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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Die australischen Gewässer.
Ankömmlinge waren zumeist nicht gewohnt, schwere Arbeit zu verrichten.
Empfindlich war insbesondere der Mangel an Arbeitern auf den Zuckerplantagen,
welche man in Queensland einrichtete. Man entschloss sich also zur Einfuhr von
Eingeborenen aus den Südsee-Inseln, wie auch von chinesischen Kulis. Leider
ging man in ersterer Richtung nicht gerade in tadelloser Weise vor, vielmehr
artete die Sache, zwar nicht der rechtlichen Form, wohl aber der Thatsache nach,
in einen reinen Sclavenhandel aus; die harte Rücksichtslosigkeit, mit welcher die
verschiedenen Agenten auf den Südsee-Inseln bei der sogenannten Anwerbung von
Arbeitern vorgingen, hat zu manchen Conflicten geführt und nicht am wenigsten
den bitteren Hass verursacht, welchen die Südsee-Insulaner gegen die Weissen
hegen. Dieses Treiben hat endlich legislative Massregeln hervorgerufen. Es
sollten künftighin nur solche Arbeiter in der Colonie zugelassen werden, deren
freiwilliger Entschluss hiezu nachgewiesen werden konnte. Man hat hiedurch
zwar einigermassen den früheren Unfug gemildert, nämlich in der Richtung auf
die Dauer des contractmässig stipulirten Arbeitsverhältnisses, aber gänzlich wurden
doch die Uebelstände nicht beseitigt, welche bei Beschaffung von Arbeitern auf
den Inseln eingerissen waren. Der Anbau von Zuckerrohr nahm jedoch in der
Colonie einen fortwährenden Aufschwung, so dass dermalen bereits eine Fläche
von 50.000 Acres durch diese Cultur in Anspruch genommen ist und man daher
mit vollem Rechte auf eine noch weitere Ausdehnung derselben rechnen darf.

Der wichtigste Punkt der Colonie ist, wie schon erwähnt, die
Stadt Brisbane, welche am gleichnamigen Flusse in der südlichsten
Ecke von Queensland, nahe der Grenze gegen Neusüdwales an der
Moreton Bay gelegen ist.

Die Moreton Bay wird durch eine sich weit vorstreckende Halb-
insel und durch die nördlich vorliegende Moretoninsel gebildet. In
die Bai mündet der Brisbanefluss, welcher die vorgenannte Stadt in
einer S-artigen Krümmung dergestalt durchzieht, dass dadurch auf
beiden Ufern halbinselförmige Gestaltungen des Terrains sich ergeben.
Der Fluss ist gut schiffbar, aber wegen der Barre an seiner Mündung
können nur Schiffe bis zu 5 m Tiefgang einlaufen. Grosse Seeschiffe
ankern auf den Brisbane Roads, doch ist dieser Ankerplatz bei
Nord- und Nordoststürmen schwerem Seegang ausgesetzt. Uebrigens
muss bemerkt werden, dass grössere Schiffe nur mit Lootsen in die
Moreton Bay überhaupt einfahren können.

Die Ufer des Flusses sind bei der Stadt mit guten Quaianlagen
versehen; ausserdem befindet sich an der Südseite des Flusses ein
geräumiges Trockendock. Wohl ist bisher eine unmittelbare Verbindung
der Bahn mit den Quais noch nicht hergestellt, aber man beschäftigt
sich doch schon ernstlich mit Projecten, welche diesem den Verkehr
behindernden Uebelstande abhelfen sollen.

Die Stadt zerfällt in vier Quartiere: Nordbrisbane, Südbrisbane,
Kangaroo Point und Fortitude Valley. Die Verbindung zwischen den

Die australischen Gewässer.
Ankömmlinge waren zumeist nicht gewohnt, schwere Arbeit zu verrichten.
Empfindlich war insbesondere der Mangel an Arbeitern auf den Zuckerplantagen,
welche man in Queensland einrichtete. Man entschloss sich also zur Einfuhr von
Eingeborenen aus den Südsee-Inseln, wie auch von chinesischen Kulis. Leider
ging man in ersterer Richtung nicht gerade in tadelloser Weise vor, vielmehr
artete die Sache, zwar nicht der rechtlichen Form, wohl aber der Thatsache nach,
in einen reinen Sclavenhandel aus; die harte Rücksichtslosigkeit, mit welcher die
verschiedenen Agenten auf den Südsee-Inseln bei der sogenannten Anwerbung von
Arbeitern vorgingen, hat zu manchen Conflicten geführt und nicht am wenigsten
den bitteren Hass verursacht, welchen die Südsee-Insulaner gegen die Weissen
hegen. Dieses Treiben hat endlich legislative Massregeln hervorgerufen. Es
sollten künftighin nur solche Arbeiter in der Colonie zugelassen werden, deren
freiwilliger Entschluss hiezu nachgewiesen werden konnte. Man hat hiedurch
zwar einigermassen den früheren Unfug gemildert, nämlich in der Richtung auf
die Dauer des contractmässig stipulirten Arbeitsverhältnisses, aber gänzlich wurden
doch die Uebelstände nicht beseitigt, welche bei Beschaffung von Arbeitern auf
den Inseln eingerissen waren. Der Anbau von Zuckerrohr nahm jedoch in der
Colonie einen fortwährenden Aufschwung, so dass dermalen bereits eine Fläche
von 50.000 Acres durch diese Cultur in Anspruch genommen ist und man daher
mit vollem Rechte auf eine noch weitere Ausdehnung derselben rechnen darf.

