Gerichtshöfe liegt. Ganz nahe daran finden wir ein anderes statt- liches Gebäude: die königliche Münze, während sich die in Spring Street gelegene Treasury (Schatzamt) durch ihre einfache, aber edle Architektur auszeichnet.
Wenden wir uns nun zu den Kirchen, so finden wir Melbourne auch in dieser Beziehung mannigfach versehen. Wir sehen die St. Paul's Cathedral am Yarraufer (Flinders Street), die Episcopal- Kirche, welche erst im verflossenen Decennium gebaut worden ist. Sie zeigt rein gothischen Styl und belaufen sich die Kosten dieses Baues auf 1,200.000 Gulden. Ein gewaltiger Thurm ragt hoch in die Lüfte. St. Patrick's Cathedral dagegen, auf Eastern Hill, ist die erz- bischöfliche Kirche der Katholiken. In Melbourne residirt nämlich auch ein katholischer Erzbischof, was damit zusammenhängt, dass sich in der Colonie Victoria sehr viele Einwohner irischer Herkunft aufhalten.
Erwähnung verdienen ferner St. James, die Kirche der Baptisten, die Wesleyan Church und St. John.
Auf die öffentlichen Gebäude, welche dem Verkehre dienen, haben die verschiedenen Banken und Verkehrsinstitute für ihre gute Unterbringung viel Sorgfalt und Geld verwendet, so besitzt die Austral- asian Bank einen Palast in dorischem Style, die London Chartered einen solchen in italienischem Style. Die Neuseeland-, die Victoria- und die Colonialbank haben dem gothischen Genre den Vorzug ge- geben. Interessant ist auch das in Queen Street gelegene Melbourne Safe Deposit, zur sicheren Aufbewahrung von Geldbeträgen, Werth- papieren und Kostbarkeiten aller Art.
Unter den Unterrichtsanstalten ragt die Universität mit dem Nationalmuseum, das Observatorium (unter 37° 50' südlicher Breite und 144° 59' östlicher Länge) und die grosse öffentliche Bibliothek hervor. Der Unterricht in Victoria befindet sich überhaupt in guten Verhältnissen. Wenngleich auch daselbst, dem allgemeinen britischen Systeme gemäss, die staatliche Intervention durchaus nicht so weit in dieses Gebiet eingreift, als man es auf dem europäischen Continente gewöhnt ist, so macht sich hierin, wie in vielen anderen australischen Dingen mehr der Geist der Nordamerikaner geltend, welcher eine allgemeine Volksbildung kategorisch verlangt. Nach statistischen Daten aus jüngster Zeit sollen z. B. unter 10.000 Kindern der Colonie nur 519 des Lesens unkundig sein. In dieser Colonie steht überhaupt die Volksbildung auf einer weit entwickelteren Stufe als in den anderen Colonien von Australien. Es gibt an 25 Orten der
Die australischen Gewässer.
Gerichtshöfe liegt. Ganz nahe daran finden wir ein anderes statt- liches Gebäude: die königliche Münze, während sich die in Spring Street gelegene Treasury (Schatzamt) durch ihre einfache, aber edle Architektur auszeichnet.
Wenden wir uns nun zu den Kirchen, so finden wir Melbourne auch in dieser Beziehung mannigfach versehen. Wir sehen die St. Paul’s Cathedral am Yarraufer (Flinders Street), die Episcopal- Kirche, welche erst im verflossenen Decennium gebaut worden ist. Sie zeigt rein gothischen Styl und belaufen sich die Kosten dieses Baues auf 1,200.000 Gulden. Ein gewaltiger Thurm ragt hoch in die Lüfte. St. Patrick’s Cathedral dagegen, auf Eastern Hill, ist die erz- bischöfliche Kirche der Katholiken. In Melbourne residirt nämlich auch ein katholischer Erzbischof, was damit zusammenhängt, dass sich in der Colonie Victoria sehr viele Einwohner irischer Herkunft aufhalten.
Erwähnung verdienen ferner St. James, die Kirche der Baptisten, die Wesleyan Church und St. John.
Auf die öffentlichen Gebäude, welche dem Verkehre dienen, haben die verschiedenen Banken und Verkehrsinstitute für ihre gute Unterbringung viel Sorgfalt und Geld verwendet, so besitzt die Austral- asian Bank einen Palast in dorischem Style, die London Chartered einen solchen in italienischem Style. Die Neuseeland-, die Victoria- und die Colonialbank haben dem gothischen Genre den Vorzug ge- geben. Interessant ist auch das in Queen Street gelegene Melbourne Safe Deposit, zur sicheren Aufbewahrung von Geldbeträgen, Werth- papieren und Kostbarkeiten aller Art.
