar dem Tode zugeschicket worden: dahero dann genau will drauf gesehen seyn, wann man die schädlichen soll von den guten unterscheiden. Die guten und die ohne Schaden mögen gebrauchet werden, sind die, welche in einer Nacht auf den Mistbeeten aufzuschiessen pflegen, und sollen von mittelmäßiger Grösse seyn, etwa wie eine Kastanie, fleischig und fein völlig, obenher weiß, unten röthlicht, fein veste, die dannoch leichtlich brechen, innewendig voll Marck, und lieblich von Geschmack und Geruch.

Sie nähren wol, sie stärcken und geben gute Kraft, machen Appetit und Lust zum essen, machen einen auch munter und frölich.

Die Pariser Gärtner haben ein Mittel ersonnen, daß sie das gantze Jahr hindurch die Biltze wachsen machen können, die sie sodann des Morgens abzunehmen pflegen. Wer aber absonderlich will unterrichtet seyn, welchergestalt mit ihrer Wartung umzugehen, auch wie sie etwan wachsen, der mag nachsehen, was der Herr Tournefort dabey in Acht genommen, und in der Historie der königlichen Academie der Wissenschaften im Jahr 1707. pag. 72. nach der Amsterdamischen Edition, davon hat mitgetheilet.

[Spaltenumbruch]

Die bösen, und schädlichen Biltze sind, welche, weil sie zu lange gestanden haben, schwärtzlicht, blau oder roth sind worden. In diesen sind die saltzigen Theillen gar zu sehre exaltiret und geschärffet, dahero sie im Magen gantz corrosivisch, etzend und zerfressend werden, wann die Verdauung soll geschehen: zu gleicher Zeit schwellen sie auf, und ist, als ob der Patiente dran ersticken solte. Das beste und geschwindeste Mittel, das bey dieser Gelegenheit gebrauchet werden kan, ist dieses, man gebe dem Patienten ein emeticum und brechenmachend Mittel, sofort als man nur etwas übels mercket, damit der Magen, so viel immer möglich, sich von diesen ungefunden Schwämmen möge entledigen, und daß man nachgehends ihrer schädlichen Wirckung mit salibus alkalinis, auch andern absorbirenden und lindernden Mitteln desto besser entgegen gehen könne. Bey solcher Gelegenheit bediene ich mich eines Spiritus volatilis oleosi aromatici.

Die Keimen der Biltze und kleine weisse Fasen, deren oberste Enden auflauffen, und sich wie Biltze aus einander breiten. Der ältere Herr Marchand ist der erste gewesen, welcher diese ihre erste Bildung in verfaulten Pferdeäpfeln, der königlichen Academie der Wissenschaften, im Jahr 1678, hat gewiesen.

Es werden auch auf den Felsen und Klippen Biltze, die zu Steine worden, gefunden, und Champignons de mer, Seebiltze, Seeschwämme, genannt.

Von den Biltzen habe ich etwas gantz ausserordentliches gesehen. Ein junges Kind in Paris, welches an der Rhachitide darnieder lag, hatte gantz krumme Schenckel: demselbigen wurden Schienen angeleget, ob sie dadurch zurechte gebracht möchten werden. Allein, der Chirurgus, welcher es verband, wurde nicht wenig entstellet, wie er unter dem Verbande eine ziemliche Anzahl Schwämme fande, die so dicke waren als ein Finger: dieselben nahme er hinweg, legte die Schienen, nebst dem Bande wiederum, und kam nach vier und zwantzig Stunden abermahls es zu verbinden; siehe, da fande er auf eben derselbigen Stelle andre Biltze: er fuhre alle Tage zu verbinden fort, und nahm auch viele Tage nach einander Schwämme weg. Welche ungemeine Erzielung dieser Biltze, an einem solchen Orte, da sichs wol niemand nicht vermuthen dürften, Gelegenheit zu vielen disputiren unter den Naturkündigern gegeben. Man legte uns auch den Zufall, bey dem Herren Abte Bourdelot, bey dem die physicalischen Unterredungen damahls gehalten wurden, vor: nachdem wir nun der Wahrheit durchs Gesichte und Gefühle überzeuget wurden, stunden wir dessen wahrhaftige Ursache. Es waren nemlich die Schienen, welche sie dem Kinde umgeleget hatten, von apfelbäumenen Holtze gemacht, an dem die Biltze gern und leicht zu wachsen pflegen, und musten allein Vermuthen nach, einige Samen von Biltzen andernselbigen sich befunden haben. Dann, ob schon gantz kein Samen an dieser Art der Gewächse zu verspüren ist, dannoch darff man deswegen gar nicht schliessen, als wann gantz keiner dran vorhanden wäre. Der Biltze Samen ist dermassen zart und so subtil, daß man ihn nimmermehr wahrnehmen wird. Es kunte drum leichte seyn, daß die Wärme des Kindes, [Ende Spaltensatz]