Der wichtigste Punkt der Colonie ist, wie schon erwähnt, die
Stadt Brisbane, welche am gleichnamigen Flusse in der südlichsten
Ecke von Queensland, nahe der Grenze gegen Neusüdwales an der
Moreton Bay gelegen ist.

Die Moreton Bay wird durch eine sich weit vorstreckende Halb-
insel und durch die nördlich vorliegende Moretoninsel gebildet. In
die Bai mündet der Brisbanefluss, welcher die vorgenannte Stadt in
einer S-artigen Krümmung dergestalt durchzieht, dass dadurch auf
beiden Ufern halbinselförmige Gestaltungen des Terrains sich ergeben.
Der Fluss ist gut schiffbar, aber wegen der Barre an seiner Mündung
können nur Schiffe bis zu 5 m Tiefgang einlaufen. Grosse Seeschiffe
ankern auf den Brisbane Roads, doch ist dieser Ankerplatz bei
Nord- und Nordoststürmen schwerem Seegang ausgesetzt. Uebrigens
muss bemerkt werden, dass grössere Schiffe nur mit Lootsen in die
Moreton Bay überhaupt einfahren können.

Die Ufer des Flusses sind bei der Stadt mit guten Quaianlagen
versehen; ausserdem befindet sich an der Südseite des Flusses ein
geräumiges Trockendock. Wohl ist bisher eine unmittelbare Verbindung
der Bahn mit den Quais noch nicht hergestellt, aber man beschäftigt
sich doch schon ernstlich mit Projecten, welche diesem den Verkehr
behindernden Uebelstande abhelfen sollen.

Die Stadt zerfällt in vier Quartiere: Nordbrisbane, Südbrisbane,
Kangaroo Point und Fortitude Valley. Die Verbindung zwischen den

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[796/0812] Die australischen Gewässer. Ankömmlinge waren zumeist nicht gewohnt, schwere Arbeit zu verrichten. Empfindlich war insbesondere der Mangel an Arbeitern auf den Zuckerplantagen, welche man in Queensland einrichtete. Man entschloss sich also zur Einfuhr von Eingeborenen aus den Südsee-Inseln, wie auch von chinesischen Kulis. Leider ging man in ersterer Richtung nicht gerade in tadelloser Weise vor, vielmehr artete die Sache, zwar nicht der rechtlichen Form, wohl aber der Thatsache nach, in einen reinen Sclavenhandel aus; die harte Rücksichtslosigkeit, mit welcher die verschiedenen Agenten auf den Südsee-Inseln bei der sogenannten Anwerbung von Arbeitern vorgingen, hat zu manchen Conflicten geführt und nicht am wenigsten den bitteren Hass verursacht, welchen die Südsee-Insulaner gegen die Weissen hegen. Dieses Treiben hat endlich legislative Massregeln hervorgerufen. Es sollten künftighin nur solche Arbeiter in der Colonie zugelassen werden, deren freiwilliger Entschluss hiezu nachgewiesen werden konnte. Man hat hiedurch zwar einigermassen den früheren Unfug gemildert, nämlich in der Richtung auf die Dauer des contractmässig stipulirten Arbeitsverhältnisses, aber gänzlich wurden doch die Uebelstände nicht beseitigt, welche bei Beschaffung von Arbeitern auf den Inseln eingerissen waren. Der Anbau von Zuckerrohr nahm jedoch in der Colonie einen fortwährenden Aufschwung, so dass dermalen bereits eine Fläche von 50.000 Acres durch diese Cultur in Anspruch genommen ist und man daher mit vollem Rechte auf eine noch weitere Ausdehnung derselben rechnen darf. Der wichtigste Punkt der Colonie ist, wie schon erwähnt, die Stadt Brisbane, welche am gleichnamigen Flusse in der südlichsten Ecke von Queensland, nahe der Grenze gegen Neusüdwales an der Moreton Bay gelegen ist. Die Moreton Bay wird durch eine sich weit vorstreckende Halb- insel und durch die nördlich vorliegende Moretoninsel gebildet. In die Bai mündet der Brisbanefluss, welcher die vorgenannte Stadt in einer S-artigen Krümmung dergestalt durchzieht, dass dadurch auf beiden Ufern halbinselförmige Gestaltungen des Terrains sich ergeben. Der Fluss ist gut schiffbar, aber wegen der Barre an seiner Mündung können nur Schiffe bis zu 5 m Tiefgang einlaufen. Grosse Seeschiffe ankern auf den Brisbane Roads, doch ist dieser Ankerplatz bei Nord- und Nordoststürmen schwerem Seegang ausgesetzt. Uebrigens muss bemerkt werden, dass grössere Schiffe nur mit Lootsen in die Moreton Bay überhaupt einfahren können. Die Ufer des Flusses sind bei der Stadt mit guten Quaianlagen versehen; ausserdem befindet sich an der Südseite des Flusses ein geräumiges Trockendock. Wohl ist bisher eine unmittelbare Verbindung der Bahn mit den Quais noch nicht hergestellt, aber man beschäftigt sich doch schon ernstlich mit Projecten, welche diesem den Verkehr behindernden Uebelstande abhelfen sollen. Die Stadt zerfällt in vier Quartiere: Nordbrisbane, Südbrisbane, Kangaroo Point und Fortitude Valley. Die Verbindung zwischen den

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 796. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/812>, abgerufen am 27.04.2024.