Unter den Unterrichtsanstalten ragt die Universität mit dem Nationalmuseum, das Observatorium (unter 37° 50′ südlicher Breite und 144° 59′ östlicher Länge) und die grosse öffentliche Bibliothek hervor. Der Unterricht in Victoria befindet sich überhaupt in guten Verhältnissen. Wenngleich auch daselbst, dem allgemeinen britischen Systeme gemäss, die staatliche Intervention durchaus nicht so weit in dieses Gebiet eingreift, als man es auf dem europäischen Continente gewöhnt ist, so macht sich hierin, wie in vielen anderen australischen Dingen mehr der Geist der Nordamerikaner geltend, welcher eine allgemeine Volksbildung kategorisch verlangt. Nach statistischen Daten aus jüngster Zeit sollen z. B. unter 10.000 Kindern der Colonie nur 519 des Lesens unkundig sein. In dieser Colonie steht überhaupt die Volksbildung auf einer weit entwickelteren Stufe als in den anderen Colonien von Australien. Es gibt an 25 Orten der
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[772/0788]
Die australischen Gewässer.
Gerichtshöfe liegt. Ganz nahe daran finden wir ein anderes statt-
liches Gebäude: die königliche Münze, während sich die in Spring
Street gelegene Treasury (Schatzamt) durch ihre einfache, aber edle
Architektur auszeichnet.
Wenden wir uns nun zu den Kirchen, so finden wir Melbourne
auch in dieser Beziehung mannigfach versehen. Wir sehen die
St. Paul’s Cathedral am Yarraufer (Flinders Street), die Episcopal-
Kirche, welche erst im verflossenen Decennium gebaut worden ist.
Sie zeigt rein gothischen Styl und belaufen sich die Kosten dieses
Baues auf 1,200.000 Gulden. Ein gewaltiger Thurm ragt hoch in die
Lüfte. St. Patrick’s Cathedral dagegen, auf Eastern Hill, ist die erz-
bischöfliche Kirche der Katholiken. In Melbourne residirt nämlich
auch ein katholischer Erzbischof, was damit zusammenhängt, dass
sich in der Colonie Victoria sehr viele Einwohner irischer Herkunft
aufhalten.
Erwähnung verdienen ferner St. James, die Kirche der Baptisten,
die Wesleyan Church und St. John.
Auf die öffentlichen Gebäude, welche dem Verkehre dienen,
haben die verschiedenen Banken und Verkehrsinstitute für ihre gute
Unterbringung viel Sorgfalt und Geld verwendet, so besitzt die Austral-
asian Bank einen Palast in dorischem Style, die London Chartered
einen solchen in italienischem Style. Die Neuseeland-, die Victoria-
und die Colonialbank haben dem gothischen Genre den Vorzug ge-
geben. Interessant ist auch das in Queen Street gelegene Melbourne
Safe Deposit, zur sicheren Aufbewahrung von Geldbeträgen, Werth-
papieren und Kostbarkeiten aller Art.
Unter den Unterrichtsanstalten ragt die Universität mit dem
Nationalmuseum, das Observatorium (unter 37° 50′ südlicher Breite
und 144° 59′ östlicher Länge) und die grosse öffentliche Bibliothek
hervor. Der Unterricht in Victoria befindet sich überhaupt in
guten Verhältnissen. Wenngleich auch daselbst, dem allgemeinen
britischen Systeme gemäss, die staatliche Intervention durchaus nicht
so weit in dieses Gebiet eingreift, als man es auf dem europäischen
Continente gewöhnt ist, so macht sich hierin, wie in vielen anderen
australischen Dingen mehr der Geist der Nordamerikaner geltend,
welcher eine allgemeine Volksbildung kategorisch verlangt. Nach
statistischen Daten aus jüngster Zeit sollen z. B. unter 10.000 Kindern
der Colonie nur 519 des Lesens unkundig sein. In dieser Colonie
steht überhaupt die Volksbildung auf einer weit entwickelteren Stufe
als in den anderen Colonien von Australien. Es gibt an 25 Orten der
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 772. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/788>, abgerufen am 25.11.2024.
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