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[0257] Blüten stehen beysammen in Gestalt der Aehren, sind klein, und bestehen iedwede insgemein aus zwey purperhaften oder licht violbraunen, zuweilen auch gantz weissen Blätterlein. Wann die Blüte vergangen, so erscheinet eine häutige Hülse, die ist gantz oder ovalrund, und beschliesset ein oder zwey dünne, runde Samenkörnlein. Das gantze Gewächse ist von Geschmacke etwas bitter und unangenehm. Die Wurtzel ist nicht eben gar zu dicke, weiß und mit einigen Zasern besetzet. Es wächset auf dem Felde, in den Weinbergen, und in den Gärten: führet viel Sal essentiale, Oel und phlegma. Es reiniget das Geblüte, treibt den Urin: wird zu der Miltzbeschwerung, zum Scharbock und der Krätze wol gebraucht. Fumaria kommt von fumus, Rauch: dieweil der Saft, wann man ihn in die Augen thut, dieselben thränend macht, als wie der Rauch. Fungus. Fungus, frantzösisch, Champignon und Potiron, teutsch, Biltz, Schwamm, Erdschwamm, Pfifferling ist eine Art Gewächse ohne Blätter, ohne Blüten und ohne mercklichen Samen. Es treibet einen kurtz und dicken, schwammigen Stiel, und oben auf demselben steht ein dicker, fleischiger und schwammiger Kopf oder Hut, der ist rundlicht oder platt, oder zugespitzt und blätterig, unten bisweilen mit einem Hauffen Röhrlein besetzet, die wie die Pfeiffen an einer Orgel aussehen. Es giebet mancherley Arten Schwämme: sie wachsen in gar weniger Zeit auf der Erde, auf dem Miste, an den Bäumen und Sträuchern, auch in den Wiesen. Sie werden durch ihre Beschaffenheit, und woraus sie entstanden, unterschieden. Durchgehends aber führen sie viel Oel, flüchtiges und fixes Saltz bey sich. Obgleich die Schwämme sehr viel zur Speise gebrauchet werden, so hat man doch gar oft erfahren müssen, daß sie nicht wenig Unglück angerichtet. Dann, etlichen haben sie sehr schwere Kranckheiten über den Hals gezogen, andere sind wol gar dem Tode zugeschicket worden: dahero dann genau will drauf gesehen seyn, wann man die schädlichen soll von den guten unterscheiden. Die guten und die ohne Schaden mögen gebrauchet werden, sind die, welche in einer Nacht auf den Mistbeeten aufzuschiessen pflegen, und sollen von mittelmäßiger Grösse seyn, etwa wie eine Kastanie, fleischig und fein völlig, obenher weiß, unten röthlicht, fein veste, die dannoch leichtlich brechen, innewendig voll Marck, und lieblich von Geschmack und Geruch. Sie nähren wol, sie stärcken und geben gute Kraft, machen Appetit und Lust zum essen, machen einen auch munter und frölich. Die Pariser Gärtner haben ein Mittel ersonnen, daß sie das gantze Jahr hindurch die Biltze wachsen machen können, die sie sodann des Morgens abzunehmen pflegen. Wer aber absonderlich will unterrichtet seyn, welchergestalt mit ihrer Wartung umzugehen, auch wie sie etwan wachsen, der mag nachsehen, was der Herr Tournefort dabey in Acht genommen, und in der Historie der königlichen Academie der Wissenschaften im Jahr 1707. pag. 72. nach der Amsterdamischen Edition, davon hat mitgetheilet. Die bösen, und schädlichen Biltze sind, welche, weil sie zu lange gestanden haben, schwärtzlicht, blau oder roth sind worden. In diesen sind die saltzigen Theillen gar zu sehre exaltiret und geschärffet, dahero sie im Magen gantz corrosivisch, etzend und zerfressend werden, wann die Verdauung soll geschehen: zu gleicher Zeit schwellen sie auf, und ist, als ob der Patiente dran ersticken solte. Das beste und geschwindeste Mittel, das bey dieser Gelegenheit gebrauchet werden kan, ist dieses, man gebe dem Patienten ein emeticum und brechenmachend Mittel, sofort als man nur etwas übels mercket, damit der Magen, so viel immer möglich, sich von diesen ungefunden Schwämmen möge entledigen, und daß man nachgehends ihrer schädlichen Wirckung mit salibus alkalinis, auch andern absorbirenden und lindernden Mitteln desto besser entgegen gehen könne. Bey solcher Gelegenheit bediene ich mich eines Spiritus volatilis oleosi aromatici. Die Keimen der Biltze und kleine weisse Fasen, deren oberste Enden auflauffen, und sich wie Biltze aus einander breiten. Der ältere Herr Marchand ist der erste gewesen, welcher diese ihre erste Bildung in verfaulten Pferdeäpfeln, der königlichen Academie der Wissenschaften, im Jahr 1678, hat gewiesen. Es werden auch auf den Felsen und Klippen Biltze, die zu Steine worden, gefunden, und Champignons de mer, Seebiltze, Seeschwämme, genannt. Von den Biltzen habe ich etwas gantz ausserordentliches gesehen. Ein junges Kind in Paris, welches an der Rhachitide darnieder lag, hatte gantz krumme Schenckel: demselbigen wurden Schienen angeleget, ob sie dadurch zurechte gebracht möchten werden. Allein, der Chirurgus, welcher es verband, wurde nicht wenig entstellet, wie er unter dem Verbande eine ziemliche Anzahl Schwämme fande, die so dicke waren als ein Finger: dieselben nahme er hinweg, legte die Schienen, nebst dem Bande wiederum, und kam nach vier und zwantzig Stunden abermahls es zu verbinden; siehe, da fande er auf eben derselbigen Stelle andre Biltze: er fuhre alle Tage zu verbinden fort, und nahm auch viele Tage nach einander Schwämme weg. Welche ungemeine Erzielung dieser Biltze, an einem solchen Orte, da sichs wol niemand nicht vermuthen dürften, Gelegenheit zu vielen disputiren unter den Naturkündigern gegeben. Man legte uns auch den Zufall, bey dem Herren Abte Bourdelot, bey dem die physicalischen Unterredungen damahls gehalten wurden, vor: nachdem wir nun der Wahrheit durchs Gesichte und Gefühle überzeuget wurden, stunden wir dessen wahrhaftige Ursache. Es waren nemlich die Schienen, welche sie dem Kinde umgeleget hatten, von apfelbäumenen Holtze gemacht, an dem die Biltze gern und leicht zu wachsen pflegen, und musten allein Vermuthen nach, einige Samen von Biltzen andernselbigen sich befunden haben. Dann, ob schon gantz kein Samen an dieser Art der Gewächse zu verspüren ist, dannoch darff man deswegen gar nicht schliessen, als wann gantz keiner dran vorhanden wäre. Der Biltze Samen ist dermassen zart und so subtil, daß man ihn nimmermehr wahrnehmen wird. Es kunte drum leichte seyn, daß die Wärme des Kindes,

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Zitationshilfe: Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/257>, abgerufen am 23.11.2024.